Vom Wollen und Mögen

Belohnungen

Belohnungsverarbeitung zeigt sich im menschlichen Gesicht

Menschen suchen Belohnungen durch Objekte und Situationen, weil sie uns Freude bereiten. Unser Belohnungssystem kann uns aber auch dazu zwingen, schädliche und gefährliche Situationen einzugehen, z.B. im Falle einer Drogenabhängigkeit. Daher ist es wichtig, jene Gehirnmechanismen besser zu verstehen, die Reaktionen auf verschiedene Arten von Belohnungen beim Menschen steuern. Eine von Giorgia Silani von der Fakultät für Psychologie der Universität Wien geleitete Studie hat herausgefunden, dass unterschiedliche neurochemische Systeme beteiligt sind, wenn es um die Motivation Belohnungen zu erhalten geht. Die Ergebnisse ihrer Studie wurden im Journal "eLife" veröffentlicht.

Belohnungen gehen auf die Grundbedürfnisse der Menschen ein und bereiten uns Freude.
Fehlanpassungsverhalten des Belohnungssystems können aber zu Sucht führen; genauso wie zu Anhedonie, also mangelndem Vergnügen, oder Avolition, d. h. mangelnder Motivation.
"Daher ist es wichtig, die Gehirnmechanismen zu verstehen, die die unterschiedlichen Reaktionen auf verschiedene, z. B. soziale oder nicht soziale Belohnungen steuern", erklärt Giorgia Silani.

Ergebnisse aus der Tierforschung legen nahe, dass das Wollen (d. h. die Motivation zu erhalten) und das Mögen (d. h. das Vergnügen beim Konsumieren) von Belohnungen von teilweise verschiedenen neurochemischen Systemen im Gehirn abhängt: Das Opioidsystem liegt sowohl dem Wollen als auch dem Mögen zugrunde, während das Dopaminsystem spezifischer dem Wollen zugeordnet werden kann. 

Menschliche Belohnungsverarbeitung
Das Team unter der Leitung von Giorgia Silani von der Universität Wien, in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien und der Universität Essex, wandte Methoden aus der Tierforschung an und führte ein psychopharmakologisches Experiment durch, um die Rolle des Dopamin- und Opioidsystems für Wollen und Mögen von Belohnungen beim Menschen zu untersuchen.

Um zwei verschiedene Arten von Belohnungen zu vergleichen, wurden süße Milch mit unterschiedlichen Schokoladenkonzentrationen (eine nicht soziale Belohnung) und sanftes Berühren des Unterarms (eine soziale Belohnung) verwendet. 131 Freiwillige erhielten entweder einen Opioidantagonisten, einen Dopaminantagonisten, oder eine inaktive Substanz. Danach wurden ihnen wiederholt verschiedene Belohnungen angeboten. In jedem Versuch bewerteten die Teilnehmer*innen ihre Wünsche (vorher) und Vorlieben (danach) und drückten mit der Hand auf ein Kraftmessgerät, um die Chancen zu erhöhen, die angekündigte Belohnung zu erhalten.

Gesichtsreaktionen auf Belohnungen
Die Aktivität von Gesichtsmuskeln wurde mit Elektroden gemessen, um hedonische Gesichtsreaktionen zu beobachten. Insbesondere bei Lebensmittelbelohnungen stellten die Forscher*innen fest, dass die Belohnungserwartung, also das Wollen, durch beide Medikamente moduliert wurde, dass jedoch nur der Opioidantagonist die Reaktionen während des Belohnungskonsums, also das Mögen, beeinflusste. Diese Ergebnisse stimmen mit früheren Tierversuchen überein.

Das Blockieren der Opioid- und Dopaminsysteme führte zu einer verringerten körperlichen Anstrengung (ein Indikator des Wollens) und zu erhöhten negativen Gesichtsreaktionen während der Belohnungserwartung. Im Gegensatz dazu führte die ausschließliche Hemmung des Opioidsystems zu weniger Lächeln für beliebte Belohnungen während des Belohnungserhalts.

"Die Ergebnisse sind wichtig, da sie zu neuen therapeutischen Interventionen führen können, um Fälle von extrem starken oder extrem schwachen Reaktionen auf Belohnungen zu behandeln", erklärt Silani. "Um die menschliche Belohnungsverarbeitung besser zu verstehen, insbesondere bei Entwicklungsstörungen wie Autismus, ist noch mehr Forschung nötig"

Publikation in "eLife":
"Dopaminergic and opioidergic regulation of implicit hedonic facial reactions during anticipation and consumption of social and nonsocial rewards".
Sebastian Korb, Sebastian J. Götzendorfer, Claudia Massaccesi, Patrick Sezen, Irene Graf, Matthäus Willeit, Christoph Eisenegger, Giorgia Silani.  
DOI: https://elifesciences.org/articles/55797

Wissenschaftlicher Kontakt

Assoz. Prof. Giorgia Silani

Klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie; Institut für Angewandte Psychologie: Gesundheit, Entwicklung und Förderung
Universität Wien
1010 - Wien, Liebiggasse 5
+43-1-4277-472 23
giorgia.silani@univie.ac.at

Rückfragehinweis

Pia Gärtner, MA

Pressebüro der Universität Wien
Universität Wien
1010 - Wien, Universitätsring 1
+43-1-4277-17541
pia.gaertner@univie.ac.at