Schneller als der Quantencomputer erlaubt?

Forscher bestimmen die Leistungsfähigkeit mehrdimensionaler Bits

Quantencomputer sind leistungsfähiger als klassische Computer, weil sie mit kohärenten “Quantenbits” arbeiten, statt mit klassischen Nullen und Einsen. Aber was, wenn die Naturgesetze anders wären als bisher gedacht  – wären dann vielleicht noch leistungsfähigere “Science Fiction-Computer” denkbar? Forscher der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Wien haben nun gezeigt, dass dies nicht möglich ist – solange diese Maschinen den gleichen Konstruktionsprinzipien genügen wie gewöhnliche Schaltkreise und deren Quantenversionen. Die Ergebnisse der Untersuchung erschienen kürzlich in der Fachzeitschrift Nature Quantum Information.

Heutzutage sind Computer aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Was einst ein entfernter Zukunftstraum war, trägt heutzutage jeder in der Tasche. Dennoch sind Computer ganz normale Objekte der Physik – und wie Quanten-Computing gezeigt hat, können neue physikalische Erkenntnisse manchmal auch zu neuen Arten von Computern führen.

Die Quantenphysiker Marius Krumm von der Universität Wien und Markus Müller vom Wiener Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), haben sich der Frage angenommen, welche Arten von Computern denkbar wären, wenn das Verständnis von Physik anders wäre als heute gedacht. Theoretische Eigenschaften solcher "Science-Fiction-Computer" können viel über das Quanten-Computing verraten.

Bits und Qubits
Die wesentlichen Bestandteile von Computern sind die Bits: Alternativen von “ja” oder “nein”, vernetzt in einem Schaltkreis. In einem gewöhnlichen Laptop ist jedes Bit entweder eine 0 oder eine 1. Quantencomputer dagegen arbeiten mit Quantenbits: diese kann man sich als Punkte auf einer drei-dimensionalen Kugel vorstellen: Der Nordpol ist die 0 und der Südpol die 1. Ein “Qubit” kann auch jeden Platz dazwischen einnehmen (zum Beispiel auf dem Äquator) – die sogenannten Superpositionszustände.

In ihrer aktuellen Studie betrachten Krumm und Müller Bits ebenfalls als Punkte auf einer Kugel, aber im Gegensatz zum Quantenbit muss diese Kugel nicht drei-dimensional sein. Vor einigen Jahren hatten zwei Quantenphysiker von Universität Wien und ÖAW, Borivoje Dakić and Ćaslav Brukner, die Vermutung aufgestellt, dass diese Kugeln alternative Physik in Welten mit mehr als drei räumlichen Dimensionen beschreiben. Um diese Idee zu testen entwickelten Krumm und Müller zwei Annahmen, wie diese Bits zusammengeschaltet sein können: Erstens, dass sie mit reversiblen Gattern wie AND oder NOT verarbeitet werden. Zweitens, dass sie eine intuitive Eigenschaft von herkömmlichen und Quantencomputern erfüllen: Kennt man die einzelnen Bits und ihre Korrelationen, so kennt man alles, was es über den Schaltkreis zu wissen gibt.
    
Das überraschende Ergebnis: Obwohl ihre Bits komplizierter sind, hätten diese Computer extrem eingeschränkte Fähigkeiten. Sie wären keinesfalls schneller als Quantencomputer und könnten auch keine gewöhnlichen Algorithmen ausführen. In diesem Sinn sind drei Dimensionen und das Quantenbit speziell: Frei nach einer Wortschöpfung des Computerwissenschafters Scott Aaronson sind sie eine "Insel im Raum der Theorien".

Publikation in "Nature Quantum Information":

Marius Krumm & Markus P. Müller: Quantum computation is the unique reversible circuit model for which bits are balls (2019)
DOI: 10.1038/s41534-018-0123-x

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Marius Krumm

Universität Wien
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marius.krumm@univie.ac.at

Dr. Markus Müller

Institut für Quantenoptik und Quanteninformation Wien
Österreichische Akademie der Wissenschaften
1090 - Wien, Boltzmanngasse 3
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markus.mueller@oeaw.ac.at

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