Neue Erkenntnisse zum "wundersamen" Stern Mira

Der Stern Omikron Ceti, genannt Mira, "die Wundersame", ist in doppelter Hinsicht außergewöhnlich: Er verändert seine Helligkeit in regelmäßigen Abständen und besitzt einen kometenähnlichen Schweif. Neue Erkenntnisse zu Strukturen in der Umgebung des alten Sterns liefert ein internationales Forschungsteam unter führender Beteiligung von Wissenschaftern des Instituts für Astronomie der Universität Wien. Die Forscher publizieren dazu in der aktuellen Ausgabe des Journals "Astronomy & Astrophysics".

Seit rund 20 Jahren steht die Erforschung Roter Riesen im Fokus der Arbeit von AstronomInnen der Universität Wien. Diese Endstadien sonnenähnlicher Sterne weisen eine überdurchschnittliche Größe und Leuchtkraft auf, die beim bis zu 1.000-fachen unserer Sonne liegt. Der Rote Riese Omikron Ceti im Sternbild Walfisch ist einer der bekanntesten und meistbeobachteten Sterne an unserem Nachthimmel.

Vermeintliches Verschwinden der "Wundersamen"
Die Bekanntheit von Omikron Ceti beruht auf seinem vermeintlichen Erscheinen und Verschwinden, das bereits Astronomen im 17. Jahrhundert erstaunte. Omikron Ceti ist in seinen hellsten Phasen leicht mit freiem Auge sichtbar, wird jedoch regelmäßig bis zu 1.500 Mal schwächer. Seine Helligkeitsschwankungen wiederholen sich in einer Periode von etwa 331 Tagen. In seinem Buch Historiola Mirae Stellae aus dem Jahr 1662 gab Johannes Hevelius Omikron Ceti deswegen den Namen Mira – "die Wundersame".

Mira – ein Doppelstern
Heute wissen wir, dass Mira, etwa 300 Lichtjahre von der Erde entfernt, ein Doppelsternsystem ist. Es besteht aus dem sehr hellen und pulsierenden Roten Riesen Mira A und dem kleineren, sehr leuchtschwachen Weißen Zwerg Mira B. Beide Sterne trennt die 55-fache Distanz zwischen Erde und Sonne. Beobachtungen im Röntgenbereich aus dem Jahr 2005 zeigten, dass Mira A einen Teil ihrer Masse auf Mira B überträgt. "Massenverlust in Form eines staubreichen Windes ist eines der zentralen Merkmale von 'sterbenden' roten Riesensternen", erklärt Franz Kerschbaum, Leiter des Instituts für Astronomie der Universität Wien.

Rasender Stern mit "Kometenschweif"
Eine weitere eindrucksvolle Eigenschaft ist Miras Bewegung durch das interstellare Gas. "Mit etwa 110 Kilometern pro Sekunde rast der Stern durch das All", sagt Thomas Posch vom Institut für Astronomie der Universität Wien. Der staubreiche Wind wird, ähnlich wie bei einem Kometenschweif, nach hinten getragen. Spektakuläre Aufnahmen aus dem Jahr 2007 zeigten dies erstmals und offenbarten einen starken Ausstrom an Masse entlang der Bewegungsbahn.

Bogenförmige und aufgebrochene Strukturen

Neue Beobachtungen mit dem Infrarotteleskop Herschel der Europäischen Weltraumorganisation, die am Institut für Astronomie der Universität Wien ausgewertet wurden, fügen diese Beobachtungen zusammen und erweitern das Wissen um Miras rätselhafte Erscheinung. "In der Umgebung des Sternsystems sind bogenförmige und aufgebrochene Strukturen zu erkennen, zusammen mit einem zarten Schweif", so Andreas Mayer vom Institut für Astronomie der Universität Wien und Erstautor der aktuellen Publikation in Astronomy & Astrophysics.

"Dem liegt wahrscheinlich das Zusammenspiel zweier Faktoren zugrunde: Einerseits die Bewegung des Weißen Zwergs durch den Sternenwind, der eine spiralförmige Struktur hinterlässt. Diese Spiralen werden andererseits durch den starken Masseausstrom 'durchbohrt' und durch die Bewegung des interstellaren Mediums zusammengedrückt", erläutert Mayer.

Herschel: europäisches Projekt mit österreichischer Beteiligung
2009 wurde unter österreichischer Beteiligung "Herschel" gestartet, das Infrarotteleskop der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Es beobachtet den Himmel in fernen Infraroten und ist mit einem Spiegeldurchmesser von 3,5 Metern das derzeit größte Weltraumobservatorium – seine lichtsammelnde Fläche ist doppelt so groß wie jene des NASA-Teleskops "Hubble". Am Institut für Astronomie der Universität Wien wurde die Software entwickelt, welche es ermöglicht, die Daten noch an Bord des Satelliten genügend stark zu komprimieren, um sie zur Erde übertragen zu können.

Publikation
Herschel’s view into Mira’s head (A. Mayer, A. Jorissen, F. Kerschbaum, S. Mohamed, S. Van Eck, R. Ottensamer, J. A. D. L. Blommaert, L. Decin, M. A. T. Groenewegen, Th. Posch, B. Vandenbussche and Ch. Waelkens). In: Astronomy & Astrophysics, Volume 531, July 2011.
DOI: 10.1051/0004-6361/201117203
Abstract

Wissenschaftlicher Kontakt

Andreas Mayer, Bakk.
Institut für Astronomie
Universität Wien
1180 Wien, Türkenschanzstraße 17
M +43-650-203 53 99
a.mayer(at)univie.ac.at

Rückfragehinweis
Mag. Alexander Dworzak
Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien
1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
T +43-1-4277-175 31
M +43-664-602 77-175 31
alexander.dworzak(at)univie.ac.at

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