Drei ERC Starting Grants für Wissenschafter*innen der Universität Wien

Genomevolution und Politikwissenschaft im Fokus der Forschungsförderung

Die Politikwissenschafter*innen Carolina Plescia und Laurenz Ennser-Jedenastik sowie Oleg Simakov vom Department für Neurowissenschaften und Entwicklungsbiologie erhalten je einen mit rund 1,5 Millionen Euro dotierten ERC Starting Grant. Die Förderung von grundlagenorientierter Pionierforschung ist einer der Schwerpunkte der Europäischen Union. Dafür wurde der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) geschaffen. Gefördert werden Forschungsprojekte mit hohem Potenzial für Innovationen.

"ERC-Grants, besonders die Starting Grants, ermöglichen Pionierforschung auf höchstem Niveau. Sie sind auch ein wichtiger Indikator für die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Universität. Es ist sehr erfreulich, dass heuer gleich drei junge Wissenschafter*innen erfolgreich waren", so Rektor Heinz W. Engl. 

Was bedeutet wählen für Sie?

In ihrem ERC Starting Grant-Projekt wird Carolina Plescia untersuchen, was Wählen für Bürger*innen bedeutet. Diese Frage ist vor dem Hintergrund eines wachsenden Misstrauens gegenüber dem Wahlakt selbst als auch den demokratischen Institutionen in vielen Ländern der Welt von großer Bedeutung.
Die Sozialwissenschafterin entwickelt eine neue Typologie an Bedeutungen und Motivationen für das Wähle und will dadurch neue Konzepte und Indikatoren für die Wahlforschung einführen, um den Wahlakt als solches besser verständlich zu machen.
Plescia beleuchtet auch sogenannte Autokratien in Europa und darüber hinaus (z.B. Ungarn und Russland). Dadurch können neue Erkenntnisse zum Wählen außerhalb von demokratischen Systemen erfasst werden. Die Projektergebnisse werden daher als wichtige Grundlage zur (Neu-)Bewertung von Wahlen und Wahlsystemen dienen und des Weiteren ermöglichen, die bisherigen Auslegungen von Wahlen durch Medien und Politiker*innen kritisch zu hinterfragen.

Carolina Plescia
ist Assistenzprofessorin für Digitale Demokratie am Institut für Staatswissenschaft an der Universität Wien. Davor war sie Assistenzprofessorin am Institut für Politik- und Sozialwissenschaft an der Universität Bologna; ihren PhD schloss sie am Trinity College Dublin ab. Derzeit ist sie Hertha-Firnberg-Stipendiatin des FWF und stellvertretende Leiterin des H2020-Projekts RECONNECT, in welchem die Einstellungen von EU-Bürger*innen zu Demokratie und Rechtstaatlichkeit untersucht werden.

Ochsentour oder Quereinsteiger? Welche Folgen es hat, wer uns regiert

Der Politikwissenschafter Laurenz Ennser-Jedenastik erforscht in den nächsten fünf Jahren, wie sich politische Karrieren in Europa seit 1945 verändert haben und welche Konsequenzen das für Gesetzgebung und Wahlverhalten hat. Traditionell waren politische Parteien die Rekrutierungskanäle für politische Eliten. Heute jedoch finden immer mehr Quereinsteiger ohne lange Parteikarrieren den Weg in hohe politische Ämter. Welchen politischen Niederschlag das erzeugt, untersuchen Ennser-Jedenastik und sein Team, indem sie die Karriereverläufe von rund 10.000 europäischen Minister*innen seit 1945 in großer Detailtiefe aufzeichnen und mit sequenzanalytischen Verfahren (ähnlich der DNA-Analyse) quantifizierbar machen. Mit diesen Daten soll das Projekt darüber Aufschluss geben, wie sich der Wandel politischer Biographien auf politische Outputs (Gesetze) und Inputs (Wahlverhalten) auswirkt.

Laurenz Ennser-Jedenastik
studierte erst Komposition und Musiktheorie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, bevor er an der Universität Wien Politikwissenschaft inskribierte. Nach dem Doktorat 2013 ging er mit einem Erwin-Schrödinger-Fellowship an die Universität Leiden (Niederlande) und kehrte danach nach Wien zurück. Er war jahrelang Mitarbeiter der Österreichischen Nationalen Wahlstudie (AUTNES); seit Juli 2020 ist er Assistenzprofessor für Sozialpolitik am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien.

Wie die "Aliens" unter den Tieren entstanden

Die Genomevolution steht im Mittelpunkt der Forschung von Oleg Simakov. Er möchte herausfinden, welche Arten der Mutationen in der DNA-Sequenz wirklich zu sichtbaren Innovationen während der Evolution geführt haben. Die Genomforschung der letzten Jahre hat Indizien dafür gesammelt, dass bei unterschiedlichen Tiergruppen bestimmte Kombinationen von solchen Genomveränderungen auftreten können, die als Modalitäten der Genomevolution bezeichnet werden. Ziel dieses ERC Starting Grant Projektes ist es, die Evolution der Genome explizit auf multiplen Ebenen der Genomorganisation zu quantifizieren und anhand der neuesten Daten die Hypothese zu testen, ob die Modalität der Genomevolution existieren. Um wichtige experimentelle Erkenntnisse dafür zu sammeln, wird ein Modellsystem innerhalb der hochentwickelten und einzigartigen Gruppe von Kopffüßern, den hawaiianischen „bobtail squid“ Euprymna scolopes, untersucht. 

Oleg Simakov
studierte und promovierte 2013 in Biologie am EMBL Heidelberg und an der Universität Konstanz. Die Doktorarbeit wurde durch ein Boehringer Ingelheim Fonds Stipendium gefördert. Von 2013 bis 2017 war er als Postdoktorand an der Universität Heidelberg und am Okinawa Institute of Science and Technology in Japan. Seit 2017 ist er Assistenzprofessor an der Universität Wien. 2019 wurde er Whitman Center Early Career Fellow.

Weitere Informationen zu den ERC-Preisträger*innen der Universität Wien:
https://www.univie.ac.at/forschung/forschung-im-ueberblick/erc-grants   

Weitere Informationen:
http://erc.europa.eu/

Rückfragehinweis

Mag. Alexandra Frey

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