Die Nacht schützen

Forschungsnetzwerk veröffentlicht Empfehlung gegen "Lichtverschmutzung"

Lichterketten, Straßenlaternen und Werbe-Displays: Gerade im Dezember erhellen wir die dunkle Jahreszeit mit Außenbeleuchtung. Dass diese uns nicht nur in eine weihnachtliche Stimmung versetzt, sondern auch negative Folgen für Mensch und Natur haben kann, ist bereits länger bekannt. Ein internationales ForscherInnenteam mit Beteiligung von Thomas Posch, Astrophysiker an der Universität Wien, hat nun Leitlinien für die Außenbeleuchtung veröffentlicht. Diese sollen dazu beitragen, Licht in unseren Städten künftig nachhaltiger einzusetzen – zum Wohle von Mensch und Umwelt.

"Licht wirkt", sagt die Koordinatorin des europäischen "Verlust der Nacht"-Netzwerkes Sibylle Schroer, "auf Pflanzen und Tiere ebenso wie auf uns Menschen.“ Schon kleine Mengen künstlichen Lichts zur falschen Zeit können die innere Uhr aus dem Takt bringen, die Hormonausschüttung beeinträchtigen oder ganze Ökosysteme nachhaltig verändern. Räuber-Beute-Beziehungen geraten durcheinander und nachtaktive Arten verlieren zunehmend ihre Lebensräume. Langfristig kann das die Biodiversität stark beeinflussen.
Dennoch neigen wir gerade in der dunklen Jahreszeit dazu, unsere Städte intensiv zu beleuchten. Seit Jahren beobachten WissenschafterInnen die zunehmende und weltweite Erhellung der Nacht. Wie man die Situation für Mensch und Tier verbessern könnte, zeigen die kürzlich veröffentlichten Handlungsempfehlungen.

Kaltweißes sowie blaues Licht vermeiden
Der hohe Anteil kurzwelligen, blauen Lichts in kaltweißen LED und Energiesparlampen beeinträchtigt besonders den Tag- und Nachtrhythmus höherer Wirbeltiere sowie des Menschen. Chronische Verschiebungen dieses Rhythmus können den Schlaf, den Stoffwechsel und die Immunabwehr stören und damit zu schwerwiegenden Gesundheitsproblemen führen. Krankheiten wie unterdrückter Fettabbau, Diabetes oder Depressionen sind die Folge. Empfohlen wird daher eine Außenbeleuchtung mit einer Farbtemperatur von maximal 3000 Kelvin.

Leuchten verwenden, die das Licht dahin lenken, wo es gebraucht wird
Geeignete Leuchten verhindern, dass Licht direkt in die Augen von Fußgängern, in Fenster oder in den Himmel strahlt, wo es sich schnell ausbreitet und großflächig ganze Nachtlandschaften erhellt. "Licht sollte grundsätzlich nach unten leuchten, auch Fassadenbeleuchtung sollte immer von oben nach unten gerichtet sein", rät Thomas Posch vom Institut für Astrophysik der Universität Wien. Vermieden werden sollten vor allem in den Boden eingelassene Spots, die das Licht nach oben abstrahlen.

Straßen mit möglichst geringer Intensität beleuchten
Landstraßen sollten nur wenn nötig, und nicht stärker als mit einer Leuchtdichte von 0,3 Candela pro Quadratmeter beleuchtet werden, was in etwa 4 Lux entspricht. Dieser Wert ist angelehnt an die niedrigste Klasse der EU-Norm für Straßenbeleuchtung. "EU-Normen empfehlen viel hellere Werte als sie momentan in den meisten Gemeinden bewährte Praxis sind“, berichtet Thomas Posch. "Eine europaweite Implementierung der Normen könnte somit zu einem drastisch höheren Energieverbrauch und CO2 -Ausstoß in der Straßenbeleuchtung führen." Niedrigere Beleuchtungswerte schränken die Sicherheit keinesfalls ein, eine Überprüfung und Absenkung der Zielwerte ist daher anzuraten.

Außenbeleuchtung den Nutzungszeiten anpassen

Nach Einbruch der Nacht wird viel weniger intensive Straßenbeleuchtung benötigt und kann gedimmt werden. Die Beleuchtung könnte um 50 bis 80 Prozent gesenkt werden, wenn neben Straßenlaternen nachts auch private Beleuchtung oder Werbe-Displays ausgeschaltet werden würden. Ein Teil dieser Maßnahmen wird seit Oktober 2016 in Wien umgesetzt.

Weitere Informationen: www.cost-lonne.eu

http://www.cost-lonne.eu/wp-content/uploads/2016/07/Flyer-1-general-outdoor-lighting.pdf

http://www.cost-lonne.eu/wp-content/uploads/2016/07/Flyer-LoNNe-statement-NPA.pdf

Wissenschaftlicher Kontakt

DDr. Thomas Posch

Institut für Astronomie
Universität Wien
1180 - Wien, Türkenschanzstraße 17
+43-1-4277-538 00
thomas.posch@univie.ac.at

Sibylle Schroer

Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei
12587 - Berlin, Müggelseedamm 310
+49-30-64-181-717
schroer@igb-berlin.de

Rückfragehinweis

Mag. Alexandra Frey

Media Relations Manager
Universität Wien
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