Der Countdown läuft: Neues Weltraumteleskop CHEOPS ist startklar

Am 17. Dezember startet das europäische Weltraumteleskop CHEOPS ins All. Es ist die erste Weltraummission, die Exoplaneten im Detail unter die Lupe nimmt. Mit an Bord ist auch Technik aus Österreich. Wer den Raketenstart in Kinoatmosphäre live miterleben möchte, hat dazu in Graz und Wien Gelegenheit.

Am 17. Dezember 2019, um 9:54 Uhr ist es soweit: Vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana wird eine Sojus-Fregat-Rakete abheben und das Weltraumteleskop CHEOPS ins All bringen. Und wenn es keine kurzfristigen Startverschiebungen gibt, sollte der Kleinsatellit bereits zwei Stunden später seine polare Umlaufbahn in 700 Kilometer Höhe erreichen.

Von dort wird er rund dreieinhalb bis fünf Jahre lang Planeten außerhalb unseres Sonnensystems – sogenannte Exoplaneten – beobachten, die helle Sterne umkreisen. Etwa 500 bereits bekannte exoplanetare Systeme will die Europäische Weltraumorganisation (European Space Agency – ESA) mit CHEOPS (CHaracterising ExOPlanets Satellite) erstmals genauer unter die Lupe nehmen.

"Super-Erden" im Fokus des Teleskops
Der Satellit, der unter der Leitung der Universität Bern und der ESA von einem internationalen Konsortium entwickelt und gebaut wurde, wiegt – inklusive Treibstoff – etwa 280 kg und trägt ein Teleskop von 30 cm Durchmesser.

Das CHEOPS-Teleskop soll mithilfe der sogenannten Transitmethode hochpräzise Helligkeitsmessungen bei Sternen durchführen, wenn deren Planeten an ihnen vorbeiziehen. Wegen der alles dominierenden Strahlkraft ihrer Sterne sind Exoplaneten nur auf diesem Umweg für die Wissenschaft sichtbar.
Exoplaneten, also Planeten die um andere Sterne und nicht um unsere Sonne kreisen sind wegen der alles dominierenden Strahlkraft ihrer Sterne kaum sichtbar und Astronom*innen können sie nur auf Umwegen nachweisen.  Zieht ein Planet vor seinem Stern vorbei, wird sei Helligkeit kurzzeitig vermindert. Daraus kann man mit sogenannten "Transitmessungen" direkt auf den Durchmesser des Planeten schließen. CHEOPS wird mit diesen Transitmessungen zum ersten Mal systematisch die Vielfalt von Exoplanetensystemen untersuchen.

In unserem Sonnensystem unterscheiden wir beispielsweise erdähnliche Gesteinsplaneten wie die Erde, Venus oder Mars von Gasriesen wie Jupiter und Saturn. Exoplanetensysteme zeigen aber auch neue Planetentypen wie zum Beispiel riesige Gasplaneten, sogenannte heiße Jupiter, die ihre Bahn viel näher am Stern ziehen als die Erde an der Sonne. "Super-Erden", im Gegensatz dazu, sind Gesteinsplaneten, die deutlich größer als die Erde sind. Möglich sind sogar Planeten, die überwiegend aus Wasser bestehen. "Mit den hochpräzisen Durchmesserbestimmungen durch CHEOPS und den bereits bekannten Planetenmassen können wir zwischen all diesen Klassen unterscheiden", sagt Theresa Lueftinger, österreichische Vertreterin im CHEOPS-Wissenschaftsteam.

CHEOPS kann sogar messen, wie sich die Lichtstärke eines Sterns am Beginn und am Ende (während) eines solchen "Transits" verändert, woraus die Forscher*innen wiederum Rückschlüsse daraus ziehen, wie die Atmosphäre eines Exoplaneten möglicherweise aufgebaut ist: "Gibt es Wolken? Woraus bestehen diese? Wie dicht ist die Wolkenschicht? Wie heiß ist die Atmosphäre? Genau diese Eigenschaften lassen sich mit CHEOPS messen", erläutert Manuel Güdel von der Universität Wien.

Kombiniert mit unserem Wissen über den Stern selber wird es auch möglich sein, die Geschichte der Planetenentwicklung nachzuvollziehen; die Wissenschafter*innen erhoffen sich sogar erste Hinweise darauf, ob Exoplaneten potentiell belegbar sein können, und damit der Antwort auf eine ganz entscheidende Frage näher zu kommen: Woher stammen wir und sind wir allein im All? CHEOPS wird europäischen Astronom*innen wichtige Erkenntnisse zu hunderten ferner Welten in unserer Galaxie liefern. Aus den so gewonnenen Daten können Größe, Masse und weitere Eigenschaften der Exoplaneten bestimmt werden – etwa, ob ein Planet aus Stein, Eis oder Gas besteht und wie seine Atmosphäre beschaffen ist, zum Beispiel ob sie aus Wolken besteht oder sehr heiß ist. Die Astronom*innen hoffen sich dadurch, mehr über sogenannte "Super-Erden" zu erfahren und deren potentielle Lebensfreundlichkeit.

Elektronik und Software aus Österreich an Bord
Das Weltraumteleskop CHEOPS ist mit einer hochgenauen Kamera ausgerüstet. Diese beinhaltet eine Datenverarbeitungseinheit, die alle Beobachtungsabläufe kontrolliert und steuert, sowie die gewonnenen Beobachtungsdaten für die Übertragung zur Erde vorbereitet. Die gesamte Steuersoftware wurde an der Universität Wien am Institut für Astrophysik in der Arbeitsgruppe von Franz Kerschbaum unter der Leitung von Roland Ottensamer entwickelt. Die korrespondierende Computerhardware stammt vom Institut für Weltraumforschung (IWF), Graz. Die von Österreich beigetragenen Komponenten zählen zu den wichtigsten des Satelliten.

Roland Ottensamer: "Die von uns entwickelte Software ist eines der komplexesten und leistungsfähigsten Systeme zur Instrumentensteuerung, die die Europäische Weltraumagentur ESA jemals eingesetzt hat. Erst durch sie kann CHEOPS seine wichtigen Aufgaben selbsttätig durchführen. Die eingesetzten Softwaretechniken erlauben CHEOPS auch eine enorme Steigerung an Menge und Qualität der Daten, die gewonnen werden können."

Franz Kerschbaum ergänzt: "Unsere über mehr als eineinhalb Jahrzehnte aufgebaute Expertise in computerisierter Weltraumintelligenz macht uns zum ersten Ansprechpartner für viele zukünftige, einschlägige Weltraumprojekte im Europäischen Raum und darüber hinaus. Die langjährige Unterstützung durch die FFG und ESA Prodex hat uns zu einem wichtigen Player in diesem wachsenden Segment anwendungsorientierter Forschung gemacht."

RUAG Space Austria, Österreichs größtes Weltraumunternehmen, lieferte die Stromversorgung für das CHEOPS-Teleskop. Entwickelt unter Leitung des Instituts für Weltraumforschung der ÖAW sorgt diese für die hochpräzise und  stabile Spannungsversorgung des optischen Sensors im Teleskop und notwendiger Heizelemente zur Temperaturstabilisierung. "Hochtechnologie aus Österreich trägt wesentlich zum Gelingen dieser Wissenschaftsmission bei", bekräftigt Andreas Buhl, Geschäftsführer von RUAG Space Austria.

Launch Events in Graz und Wien
Wer den Start am 17. Dezember live verfolgen möchte, hat dazu nicht nur auf der Website der ÖAW unter www.oeaw.ac.at die Gelegenheit, sondern auch in Kinoatmosphäre in Graz und Wien.

Beim "CHEOPS Launch Event" am Institut für Weltraumforschung (Schmiedlstraße 6, 8042 Graz) und im Festsaal der ÖAW (Dr. Ignaz Seipel-Platz 2, 1010 Wien), gibt es rund um den Start ins All ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Live-Schaltung in das ESA-Kontrollzentrum, Live-Interviews mit dem österreichischen Team in Kourou, Vorträgen von Forscher/innen und vielem mehr. Beginn ist 9 Uhr, der Eintritt ist frei.

Der österreichische Beitrag zur CHEOPS-Mission wurde gefördert von: Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) und Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF).

Wissenschaftlicher Kontakt

Dr. Theresa Lüftinger

Institut für Astrophysik
Universität Wien
+43-1-4277-518 73
theresa.rank-lueftinger@univie.ac.at

Univ.-Prof. Dr. Franz Kerschbaum

Institut für Astrophysik
Universität Wien
1180 - Wien, Türkenschanzstraße 17
+43-1-4277-518 56
+43-664-602 77-518 56
franz.kerschbaum@univie.ac.at

Univ.-Prof. Dipl.-Phys. Dr. Manuel Güdel

Institut für Astrophysik
Universität Wien
1180 - Wien, Türkenschanzstraße 17
+43-1-4277-538 14
+43-664-602 77-538 14
manuel.guedel@univie.ac.at

Dr. Roland Ottensamer

Institut für Astrophysik
Universität Wien
+43-1-4277-518 83
roland.ottensamer@univie.ac.at

Rückfragehinweis

Mag. Alexandra Frey

Media Relations Manager
Universität Wien
1010 - Wien, Universitätsring 1
+43-1-4277-17533
+43-664-8175675
alexandra.frey@univie.ac.at

Dipl.-Soz. Sven Hartwig

Leitung Öffentlichkeit & Kommunikation
Österreichische Akademie der Wissenschaften
1010 - Wien, Dr. Ignaz Seipel-Platz 2
+43 1 51581-13 31
sven.hartwig@oeaw.ac.at