Wichtigster deutscher Historikerpreis an Michael Mitterauer, Universität Wien

Der „Preis des Historischen Kollegs“ wird heuer erstmals an einen österreichischen Wissenschafter vergeben.

Der Sozialhistoriker Michael Mitterauer, emeritierter Professor für Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien, erhält den mit 30.000,- Euro dotierten deutschen Historikerpreis für sein Buch „Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs“ und für sein Lebenswerk. Die Auszeichnung wird am 12. November vom deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler in München übergeben.

Die „Stiftung Historisches Kolleg“ mit Sitz in München wurde Anfang der 1980er Jahre mit dem Zweck gegründet, durch herausragende Leistungen ausgewiesene Gelehrte aus dem Bereich der historisch orientierten Wissenschaften zu fördern. Neben begehrten Forschungs- und Förderstipendien wird seit 1983 alle drei Jahre der mit 30.000,- Euro dotierte „Preis des Historischen Kollegs“ vergeben. Mit dieser Auszeichnung wird das wissenschaftliche Gesamtschaffen eines Historikers gewürdigt. Die Grundlage des Preises bildet ein inhaltlich und sprachlich herausragendes Werk, das wissenschaftliches Neuland erschließt. Frühere Preisträger waren unter anderem Historiker wie Arno Borst (1986), Reinhart Koselleck (1989), Thomas Nipperdey (1992) oder Jan Assmann (1998).

Warum Europa? – eine Erfolgsgeschichte

2003 diskutiert die Fachwelt in Deutschland, der Schweiz und Österreich das von Mitterauer veröffentlichte Buch „Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs“. Thema sind die bis in das Frühmittelalter zurückführenden Besonderheiten Europas im interkulturellen Vergleich mit der islamischen Welt oder mit China. 

In sieben Kapiteln arbeitet Mitterauer die Erfolgsgeschichte Europas an Hand von Ackerbau, Herrschaftsordnungen, Religion, Kommunikationsformen, Familien- und Verwandtschaftssystemen auf. Dabei beantwortet er Fragen wie: Warum ist es gerade in Europa zur Industriellen Revolution gekommen? Warum haben sich hier Kapitalismus und Kolonialismus entwickelt? Oder: Warum sind hier parlamentarisch-demokratische Systeme entstanden? Für Europa bedeutete die frühmittelalterliche Agrarwende hin zu Roggen und Hafer eine wesentliche wirtschaftliche Grundlage seines Aufstiegs, ein gut entwickeltes Mühlenwesen war wichtige Basis für die Industrialisierung.

Johannes Fried, Professor für Mittelalterliche Geschichte der Universität Frankfurt am Main und Träger des Preises des Historischen Kollegs 1995, bewundert in seiner Rezension in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den Blick Mitterauers für die weit reichenden Auswirkungen selbst kleinster Impulse.

Zur Biografie von Univ.-Prof. Michael Mitterauer

Michael Mitterauer, geb. 1937 in Wien, studierte an der Universität Wien Geschichte und Kunstgeschichte. 1960 promovierte er unter den Auspizien von Bundespräsident Adolf Schärf zum Dr. phil., 1968 habilitierte er sich für das Fach Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 1973 erfolgte die Ernennung zum ordentlichen Professor. Seine Forschungsschwerpunkte sind historische Familienforschung, Geschichte der Jugend, Geschichte der Arbeitsteilung, mittelalterliche Markt- und Stadtgeschichte sowie Geschichte der Land- und Reichsstände. Seit 1959 ist Mitterauer am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien tätig.

Ein Projekt, das Mitterauer 1983 startete und das ihm ganz besonders am Herzen liegt, ist die Buchreihe „Damit es nicht verloren geht...“. Ausgangspunkt sind schriftliche Lebenserinnerungen, die in der „Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen“ am Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien gesammelt werden. Inzwischen hat die im Böhlau Verlag erschienene Reihe eine Gesamtauflage von über einer Million Bücher erreicht.

Mitterauer hat unzählige Aufsätze, Beiträge und Bücher publiziert. Ein kleiner Auszug daraus: 1971 Gründung der „Beiträge zur historischen Sozialkunde“, eine Zeitschrift zur LehrerInnenfortbildung; 1977 gemeinsam mit Reinhard Sieder „Vom Patriarchat zur Partnerschaft. Zum Strukturwandel der Familie“, (4. Auflage 1991), Übersetzung ins Englische und Japanische; 1986 „Sozialgeschichte der Jugend“, (3. Auflage 1992), Übersetzung ins Schwedische, Bulgarische und Italienische. 1992 „Historische Anthropologie“, Mitbegründer der Fachzeitschrift für historische Themen mit ethnologischen und soziologischen Komponenten; 2003 „Geschichte der Familie“ und „Warum Europa? Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs“.

Michael Mitterauer lebt mit seiner Familie in Wien, hat vier erwachsene Kinder und ist leidenschaftlicher Großvater von fünf Enkelkindern.

Weitere Information unter:

http://www.historischeskolleg.de/

http://www.univie.ac.at/Wirtschaftsgeschichte/indexa.html

Rückfragehinweis:

Mag. Veronika Schallhart

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