Universität Wien: "Siegfriedskopf" in neuem Kontext

Utl.: Künstlerische Gestaltung und wissenschaftliche Aufarbeitung

Im Zuge des Umbaus und der Sanierung des Eingangsbereichs der Universität Wien wurde der so genannte "Siegfriedskopf" von der Aula in den Arkadenhof verlegt. Die Kontroverse um das Gefallenendenkmal zog sich über mehrere Dekaden hin und war Anlass, dieses durch ein Kunstprojekt in einen neuen Kontext zu stellen. Im Rahmen der Veranstaltung "Kontroverse-Siegfriedskopf" am 13. Juli 2006 wird die künstlerische Gestaltung und wissenschaftliche Aufarbeitung präsentiert.

Die Diskussionen und Auseinandersetzungen zum "Siegfriedskopf" haben ihre Wurzeln in der Zwischenkriegszeit. Das Erscheinungsbild des Eingangsbereichs des Hauptgebäudes war bis zu den Renovierungsarbeiten von dieser Zeit geprägt. Mit der Modernisierung durch Offenheit und Information wird der Eingangsbereich der Universität Wien aus der Atmosphäre der Zwischenkriegszeit herausgeführt.

"Die Kontroversen die sich über Jahrzehnte gezogen haben, waren Anlass für das Rektorat, den 'Siegfriedskopf' in seinen historischen Kontext zu stellen und diesen so einer analytischen Betrachtung zuzuführen", erklärt Rektor Georg Winckler die Entscheidung des Rektorats. Mit der künstlerischen Konzeption und der technischen Ausführung wurde das Künstlerpaar Bele Marx und Gilles Mussard (Atelier Photoglas TM) beauftragt. Der neue Kontext wurde mit Roger Baumeister, dem Architekten der Neugestaltung der Aula und des Arkadenhofs, erarbeitet. Die wissenschaftliche Beratung erfolgte durch Friedrich Stadler, Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte.

Das Kunstobjekt besteht aus mehreren Glasebenen und Einheiten. Der äußere Kubus ist Träger eines zeitgeschichtlichen Textes. Im inneren Teil des Glaskubus befinden sich weitere Glasflächen mit Texten und Fotografien, die unterschiedliche Standpunkte zur Thematik vertreten. Die Texte wurden unter wissenschaftlicher Beratung mit dem Künstlerteam ausgewählt und sind ein Beitrag zu den historischen Hintergründen und den vielschichtigen Vorgängen um das Denkmal. In ihrer Gesamtheit stellen sie einen Teil der Dokumentation über die Geschichte des Denkmals dar. Über die nebenstehende Informationsstation werden ergänzend, am Beispiel von vier Zeitschichten - 1914-1923, 1938-1945, 1965-1968, 1990 bis zur Gegenwart - die unterschiedlichen Bedeutungen sichtbar gemacht, in denen das Denkmal stand und steht.

Information zum Atelier Photoglas unter www.photoglas.com

Rückfragehinweis:
Mag. Cornelia Blum
Rektorat der Universität Wien, Pressesprecherin
T + 43-1-4277-100 12
M + 43-664-602 77-100 12
cornelia.blum@univie.ac.at


Zur Geschichte
- Kurzzusammenfassung:

Das Denkmal für die im Ersten Weltkrieg gestorbenen Studierenden und Lehrenden der Universität Wien wurde 1923 in der Aula der Universität Wien aufgestellt. Seine Symbolik verweist auf die Siegfriedmythologie der Nibelungensage und die "Dolchstoßlegende" des Ersten Weltkriegs. Der sogenannte "Siegfriedskopf" wurde 1923 von Josef Müllner, Professor für bildende Kunst, entworfen und auf Initiative der "Deutschen Studentenschaft" und ihrer Lehrer errichtet, die zu diesem Zeitpunkt deutlich antisemitisch und antidemokratisch war. Anfang der 1990er Jahre begann eine Diskussion um die politischen Bedeutungen dieses Denkmals. In dieser Debatte wurde für eine breite Öffentlichkeit sichtbar, dass der "Siegfriedskopf" im historischen Kontext ein zentrales geschichtspolitisches Zeichen der Universität Wien ist, das seit seiner Errichtung wiederholt in antisemitische, deutschnationale und deutschvölkische, aber auch nationalsozialistische Kontexte gestellt wurde.

Diese Positionierung wurde von unterschiedlichen Organisationen und Personen, die sich teilweise in die Tradition der "Deutschen Studentenschaft" gestellt haben, öffentlich bestritten. Im Sommer 1990 beschloss der Akademische Senat der Universität Wien, den "Siegfriedskopf" aus der Aula zu versetzen. Durch die darauf folgenden öffentlichen Konflikte wurde dieses Projekt aufgeschoben. Schließlich entschloss sich das Rektorat der Universität Wien im Zuge der Neugestaltung des Eingangbereichs des Hauptgebäudes, die Versetzung des Denkmals von der Aula in den Arkadenhof zu veranlassen und die künstlerische Umgestaltung des Denkmals, unter der entsprechenden wissenschaftlichen Beratung, in Auftrag zu geben.