"Ungesundes" Essen während des COVID-19 Lockdowns: Wie soziale Interaktionen und Stimmung das Essverhalten beeinflussten
27. Februar 2025
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Entgegen den Erwartungen: Negative Stimmung und Mangel an sozialen Kontakten reduzierten ungesundes Essen
Während des ersten COVID-19 Lockdowns untersuchten Forscher*innen der Universität Wien den Einfluss von Stress, Stimmung und sozialen Interaktionen auf "ungesunde" Essgewohnheiten bei fast 800 Teilnehmer*innen aus Österreich, Italien und Deutschland. Wider Erwarten zeigten die Ergebnisse, dass schlechte Stimmung und wenige soziale Interaktionen zu einem geringeren Verzehr "ungesunder" Lebensmittel führten. Im Gegenzug schien das Essen solcher Mahlzeiten zwar dazu beizutragen, positive Emotionen aufrechtzuerhalten und Stress abzubauen – aber nicht schlechter Stimmung entgegenzuwirken. Diese Ergebnisse unterstreichen die Rolle des Essens bei der Bewältigung emotionaler Herausforderungen. Die von den Psychologinnen Ana Stijovic und Giorgia Silani von der Universität Wien geleitete Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift Biological Psychiatry veröffentlicht.
In früheren Studien wurden COVID-19 Lockdowns mit einem Anstieg ungesunder Verhaltensweisen, wie etwa ungesundem Essen in Verbindung gebracht. Die psychologische Ursache für solche Verhaltensweisen war bisher jedoch unklar. Ungesunde Mahlzeiten wurden als möglicher Versuch gesehen, mit Einschränkungen der sozialen Gewohnheiten umzugehen. In ihrer neuen Studie untersuchten die Wissenschafter*innen nun den Zusammenhang zwischen akuter Belastung, Stimmung, sozialen Interaktionen und ungesundem Essverhalten im Alltag und kommen dabei zu einem überraschenden Ergebnis.
Das Team unter der Leitung von Ana Stijovic und Giorgia Silani vom Institut für Klinische und Gesundheitspsychologie der Universität Wien analysierte Daten, die während des ersten COVID-19 Lockdowns in Österreich, Italien und Deutschland gesammelt wurden. Die fast 800 Teilnehmer*innen berichteten an sieben aufeinanderfolgenden Tagen mehrmals täglich über ihren momentanen Stress, ihre Stimmung, ihren Wunsch nach zucker-, fett- und salzreichen Lebensmitteln, den Verzehr und den Genuss solcher Lebensmittel sowie die Quantität und Qualität sozialer Interaktionen. Die Wissenschafter*innen fragten dabei nach Lebensmitteln wie Schokolade, Chips, Fast Food, Süßigkeiten und Käse. Mit dieser Analyse widerlegten die Wissenschafter*innen die bisherigen Annahmen.
"Entgegen unseren Erwartungen zeigten die Ergebnisse, dass positive Stimmung sowie Quantität und Qualität sozialer Interaktionen mit einem höheren 'ungesunden' Lebensmittelkonsum und -genuss verbunden waren, während negative Stimmung und weniger soziale Kontakte mit weniger Konsum und Genuss einhergingen", erklärt Giorgia Silani. "Gemeinsame Mahlzeiten spielen eine wichtige Rolle bei der Förderung der sozialen Bindung. Bei solchen sozialen Gelegenheiten werden mehr Lebensmittel angeboten als im privaten Rahmen, daher steigt wohl auch der Konsum. Neben dem Essen haben wir festgestellt, dass weniger soziale Interaktionen auch mit einem geringeren Konsum einer Vielzahl anderer Belohnungen wie Fernsehen oder Rauchen verbunden waren."
Gleichzeitig war der Verzehr "ungesunder" Lebensmittel mit einer Verringerung von Stress und mehr Gelassenheit verbunden. Das deutet darauf hin, dass "ungesunde" Lebensmittel immer noch zur Regulierung der Stimmung eingesetzt werden. Aber: "Das Essen wurde verwendet, um eine bereits positive Stimmung aufrechtzuerhalten, nicht so sehr, um eine negative Stimmung zu heben", sagt Silani. Diese Ergebnisse verdeutlichen das komplexe Zusammenspiel zwischen affektiven und sozialen Faktoren, die "ungesundes" Essverhalten beeinflussen.
Originalpublikation
Ana Stijovic,Paul Forbes, Ekaterina Pronizius, Anja Feneberg, Giulio Piperno, Urs M. Nater, Claus Lamm, Giorgia Silani. Affective and Social Predictors of Food Consumption During the COVID-19 Lockdown. In press. Biological Psychiatry
Wissenschaftlicher Kontakt
Assoz. Prof. Giorgia Silani
Klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie; Institut für Angewandte Psychologie: Gesundheit, Entwicklung und FörderungUniversität Wien
1010 - Wien, Liebiggasse 5
+43-1-4277-472 23
giorgia.silani@univie.ac.at
Rückfragehinweis
Theresa Bittermann
Media Relations, Universität Wien1010 - Wien, Universitätsring 1
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