Team der Universität Wien rettet Seewinkel-Salzlacken

Zwei Drittel der Salzlacken im burgenländischen Seewinkel sind in den letzten 100 Jahren ausgetrocknet. Regina Krachler, Umweltchemikerin der Universität Wien, hat mit ihrem Team das Lackensterben des einzigartigen Naturparadieses zwei Jahre lang studiert und nach Rettungsmöglichkeiten gesucht. In einem erfolgreichen Feldversuch wurden unlängst elf Tonnen Salz ausgestreut.

Der Seewinkel mit seinen zahlreichen Salzseen ist nicht nur ein beliebtes Naherholungsgebiet, sondern unterliegt als Nationalpark besonderen Schutzbestimmungen. Die meisten Seewinkellacken sind Ramsar-Schutzgebiet, Biosphärenreservat der UNESCO und Natura2000-Gebiet der EU. Allerdings sind in den letzten hundert Jahren von den ursprünglich rund 140 Lacken mehr als 100 ausgetrocknet. Mit dem Sterben der Lacken geht auch eine einzigartige Flora und Fauna zugrunde. Seltene Tiere wie der Säbelschnäbler und die Brandgans oder auf den salzigen Boden spezialisierte Pflanzen, wie die Salzkresse und der Queller, verschwinden mit den Salzseen. Grund für das Lackensterben ist ein Kanalnetz, das zwischen 1900 und 1960 erbaut wurde. Damit wollte man die umliegenden Wiesen im Frühjahr vor Überschwemmungen bewahren. Durch die Senkung des Grundwasserspiegels um durchschnittlich eineinhalb Meter kam es zu unerwarteten Verschiebungen in der Chemie von Gewässern und Sedimenten – mit gravierenden Folgen für das Ökosystem der Salzlacken.

Seelacken im Labor

Univ.-Prof. Dr. Regina Krachler vom Institut für Anorganische Chemie ging im Labor der Frage nach, ob und wie sich das degradierte Sediment in seinen ursprünglichen Zustand zurückführen lässt. Dazu bauten die WissenschafterInnen in Aquariengefäßen Miniatur-Salzlacken. Die Sedimente holten sie sich von unterschiedlichen Orten des Seewinkels. Das Experimentieren mit verschieden konzentrierten Salzlösungen führte nach einigen Monaten zum Durchbruch. "Wir konnten zeigen, dass es tatsächlich einen engen Zusammenhang zwischen Wasser- und Salzhaushalt der Seewinkellacken gibt", fasst die Umweltchemikerin Krachler die Resultate zusammen.

Elf Tonnen Salz für erfolgreichen Feldversuch

Die Naturschutzbehörde des Landes Burgenland bewilligte einen Feldversuch mit der zwei Hektar großen und seit zwanzig Jahren trockenen nördlichen Martinhoflacke. Die ForscherInnen befürchteten zwar zunächst, dass das Ausstreuen von so großen Salzmengen – vier Kilogramm auf einem Quadratmeter – und die damit verbundenen extrem hohen pH-Werte sich negativ auf die Tier- und Pflanzenwelt auswirken könnten. Doch wie ein Vorversuch auf wenigen Quadratmetern zeigte, war diese Sorge unberechtigt. "Die Organismen waren 'begeistert'. Die Salzpflanzen und die kleinen Krebse sind aus ihren Dauerstadien sofort wieder erwacht, selbst Vogelspuren konnten wir finden", erzählt die Umweltchemikerin. Im Februar 2006 wurden auf der ausgetrockneten Lacke insgesamt elf Tonnen einer Soda-Glaubersalzmischung aufgebracht. Auf diese Weise konnte ein gutes Stück der nördlichen Martinhoflacke renaturiert werden. Das Konzept hat überzeugt, und es wird ein Nachfolgeprojekt geben. Da allerdings jede Lacke einzigartig ist, sind wiederum Voruntersuchungen nötig, um eine maßgeschneiderte Lösung zu finden.

Heilsame Nanopartikel in den Lacken

Die Umweltchemikerin Regina Krachler will sich auch mit den nur Nanometer großen Schwebstoffen beschäftigen, die den intakten Lacken ihre natürliche Trübe geben. "Die gelösten Salze reagieren chemisch mit Algen- und Pflanzenresten, die vom Ufer in die Lacke gelangen", erklärt Krachler den Trübe-Effekt. Dabei entstehen auch braune Huminstoffe, die für die berühmte Heilwirkung der Seewinkellacken verantwortlich sind. Zusammen mit dem Mikrobiologen Alexander Kirschner und Bernhard Keppler, Vizedekan der Fakultät für Chemie der Universität Wien, hofft sie in Zukunft, mehr über Struktur und Funktion dieser heilsamen Nanopartikel herauszufinden.

Kontakt:

Univ.-Prof. Mag. Dr. Regina Krachler

Institut für Anorganische Chemie

Universität Wien

1090 Wien, Währinger Straße 42

T: +43-1-4277-526 07

regina.krachler(at)univie.ac.at

http://homepage.univie.ac.at/Regina.Krachler/

Rückfragehinweis:

Mag. Veronika Schallhart

Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement

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