Senatsvorsitzende gegen Einschränkung der Autonomie und verstärkten parteipolitischen Einfluss auf Universitäten
29. Juli 2008Die Senatsvorsitzenden der österreichischen Universitäten lehnen den von Wissenschaftsminister Hahn vorgelegten Entwurf einer Novellierung des Universitätsgesetzes 2002 mit Entschiedenheit ab. Er sieht eine drastische Einschränkung der Autonomie der Universitäten vor und steht damit in einem eklatanten Widerspruch mit den in der Präambel zum Universitätsgesetz 2002 formulierten Zielen; darüber hinaus öffnet der Entwurf parteipolitischen Einflussnahmen Tür und Tor und beseitigt die letzten Reste universitärer Eigenbestimmung.
Die Senatsvorsitzenden wehren sich daher gegen die Rückentwicklung des Universitätsgesetzes 2002 durch
drastische Einschränkung der Autonomie und Selbstverwaltung
permanente budgetäre Eingriffs- und Reduktionsmöglichkeiten durch das Ministerium
verstärkten parteipolitischen Einfluss
Die Ablehnung richtet sich insbesondere gegen folgende Änderungsvorhaben:
Der Universitätsrat, der ausschließlich aus universitätsexternen Personen besteht, soll zum Nachteil der anderen Leitungsorgane, insbesondere des Senats, erheblich gestärkt werden.
Die Nominierung von Mitgliedern des Universitätsrats, die bisher von der Bundesregierung vorgenommen wurde, soll nunmehr dem/r Bundesminister/in überlassen werden, wobei die vierjährige „Sperrklausel“ für Politiker/innen wegfallen soll.
Der Handlungsspielraum der Universitäten würde durch die verstärkten permanenten budgetären Eingriffsmöglichkeiten des Ministeriums wesentlich eingeengt.
Die Wahl des/r Rektors/in soll in Zukunft de facto nur mehr durch den Universitätsrat erfolgen, die gerade für Universitäten so wichtige doppelte Legitimation durch die Universitätsangehörigen wird beseitigt.
Die Mitwirkung der Universitätsangehörigen an der Universitätsleitung wird durch die Marginalisierung des Senats, des einzigen unmittelbar demokratisch gewählten Leitungsorgans, drastisch reduziert.
Nicht zuletzt bestehen schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Entwurf. Gemäß Art. 81c des Bundesverfassungsgesetzes (B-VG) sind die öffentlichen Universitäten Stätten freier wissenschaftlicher Forschung, Lehre und Erschließung der Künste, die im Rahmen der Gesetze autonom handeln und Satzungen erlassen können. Ein Wesensmerkmal autonomer Organisationen ist die Mitwirkung von Angehörigen dieser Einrichtungen bei Erfüllung der Aufgaben und bei der Bestellung ihrer Organe. Durch die vorgeschlagene Novelle werden die Kompetenzen des Universitätsrats – eines aus universitätsexternen Personen zusammengesetzten Organs – aber massiv zu Lasten des Senats verschoben.
Die Senatsvorsitzenden erwarten von einer zukünftigen Bundesregierung, dass der vorgelegte Entwurf nicht weiter verfolgt wird. Von einer Weiterentwicklung des Universitätsgesetzes 2002 wird gefordert, dass sie auf Grundlage einer Evaluierung erfolgt, verfassungskonform ist und die Autonomie der Universitäten stärkt. Die Senate sind gerne bereit, an der Erstellung eines neuen Entwurfes mitzuwirken.
Kontakt:
Univ.-Prof. Dr. Gerhard Clemenz
Senat der Universität Wien
Dr.-Karl-Lueger-Ring 1, 1010 Wien
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