Pressegespräch: Stiftungsprofessur „Pflegewissenschaft“

Dienstag, 16. Dezember 2003, 13.30 Uhr Senatssaal der Universität Wien     Die Universität Wien errichtet eine Stiftungsprofessur für Pflegewissenschaft. Caritas und Rotes Kreuz fungieren als Stifter.

International etablierte Wissenschaft

Die Pflegewissenschaft ist eine international etablierte Wissenschaft, die in weiten Teilen Europas als eigene Studienrichtung angeboten wird. So gibt es beispielsweise in Island 29 Professuren für Pflegewissenschaft. In Österreich ist es bislang nicht gelungen, ein derartiges Studium zu etablieren. Der diesbezüglich artikulierte Bedarf wurde von der Politik bislang nicht aufgegriffen.

"Individuelles Diplomstudium" an der Universität Wien

Um dem großen Bedarf nach akademischer Ausbildung im Bereich der Pflegewissenschaft nachzukommen, wurde eine erste Initiative gestartet: Im Jahr 1999 wurde an der Universität Wien – auf der Grundlage übereinstimmender Beschlüsse der Studienkommissionen Medizin, Soziologie und Psychologie – das fakultätsübergreifende, interdisziplinäre „Individuelle Diplomstudium Pflegewissenschaft“ eingerichtet; bislang haben sich rund 400 Studierende für dieses Studium eingeschrieben.

Die Universität Wien hat zahlreiche Versuche unternommen, ein Regelstudium der Pflegewissenschaft einzurichten. So hat die Medizinische Fakultät auf Grund eines Fakultätsbeschlusses vom 21. Jänner 2000 ein derartiges Studium beim Bildungsministerium beantragt.

Der Antrag, der großteils dem von den drei Studienkommissionen vorgelegten interdisziplinären Studienplan entspricht, liegt seit dem Jahr 2000 im Bundesministerium auf und blieb bis heute unerledigt.

Mehrere Argumente sprechen dafür, der Pflegewissenschaft ein eigenes Studium und entsprechende Forschung zu widmen:

• Durch die Veränderungen in der demografischen Struktur steigt die Anzahl der pflegebedürftigen Menschen höheren Alters.

• Mit der Zunahme der Lebenserwartung treten vermehrt chronische Krankheiten auf, die eines erhöhten Pflegeaufwandes bedürfen.

• Die Veränderungen in den Organisationsformen der Pflege bringen neben der stationären Pflege zunehmend die Hausbetreuung mit sich.

• Trotz des steigenden Bedarfs wird zu wenig Pflegepersonal ausgebildet.

• Die wachsende Ökonomisierung des Pflege- und Gesundheitssystems steigert den Bedarf, zur Aufrechterhaltung der Finanzierbarkeit neue, innovative Versorgungskonzepte zu erarbeiten.

• Neue berufliche Herausforderungen, die Diversifizierung der Aufgaben im Pflegeberuf und Fragen der Ethik sollen durch die universitäre Ausbildung angesprochen bzw. unterstützt werden und somit die Attraktivität des Berufsbildes steigern.

Die Errichtung der Stiftungsprofessur dient der Bewältigung dieser Problemkreise in der universitären Lehre und Forschung.

Ziel: Regelstudium "Pflegewissenschaft"

Der Bedarf an akademisch ausgebildeten Pflegekräften wird mit dem individuellen Diplomstudium jedoch nicht ausreichend abgedeckt. Weshalb es das erklärte Ziel der Universität Wien ist, ein „reguläres Studium“ Pflegewissenschaft anzubieten. Zu diesem Zweck werden die Universität Wien und die Medizinische Universität Wien eng kooperieren. Die formulierte Zielvorstellung wird durch die Errichtung der Stiftungsprofessur von den Stiftern (Caritas und Rotes Kreuz) nachhaltig unterstützt.

Durch das Universitätsgesetz 2002 ergeben sich für die Neuausrichtung der Studienpläne neue Chancen. Die Universitäten können in Zukunft über ihr Studienangebot grundsätzlich frei bestimmen, ohne auf die Zustimmung des Ministeriums oder des Gesetzgebers angewiesen zu sein. In budgetärer Hinsicht wird das künftige Universitätsbudget durch die Leistungsvereinbarung mit dem Ministerium festgelegt. Allerdings ist aus den vorhandenen, knappen Mitteln die Finanzierung eines Regelstudiums nicht möglich.

Die Errichtung der Stiftungsprofessur Pflegewissenschaft wird nun von den Stiftern Caritas und Rotes Kreuz ermöglicht.

Dadurch wird der lang gehegte Wunsch der Universität Wien, in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien ein Regelstudium der Pflegewissenschaft einzurichten, leichter umsetzbar sein.