Neues WWTF-Forschungsprojekt zum Wiener Gemeindebau
06. Juli 2010Sieglinde Rosenberger und Julia Mourão Permoser (Downloads am Textende)
Utl.: Politologinnen der Universität Wien untersuchen Gemeindebau als sozial-politischen Raum Vor rund 90 Jahren wurde der erste Wiener Gemeindebau errichtet. Seither prägt der kommunale Wohnbau das Stadtbild, das Leben seiner BewohnerInnen und politische Debatten. Sieglinde Rosenberger und Julia Mourão Permoser vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien erforschen den Gemeindebau als sozial-politischen Raum. Gefördert wird das Projekt vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) im Rahmen des Wiener Impulsprogramms für Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften. In Kooperation mit KünstlerInnen wird im Innenhof eines Gemeindebaus ein "Wohnzimmer" installiert, in dem die BewohnerInnen persönliche Alltagsobjekte platzieren, die sie mit Heimat und Zugehörigkeit verbinden.
Im Gemeindebau leben Alteingesessene und Zugezogene, Junge und Alte, MigrantInnen und ÖsterreicherInnen – ein Raum, in dem Kontroversen häufig als Zugehörigkeitskonflikte interpretiert werden. Wie politische Eliten Zugehörigkeit entlang ethnischer, kultureller und religiöser Differenzen konstruieren und damit WählerInnen mobilisieren, untersuchen die beiden Politologinnen Sieglinde Rosenberger und Julia Mourão Permoser. "Wir befassen uns damit, wie sich Menschen dieses politische Konstrukt aneignen und es im Alltag verhandeln. Für uns ist der Gemeindebau besonders interessant, weil hier alte und neue Spannungslinien aufeinander treffen", erläutert Sieglinde Rosenberger, Professorin am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, den Forschungsansatz. Das Projekt "Living Rooms: The Art of Mobilizing Belonging(s)" wird vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) im Rahmen des Wiener Impulsprogramms für Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften gefördert.
Kunstinstallation im Hof des Gemeindebaus
Geforscht wird in mehreren Gemeindebauten rund um den Metzleinstaler Hof im fünften Wiener Gemeindebezirk. Deren BewohnerInnen sind aktiv in das Projekt eingebunden: Zusammen mit KünstlerInnen der Universität für Angewandte Kunst, der Gruppe "Gangart" und dem Demokratiezentrum Wien gestalten sie in einem Innenhof ein "Wohnzimmer", das sie mit persönlichen Alltagsgegenständen füllen, welche sie mit dem Begriff Heimat identifizieren."Es geht darum, durch die Platzierung der Gegenstände über Zugehörigkeit zu reflektieren. Dadurch entsteht eine visuelle Repräsentation von Zugehörigkeit und die Objekte werden Teil einer 'Sprache', mit der sich die BewohnerInnen ausdrücken", erklärt Mourão Permoser: "Wichtig ist uns, dass die Menschen an der Forschung beteiligt sind. Wir sind optimistisch, dass das Projekt nicht nur aufschlussreiche Forschungsergebnisse bringt, sondern auch von den BewohnerInnen als positive Erfahrung wahrgenommen wird."
Grenzen ziehen, Grenzen verschieben
Aus der Beobachtung dieses Prozesses leiten die Forscherinnen ab, wie zwischen den BewohnerInnen Grenzen der Zugehörigkeit gezogen bzw. verschoben werden. Ergänzend werden Interviews und Gruppendiskussionen durchgeführt. "Bei der Auswahl der Personen wenden wir uns an kollektive Einrichtungen im Gemeindebau – zum Beispiel an Pensionistentreffs, Parteilokale, Kindergruppen, kleine Beisl und Geschäfte", erläutern die Wissenschafterinnen.
Mobilisierung im Wiener Wahlkampf
Mit dem bis Mai 2012 laufenden Projekt werden die Politikwissenschafterinnen auch den kommenden Wiener Landtagswahlkampf beleuchten. Sie untersuchen, wie die Parteien mit dem Konzept der Zugehörigkeit mobilisieren, forschen zu Wahlplakaten und PolitikerInnenauftritten im Gemeindebau. "In der heißen Wahlkampfphase wird interessant, welche Bilder und Narrative aufgegriffen werden", sagt Rosenberger und verweist darauf, dass die Politik der Zugehörigkeit viel mehr auf Emotionen als auf rationalen Argumenten basiert.
Webseite des Instituts für Politikwissenschaft: http://politikwissenschaft.univie.ac.at/
Kontakt
Univ.-Prof. Mag. Dr. Sieglinde Rosenberger
Institut für Politikwissenschaft
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Rückfragehinweis
Mag. Alexander Dworzak
Öffentlichkeitsarbeit
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M +43-664-602 77-175 31
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