Europäische Südsternwarte (ESO): Österreichische WissenschafterInnen führen zwei wichtige astronomische Forschungsprojekte durch
09. Dezember 2009Der Beitritt Österreichs zur Europäischen Südsternwarte (ESO) am 1. Juli 2008 hat der heimischen Astronomie und Mathematik einen starken Impuls gegeben. WissenschafterInnen der Universitäten Linz, Wien und Innsbruck sowie das Johann Radon Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) erhielten zwei wichtige Forschungsaufträge, die im Rahmen der ESO Beitrittsgebühr vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung finanziert werden. Ronny Ramlau vom Institut für Industriemathematik der Universität Linz und Werner Zeilinger vom Institut für Astronomie der Universität Wien koordinieren diese zwei Projekte zur besseren Analyse astronomischer Beobachtungen. Die Resultate werden einerseits für bereits existierende Teleskope, andererseits für den geplanten Bau des European Extremely Large Telescope (E-ELT) genutzt werden.
Die Europäische Südsternwarte ESO (European Southern Observatory) ist die führende europäische Organisation für astronomische Forschung und das wissenschaftlich produktivste Observatorium der Welt. Voraussetzung für diese herausragenden Forschungsleistungen ist eine intensive Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie, denn nur speziell entwickelte Teleskope und Instrumente schaffen die Basis für die astronomische Spitzenforschung der ESO. Die in Österreich entwickelten Softwaremodule werden zur Teleskopsteuerung genutzt und als integraler Bestandteil der ESO-Datenreduktionssoftware der internationalen ForscherInnengemeinschaft zur Verfügung stehen.
Leistungsfähige Algorithmen zur Spiegelkorrektur des geplanten E-ELT
Das im Oktober 2009 gestartete vierjährige, mit über zwei Millionen Euro dotierte Projekt wird von Ronny Ramlau, Professor am Institut für Industriemathematik der Universität Linz, koordiniert. Es handelt sich dabei um eine Kooperation des Institutes für Industriemathematik, des Johann Radon Institute for Computational and Applied Mathematics (RICAM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Linz) und des Industrial Mathematics Competence Center (Linz). Das RICAM wird von Heinz W. Engl, Vizerektor der Universität Wien, geleitet.
Bei der Aufnahme von astronomischen Bildern mit erdgebundenen Teleskopen muss das Licht zunächst die Atmosphäre durchqueren. Dabei kommt es aufgrund von Turbulenzen in der Atmosphäre, die etwa durch Temperaturunterschiede hervorgerufen werden, zu einem Qualitätsverlust der Bilder. Um die Qualität der gemessenen Bilder zu verbessern, wurde 1977 die Adaptive Optik entwickelt, deren Prinzip einfach ist: Das vom Teleskop gesammelte Licht wird auf einen biegbaren Spiegel geleitet. Ein bekanntes helles Objekt (Natural Guide Star) sollte durch das Teleskop als Punkt abgebildet werden. Auf Grund der atmosphärischen Störungen ist dies jedoch nicht der Fall.
Bei der Adaptiven Optik versucht man, den biegbaren Spiegel so zu deformieren, dass das Bild des bekannten Sternes wieder als Punkt erscheint. Ist dies gewährleistet, so erscheinen alle Objekte in der Umgebung des bekannten Sterns scharf. Die eigentliche Herausforderung ist die Berechnung der optimalen Verbiegung des Spiegels aus dem gemessenen unscharfen Bild. Da sich die Turbulenzen in der Atmosphäre ständig ändern, müssen die Spiegel ständig neu korrigiert werden. Die in Linz entwickelte Software wird vor allem zur Spiegelkorrektur des geplanten E-ELT in Einsatz kommen.
Neue Software zur Analyse astronomischer Beobachtungen
Werner Zeilinger, Professor für Astronomie der Universität Wien, koordiniert einen ESO-Softwareentwicklungsauftrag zur Erstellung von astrometrisch und photometrisch korrekten
Bildkompositen. Bei dem dreijährigen, mit 1,6 Millionen Euro finanzierten Projekt arbeiten das Institut für Astronomie der Universität Wien, die Numerical Harmonic Analysis Group (NuHAG), geleitet von Hans G. Feichtinger, Professor am Institut für Mathematik der Universität Wien, und die Gruppe um Stefan Kimeswenger, Professor am Institut für Astro- und Teilchenphysik der Universität Innsbruck, zusammen.
Die an einem Teleskop durch einen elektronischen Detektor aufgenommenen Beobachtungsdaten müssen vielfältig kalibriert und von Bildstörungen befreit werden, bevor sie wissenschaftlich ausgewertet werden können. Die zunehmende Komplexität von Instrumenten und Teleskopen stellt die Analyse von astronomischen Beobachtungsdaten vor neue Herausforderungen, denn die zunehmend größeren Datenmengen müssen im Rahmen der Datenreduktion eine Vielzahl von Korrekturen und Eichungen durchlaufen. Das Projekt umfasst die Entwicklung von Algorithmen im Rahmen von Softwaremodulen in kritischen Bereichen der Datenreduktion von astronomischen Bildern und Spektren. So werden z.B. Algorithmen zur Erstellung von astrometrisch und photometrisch korrekten Bildkompositen entwickelt, die sich aus einer Vielzahl von Einzelbildern zusammensetzen. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Identifikation von schwachen Quellen, die im "verrauschten" Hintergrundsignal enthalten sind.
Darüber hinaus werden die Einflüsse der Erdatmosphäre auf astronomische Beobachtungen studiert. Es wird dafür ein dynamisches, an die Wetterbedingungen anpassungsfähiges Modell des Strahlungstransportes durch die Luftschichten erstellt. So werden Absorptionen und Emissionen von Molekülen und Aerosolen exakt beschrieben.
Weitere Informationen:
http://www.eso.org
http://www.uibk.ac.at/eso
http://esosoft.univie.ac.at
http://www.nuhag.eu
http://www.ricam.oeaw.ac.at
http://www.mathconsult.co.at/imcc
http://astro.uibk.ac.at
http://www.eso.org/public/austria/index.html
Kontakte
Ao. Univ.-Prof. Dr. Werner Zeilinger
Institut für Astronomie
Universität Wien
1180 Wien, Türkenschanzstraße 17
T +43-1-4277-518 65
werner.zeilinger(at)univie.ac.at
http://astro.univie.ac.at
Univ.-Prof. Dr. Ronny Ramlau
Institut für Industriemathematik
Johannes Kepler Universität Linz
4040 Linz, Altenbergerstraße 69
T +43-732-2468-9219
ronny.ramlau(at)jku.at
http://www.indmath.uni-linz.ac.at
Rückfragehinweis:
Mag. Cornelia Blum
Universität Wien
Pressesprecherin Rektorat
T +43-1-4277-100 12
M +43-664-602 77-100 12
cornelia.blum(at)univie.ac.at