Digitale und interaktive Betrachtung von Kunstwerken steigert die Freude der Menschen an der Kunst

Abb. 1: Bei dem Experiment hatten Betrachter*innen etwa die Möglichkeit die Kunstwerke zu vergrößern und sie so besonders genau anzusehen. (C: ARTMYN)

Die Erinnerung an die Kunstwerke wurde jedoch durch die Interaktionsmöglichkeit nicht positiv beeinflusst

Eine neue Studie unter der Leitung der Psycholog*innen Domicele Jonauskaite und Helmut Leder von der Universität Wien und Christine Mohr von der Universität Lausanne untersuchte, wie die interaktive Erkundung von extrem hochauflösenden Reproduktionen von Gemälden und Kulturgütern das ästhetische Empfinden der Benutzer*innen beeinflusst. Sie kamen zu dem Schluss, dass die neuartige interaktive Technologie die Beschäftigung mit Kunst fördert, indem sie sie interessanter und angenehmer erscheinen lässt. Die Erinnerung an die betrachteten Kunstwerke wurde dadurch jedoch nicht verbessert.

Digitale Technologien verändern die Art und Weise, wie Menschen sich mit der Welt um sie herum auseinandersetzen. Auch Museen passen sich diesem technologischen Fortschritt an, indem sie ihre Sammlungen durch Technologien einem breiteren Publikum zugänglich machen und interaktiv gestalten, etwa Kunstwerke, die sich Augmented Reality bedienen oder komplett virtuelle Ausstellungen.

In Interaktion mit Kunstwerken

In der aktuellen Studie arbeiteten die Forscher*innen mit dem Schweizer Start Up ARTMYN, das an der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL) gegründet wurde, zusammen. Durch neuartige, computergestützte Bildgebungslösungen können hochauflösende Scans von Kunstwerken und Kulturgütern erstellt werden und eine Auflösung von bis zu einer Milliarde Pixel erreichen. Die dreidimensionalen, digitalen Scans können dann interaktiv und individuell erkundet werden. Betrachter*innen können tief in die Kunstwerke und Kulturgüter hineinzoomen, um die Reliefs der Pinselstriche zu sehen und die Materialität zu schätzen. Durch Bewegen und Drehen kann das Kunstwerk sogar aus jedem Blickwinkel betrachtet werden. Auch die Beleuchtung kann von den Betrachter*innen virtuell verändert werden, so wie es ein Kurator*innen mit dem echten Artefakt tun würde.

Die Forscher*innen untersuchten, ob solche interaktiven Funktionen das Kunstverständnis und die Erinnerung an das Kunstwerk fördern würden. Sie führten zwei Forschungsstudien durch – eine Studie im Labor und eine Feldstudie im Museum Fondation Martin Bodmer. Die Ergebnisse stellen einer interaktiven Auseinandersetzung ein durchaus positives Zeugnis aus: Durch die Interaktion hatten die Betrachter*innen mehr Freude und Interesse an den Werken als bei der rein physischen Betrachtung der Werke. Sie setzten sich intensiver mit den Stücken auseinander und hatten auch das Gefühl, mehr zu lernen, wenn sie die Möglichkeit hatten, digital mit den Kunstwerken und kulturellen Objekten zu interagieren. Allerdings trug die digitale Technologie nicht dazu bei, dass sie sich die Stücke besser merken konnten. Die Nutzer waren auch motiviert, die Technologie ihren Freunden zu empfehlen und sie in Zukunft zu nutzen.

Vielversprechendes Werkzeug zur Erkundung von Kunstwerken

Die Wissenschafter*innen zeigen in der aktuellen Studie also ein vielversprechendes interaktives digitales Werkzeug zur Erkundung von Kunstwerken und kulturellen Objekten. "Es könnte ein neues Instrument für Museen sein, die ihre Besucher für ihre Sammlungen begeistern und neue Besucher anziehen wollen. Es könnte sich aber auch im Bildungs- und Marketingbereich als vorteilhaft erweisen, indem es das Lehren und Lernen erleichtert oder den Verkauf von Kunstwerken auf Auktionen ankurbelt. Die Technologie bietet auch zahlreiche technische Anwendungsmöglichkeiten, wie die bessere Lesbarkeit einiger Kulturgüter, zum Beispiel Keilschrifttafeln, die bessere Erkennung von Schäden und genauere und einfachere Authentifizierungsverfahren", sagt die Erstautorin Domicele Jonauskaite von der Universität Wien. 

Originalpublikation:

Jonauskaite, D., Dael, N., Baboulaz, L., Chèvre, L., Cierny, I., Ducimetière, N., Fekete A., Gabioud, P., Leder, H., Vetterli, M., & Mohr C. (im Druck). Interactive digital engagement with visual artworks and cultural artefacts enhances user aesthetic experiences in the laboratory and museum. International Journal of Human-Computer Interaction.  

Abb. 1: Bei dem Experiment hatten Betrachter*innen etwa die Möglichkeit die Kunstwerke zu vergrößern und sie so besonders genau anzusehen. (C: ARTMYN)

Wissenschaftlicher Kontakt

Univ.-Prof. Dr. Helmut Leder

Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden
Universität Wien
1010 - Wien, Liebiggasse 5
T +43-1-4277-47110
helmut.leder@univie.ac.at

Dr. Domicele Jonauskaite

Institut für Psychologie der Kognition, Emotion und Methoden Fakultät für Psychologie
1010 - Wien, Liebiggasse 5
+43-1-4277-47107
domicele.jonauskaite@univie.ac.at

Rückfragehinweis

Theresa Bittermann

Media Relations, Universität Wien
1010 - Wien, Universitätsring 1
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theresa.bittermann@univie.ac.at