Die Bedeutung von Mikrobiomen für die planetare Gesundheit verstehen

Cluster of Excellence "Microbiomes Drive Planetary Health" an der Universität Wien

Microbiomes drive Planetary Health: Unter diesem Titel bündeln 30 Wissenschafter*innen um den Uni Wien-Mikrobiologen Michael Wagner ihre Kompetenzen. Gemeinsam möchten sie erforschen, wie Mikrobiome – spezifische Gemeinschaften von Mikroorganismen, die alle Ökosysteme, Tiere, Pflanzen und den Menschen besiedeln – die Gesundheit unseres Planeten steuern und mit diesem Wissen das Verständnis des globalen Wandels und Lösungen für eine nachhaltige Zukunft entscheidend voranbringen. 


Bakterien, Archaeen, Viren, Pilze und Protozoen machen als "Mikrobiom" gemeinsame Sache: Sie bilden die Grundlage der Biosphäre, regeln die globalen Stoffkreisläufe, reinigen Wasser und Luft, beeinflussen unser Klima und helfen uns bei der Nahrungsmittelproduktion. Mikroben besiedeln jede Nische in und auf den Körpern von Pflanzen und Tieren. Die mikrobiellen Gemeinschaften sind auch Teil des menschlichen Körpers und unter anderem in unserem Darm zu Hause. Dort können sie Krankheiten vorbeugen, die Wirksamkeit von Medikamenten beeinflussen, das Körpergewicht regulieren und unser Verhalten (mit-)steuern. Wie genau diese winzig kleinen Mikroben dies tun, wie sie ticken, miteinander und anderen Organismen interagieren, und wie sie auf Störungen reagieren ist bisher nur bruchstückhaft erforscht.

Was ist die Exzellenzinitiative?

Mit der Exzellenzinitiative excellent=austria schlägt Österreich ein neues Kapitel in der Grundlagenforschung auf: Fünf Exzellenzcluster werden ab Sommer bzw. Herbst 2023 an elf Standorten kooperative Projekte in noch nie dagewesener Dimension starten. Forschende erhalten die Möglichkeit, herausragende Forschungsleistungen auf einem Gebiet oder auch interdisziplinär zu erreichen und dieses Forschungsfeld auf internationalem Top-Niveau langfristig in Österreich zu verankern. Die Universität Wien ist an allen fünf neu bewilligten Clusters beteiligt.

Sieben Forschungseinrichtungen, ein Ziel – das Mikrobiom verstehen

Um diese Forschungslücken zu schließen, kooperieren im Rahmen des Exzellenzclusters des FWF 30 Wissenschafter*innen verschiedener Fachgebiete. "Wir freuen uns sehr, dass wir die Gelegenheit erhalten, mit unserem Vorhaben die Mikrobiomforschung und die Forschung zur planetaren Gesundheit– zwei der wichtigsten Forschungsbereiche des 21. Jahrhunderts – zusammenführen und weiterentwickeln", betont Michael Wagner, Scientific Director des Clusters.

Neben der Universität Wien sind das Austrian Institute of Technology (AIT), das Institute of Science and Technology Austria (ISTA), die Medizinische Universität Graz, die Österreichische Akademie der Wissenschaften mit dem Forschungszentrum für Molekulare Medizin (CeMM), die Technische Universität Wien und die Johannes Kepler Universität Linz mit an Bord.

"In unserem Exzellenzcluster schaffen wir völlig neue Synergien, indem wir die Grenzen zwischen roter und grüner Mikrobiomforschung in Österreich auflösen und somit direkt Medizin mit Umweltforschung verknüpfen. Wir wollen die Grundprinzipien von Mikrobiomen verstehen lernen, um dann durch deren Modellierung und gezielte Beeinflussung die planetare Gesundheit stärken. Wir sind entschlossen, gemeinsam einige der drängendsten Fragen der planetaren Gesundheit aus der Perspektive des Mikrobioms anzugehen", fügt er hinzu.

Für eine nachhaltige Zukunft

Michael Wagner und seine Kolleg*innen am Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft an der Universität Wien haben in Österreich Pionierarbeit im Bereich der Funktionsanalyse von Mikrobiomen geleistet und bereits bahnbrechende Erkenntnisse gewonnen. So gelang ihnen 2015 mit der erstmaligen Beschreibung der Comammox-Bakterien ein großer Coup: Die Entdeckung dieser ungewöhnlichen Ammoniakfresser sorgte für ein Umdenken in der mikrobiologischen Forschung zum Stickstoffkreislauf und eröffnete neue Ansätze für eine nachhaltigere Landwirtschaft und Abwasserreinigung.

Mit der Task Force zur Planetary Health gehen sie einen Schritt weiter: Wenn es den Forscher*innen gelingt, gemeinsame Grundprinzipien der Interaktionen und Störungsantworten von Umwelt-Mikrobiomen und Mikrobiomen des Menschen zu entschlüsseln, kann der globale Wandel genauer vorhergesagt werden und gleichzeitig die Mikrobiome – im Dienst der Gesundheit des Menschen und der Umwelt – gezielt beeinflusst werden. "Dies ist unerlässlich, um die Erde in eine nachhaltigere Zukunft zu navigieren", so die Einschätzung Michael Wagners.

Board of Directors und beteiligte Forschungsstätten

  • Michael Wagner (Director of Research, Universität Wien) 
  • Andreas Bergthaler (Österreichische Akademie der Wissenschaften, CeMM)
  • Christina Kaiser (Universität Wien)
  • Bernhard Lendl (Technische Universität Wien)
  • Christine Moissl-Eichinger (Medizinische Universität Graz)
  • Alexander Moschen (Universität Linz)
  • Leonid Sazanov (Institute of Science and Technology Austria)
  • Angela Sessitsch (Austrian Institute of Technology)

Fördersumme FWF: 21 Millionen Euro

Beteiligte Wissenschafter*innen der Universität Wien:


V.l.n.r., 1. Reihe: Michael Wagner, Christine Moissl-Eichinger, Andreas Bergthaler, Christina Kaiser, Bernhard Lendl, Alexander Moschen; 2. Reihe: Leonid Sazanov, Angela Sessitsch, David Berry, Ruth Birner-Grünberger, Thomas Böttcher, Clarissa Campbell; 3. Reihe: Holger Daims, Kristina Djinović-Carugo, Peter Ertl, Gregor Gorkiewicz, Peter Hinterdorfer, Thilo Hofmann; 4. Reihe: Matthias Horn, Katharina Kitzinger, Stephan Krämer, Alexander Loy, Jillian Petersen, Petra Pjevac; 5. Reihe: Martin Polz, Thomas Rattei, Andreas Richter, Isabella Wagner, Wolfgang Wanek, Dagmar Woebken © Ludwig Schedl

Über Michael Wagner

Michael Wagner ist mehrfach ausgezeichneter Professor für mikrobielle Ökologie (darunter ERC-, Schrödinger- und Wittgenstein-Preis) und stellvertretender Leiter des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft der Universität Wien, dem er als Gründungsdirektor vorstand. Auf Twitter ist er unter @MichiWagner4 zu finden.