Delfine "singen" mit der Nase

Eine Druckgrafik eines singenden Delfins in einem Smoking.

Bioakustische Forschung zur Stimmproduktion zeigt Ähnlichkeiten zwischen Zahnwalen und Menschen

Die Stimmproduktion bei Zahnwalen – zu denen auch die Delfine gehören – erfolgt nach einem ähnlichen physikalischen Mechanismus wie beim Menschen. So lautet das Ergebnis einer aktuellen Studie: Biophysiker und Stimmforscher Christian Herbst vom Department für Verhaltens- und Kognitionsbiologie der Universität Wien kommentiert im renommierten Journal Science die Ergebnisse dieser Arbeit und betont, wie wichtig kombinierte Forschungsansätze sind, um die akustische Welt um uns herum zu verstehen.

Stimmige Evolution

Zahnwale verwenden ihre Stimme zur Kommunikation mit Artgenossen und auch als Biosonar, um durch die Meere zu navigieren und Nahrung zu finden. Eine aktuell in Science veröffentlichte Arbeit von Madsen et al. zeigt nun erstmals im Detail, wie die dafür nötigen Stimmklänge im Nasengang der Tiere erzeugt werden. Überraschenderweise ist der physikalische Mechanismus zur Stimmproduktion bei den Zahnwalen ähnlich wie jener bei Menschen und anderen Säugetieren – und das, obwohl sich ihr Stimmorgan nicht im Hals, sondern in der Nase befindet.

Christian Herbst und sein Kollege Andrea Ravignani vom Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen (NL) diskutieren in ihrem Kommentar die Besonderheit dieser evolutionären Entwicklung. "Beim Menschen und fast allen anderen Säugetieren wird der Stimmklang durch zyklische Schwingung von Gewebe produziert," erklärt Herbst. Dabei wird die aerodynamische Energie der stimmhaften Ausatmung in akustische Energie umgewandelt. Dieser physikalische Mechanismus ist aus evolutionsstrategischer Sicht so erfolgreich, dass sich die Stimmapparate verschiedener Tiere in unterschiedlichen Lokalisationen im Körper entwickeln konnten: bei Menschen und Säugetieren im Hals (Kehlkopf), bei Vögeln im Brustraum (Syrinx) und – wie aktuell beschrieben – bei Zahnwalen in der Nase. 

Stimmliche Register

Interessanterweise gibt es sogar noch weitere konvergente Entwicklungen bei der Stimmproduktion von Zahnwalen und Menschen: Die drei in der Studie beschriebenen Mechanismen der Stimmproduktion sind physikalisch den sogenannten Stimmregistern beim Menschen sehr ähnlich. Diese Stimmregister – wie unter anderem "Bruststimme" oder "Kopfstimme" – sind sowohl in der Sprache als auch beim Gesang wichtig und beispielsweise beim Jodeln oder beim versehentlichen "Kieksen" der Stimme bei Buben im Stimmbruch gut als unterschiedlich wahrnehmbar. Zahnwale besitzen also prinzipiell ähnlich diverse Fähigkeiten zur Stimmproduktion wie der Mensch. "Es ist beeindruckend, dass viele Säugetiere physikalisch vergleichbare stimmliche Möglichkeiten wie Menschen besitzen und diese auch in non-verbaler Kommunikation entsprechend einsetzen", meint Herbst. "Dass wir aber die Stimme darüber hinaus verwenden können, um etwa Oper oder Heavy Metal zu singen, macht uns einzigartig im Tierreich."

Publikation in Science:

Andrea Ravignani, Christian T. Herbst: Voices in the ocean. Science, 2023.

Wissenschaftlicher Kontakt

Dr. Christian Herbst

Department für Kognitionsbiologie
Universität Wien
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christian.herbst@univie.ac.at

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