Das Eurasische Wunder entdecken

Cluster of Excellence "Eurasian Transformations"

Im Exzellenzcluster "Eurasian Transformations" unter der Leitung der Byzantinistin Claudia Rapp (Österreichische Akademie der Wissenschaften und Universität Wien) untersucht ein internationales Team aus 31 Wissenschafter*innen das kulturelle Erbe und historische Transformationsprozesse in der Region "Eurasien". Seitens der Universität Wien sind auch der Osteuropaexperte Oliver Jens Schmitt und die Sprachwissenschafterin Melanie Malzahn im Board of Directors vertreten.


Die Großregion Eurasien erstreckt sich von Mitteleuropa bis nach Asien. Hier hat sich in den letzten 3.000 Jahren das sogenannte "Eurasische Wunder" entwickelt – historische Transformationsprozesse, die bis in die moderne Zeit hineinwirken. Umweltveränderungen, Mobilität und Migration haben die Wirtschaft und das Leben der Menschen beeinflusst. "Unser gemeinsames Ziel im neuen Cluster of Excellence ist die historische Tiefenerfassung einer Großregion, die einerseits durch eine faszinierende kulturelle Vielfalt gekennzeichnet ist und andererseits auf vielfältige Weise groß- und kleinräumig verbunden war", erzählt Byzantinistin Claudia Rapp, die das Forschungsnetzwerk als Director of Research koordiniert.

Das Cluster "Eurasian Transformations", kurz EurAsia, besteht aus 31 Wissenschafter*innen, denen es insbesondere ein Anliegen ist, "auch jenseits der akademischen Institutionen und ganz besonders bei jüngeren Generationen ein tieferes Verständnis für historische und kulturelle Dimensionen dieser Region zu wecken", betont Rapp, die am Institut für Mittelalterforschung der ÖAW und dem Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Uni Wien forscht und 2015 mit dem Wittgenstein-Preis des FWF ausgezeichnet wurde.

Kulturelles Erbe einer Großregion aufarbeiten

Denn bis heute ist das kulturelle Erbe Eurasiens nicht gänzlich erforscht, und die verfügbaren historischen Quellen sind zudem in vielen verschiedenen Sprachen erhalten. Um es aufzuarbeiten, sei es deshalb nötig, neue Analysemethoden zu entwickeln und neue Fragen zu stellen, so die Byzantinistin weiter: "In welchen Bezügen stand Europa zu Asien? Wie haben sich ethnische, religiöse und staatliche Identitäten in Dialog und Auseinandersetzung, ja auch Abgrenzung von anderen herausgebildet? Und welche Kommunikationswege gab es?"

Was ist die Exzellenzinitiative?

Mit der Exzellenzinitiative excellent=austria schlägt Österreich ein neues Kapitel in der Grundlagenforschung auf: Fünf Exzellenzcluster werden ab Sommer bzw. Herbst 2023 an elf Standorten kooperative Projekte in noch nie dagewesener Dimension starten. Forschende erhalten die Möglichkeit, herausragende Forschungsleistungen auf einem Gebiet oder auch interdisziplinär zu erreichen und dieses Forschungsfeld auf internationalem Top-Niveau langfristig in Österreich zu verankern. Die Universität Wien ist an allen fünf neu bewilligten Clusters beteiligt.

Geschichte und Gegenwart sind vernetzt

"Der Begriff 'Eurasien' spielt derzeit auch politisch bei manchen russischen Vordenkern eine wichtige Rolle", erklärt Rapp: "Hier ist es besonders wichtig aufzuzeigen, wie derartige Begrifflichkeiten entstanden sind, um sie dann kritisch unter die Lupe zu nehmen." Das Cluster EurAsia nimmt diese Gegenwartsthemen auf und erforscht sie im Rahmen einer historischen Vernetzungsgeschichte und vergleichenden Kulturgeschichte.

Kenntnisse der relevanten Originalsprachen und verantwortungsvoller Umgang mit dem kulturellen Erbe sind hier unerlässlich." Claudia Rapp

Wissenschaftliche Expertise in Österreich bündeln

Im Exzellenzcluster arbeiten Forscher*innen der ÖAW, der Universitäten Wien und Innsbruck sowie der Central European University zusammen. "Das ermöglicht uns die Bündelung von wissenschaftlichen Expertisen an akademischen Institutionen verschiedenster Art innerhalb Österreichs. Doktorand*innen und Nachwuchswissenschafter*innen haben so die Möglichkeit, von einem breiten Spektrum an Kompetenzen zu profitieren, das zusätzlich noch durch den Dialog mit Partnern im Ausland erweitert wird", freut sich Rapp.

In der Koordinationsarbeit wird Claudia Rapp von einem Board of Directors (BOD) unterstützt, in dem jede der Partnerforschungsstätten vertreten ist; seitens der Uni Wien sind der Osteuropaexperte Oliver Jens Schmitt und die Sprachwissenschafterin Melanie Malzahn hier mit dabei. Von der Universität Wien als Key Researchers mit im Team des neuen Forschungsnetzwerks sind der Papyrologe und Althistoriker Bernhard Palme, die Archäologin Naoise Mac Sweeney, der Osteuropahistoriker Wolfgang Mueller, die Wirtschafts- und Sozialhistorikerin Juliane Schiel, der Kunsthistoriker Lukas Nickel, der Turkologe Yavuz Köse, der Altorientalist Michael Jursa sowie die Turkologin Jeanine Dagyeli.

Board of Directors und beteiligte Forschungsstätten

  • Claudia Rapp (Director of Research, Österreichische Akademie der Wissenschaften)
  • Birgit Kellner (Österreichische Akademie der Wissenschaften)
  • Tijana Krstić (Central European University)
  • Melanie Malzahn (Universität Wien)
  • Walter Pohl (Österreichische Akademie der Wissenschaften)
  • Robert Rollinger (Universität Innsbruck)
  • Oliver Jens Schmidt (Universität Wien)

FWF-Fördervolumen: 9,2 Millionen Euro

Über Claudia Rapp

Claudia Rapp ist seit 2011 Professorin am Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien und seit 2022 Direktorin des Instituts für Mittelalterforschung der ÖAW. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Kultur- und Geistesgeschichte, Sozial- und Religionsgeschichte, Ritual und Kommunikation, Schriftkultur und Spätantike. Rapp untersucht die soziale und kulturelle Vergangenheit von Byzanz. 2015 wurde sie mit dem Wittgenstein-Preis des FWF ausgezeichnet. Mehr zur Forschung von Claudia Rapp (Wissenschaftsmagazin Rudolphina, Juli 2019)