Bringt Weltraumschrott die BRITE-Constellation in ernste Gefahr?
04. August 2014Derzeit verrichten im Rahmen der BRITE-Constellation vier Nanosatelliten ihren Dienst im Weltraum für AstrophysikerInnen in Österreich, Kanada und Polen. Die beiden Nanosatelliten UniBRITE und BRITE-Austria kommen aus Österreich. Die im Februar 2013 gestartete Mission gerät immer wieder in erhebliche Gefahr: Der Grund dafür ist Weltraumschrott, mit dem die Satelliten zusammenstoßen könnten. Aktuell erreichte die Astrophysiker der Universität Wien die Nachricht, dass ein Schrottteil eines chinesischen Wettersatelliten morgen Dienstag, 5. August 2014, UniBRITE, dem Satelliten der Universität Wien, auf etwa neun Meter nahe kommen wird. Das gesamte Forschungsteam hofft nun, dass es zu keinem Zusammenstoß kommen wird.
Vier Nanosatelliten verrichten bereits ihren Dienst im Weltraum im Rahmen astrophysikalischer Forschungsprojekte in Österreich, Kanada und Polen. UniBRITE, der Satellit der Universität Wien, und BRITE-Austria, jener der Technischen Universität Graz, wurden am 25. Februar 2013 von Indien aus gestartet – Österreich war damit erstmals Satelliten-Startland. Am 21. November 2013 folgte der erste polnische Satellit, BRITE-Lem, mit einem Start von Russland. Am 13. Juni 2014 wurden zwei baugleiche kanadische BRITE-Satelliten (BRITE-Toronto und BRITE-Montreal) ebenfalls von Russland aus auf ihre Mission geschickt. Der Start des zweiten polnischen Satelliten, BRITE-Heweliusz, ist für 19. August 2014 von China aus geplant. Das wird den Aufbau dieses Netzwerks von Kleinsatelliten mit dem Ziel der Präzisionsphotometrie von hellen Sternen im roten und blauen Farbbereich vorläufig zu einem Abschluss bringen.
"Auf unsere Satellitenflotte lauern eine Menge Gefahren, z.B. die Kollisionen mit Weltraumschrott. Die zunehmende Nutzung des Weltraums produziert immer mehr Weltraummüll, der eine Gefahr für das langfristige Funktionieren der Satelliten, ja sogar für die Nutzbarkeit des Weltraums überhaupt bedeutet. Dieser 'Müll' sind nicht nur funktionslose Satelliten, sondern auch abgestoßene Raketenteile und andere materielle Rückstände", so Werner Weiss, Astrophysiker an der Universität Wien.
Juristin der Universität Wien entwickelt internationale Rechtsnormen bzgl. Weltraummüll
An der Beseitigung der von Weltraummüll ausgehenden Gefahr wird derzeit mit zweierlei Strategien gearbeitet: die physische Beseitigung des Weltraummülls durch technische Maßnahmen sowie rechtliche Regelungen, um künftig Weltraummüll überhaupt zu verhindern. Beides ist aber noch im Entwicklungsstadium. An den technischen Verfahren wird noch experimentiert, und zur Vermeidung von Weltraummüll gibt es derzeit nur unverbindliche Richtlinien. Die Verhandlungen im Rahmen von UNCOPUOS (United Nations Commitee on the Peaceful Uses of Outer Space Law) über weiterreichende rechtliche Regelungen gehen leider nur zögerlich voran. Von österreichischer Seite ist Irmgard Marboe, Leiterin der Kontaktstelle für Weltraumrecht des European Centre for Space Law der Europäischen Weltraumagentur (ESA) bemüht, an der Entwicklung von Rechtsnormen mitzuwirken. Marboe ist an der Abteilung für Völkerrecht und Internationale Beziehungen der Universität Wien tätig.
US-amerikanisches Warnsystem Space-Track
Die US-amerikanische Organisation Space-Track, kurz nach dem Start von Sputnik I am 4. Oktober 1957 gegründet, hat die Aufgabe, Weltraummüll in Evidenz zu halten und brisante Beobachtungen zu melden. "Für UniBRITE erreichte uns von Space Track die Nachricht, dass COSMOS 372, ein 1970 gestarteter russischer Nachrichtensatellit, am 5. August bis auf etwa 860 m nahe kommen wird und somit keine nennenswerte Gefahr für UniBRITE darstellt. Anders verhält es sich jedoch mit FENGYUNG 1C, einem 1999 gestarteten chinesischen Wettersatelliten. Dieser wurde im Jänner 2007 im Rahmen eines chinesischen Anti-Satelliten-Raketentests zerstört. Übrig blieben zahllose Weltraumschrottteile, die Aktion ist auf große internationale Kritik gestoßen. Einer dieser Schrotteile wird UniBRITE ebenfalls morgen Dienstag, 5. August, auf nur etwa neun Meter nahe kommen. „Wir können nur hoffen, dass es zu keinem Zusammenstoß kommen wird", so Astrophysiker Werner Weiss.
Vier der bislang gestarteten fünf BRITE-Satelliten arbeiten bereits an der Erforschung des inneren Aufbaus und der Entwicklung von Sternen. An der Publikation der ersten wissenschaftlichen Ergebnisse wird derzeit intensiv gearbeitet. Lediglich mit dem kanadischen BRITE-Montreal konnte bis dato noch kein Kontakt hergestellt werden. Astrophysiker Werner Weiss dazu: "Wir vermuten, dass wegen einer technischen Panne unmittelbar nach dem Freisetzen von BRITE-Toronto dieser Satellit nicht von der Endstufe der Trägerrakete abgelöst wurde. Der Verlust eines Nanosatelliten von insgesamt sechs ist zwar schmerzlich, erlaubt es aber dennoch, die wissenschaftlichen Ziele von BRITE-Constellation zu erreichen."
Wissenschaftlicher Kontakt
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