2 ERC Advanced Grants für die Universität Wien

Förderung für Soziologin Anna Durnová und Mikrobiologin Dagmar Woebken

Zwei ERC Advanced Grants, die mit bis zu 2,5 Millionen Euro dotiert sind, gehen an die Universität Wien: Soziologin Anna Durnová und Mikrobiologin Dagmar Woebken erhalten die prestigeträchtige Förderung für ihre Forschung. Damit wurden insgesamt bereits 149 ERC Grants an die Universität Wien vergeben. Mit dem Programm des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC) wird grundlagenorientierte Pionierforschung mit hohem Innovationspotenzial ermöglicht. Ein weiterer ERC Advanced Grant geht an Alwin Köhler, Leiter der Max Perutz Labs, dem Joint Venture von Universität Wien und Medizinischer Universität Wien. 

"Ich gratuliere den neuen ERC-Preisträger*innen zu diesem herausragenden Erfolg. Anna Durnová, Dagmar Woebken und Alwin Köhler zeigen mit ihren Projekten, wie vielseitig Spitzenforschung an der Universität Wien aufgestellt ist", so Rektor Sebastian Schütze. 

Gesellschaftliche Antworten auf Einsamkeit

Einsamkeit wird zunehmend als zentrale gesellschaftliche Herausforderung erkannt – nicht nur als individuelles Gefühl, sondern auch als Faktor, der Gesundheit, sozialen Zusammenhalt und Vertrauen in Institutionen beeinflusst. In ihrem ERC-geförderten Forschungsprojekt LONERS geht die Soziologin Anna Durnová der Frage nach, wie Einsamkeit emotional erlebt wird und wie sie in gesellschaftlichen Debatten verhandelt und von Institutionen aufgegriffen wird. Um die vielfältigen Emotionen in diesem Kontext besser zu verstehen, verbindet das Projekt Einsamkeitsforschung mit emotionssoziologischen Ansätzen. Ziel ist es, ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wie emotionale Erfahrungen gesellschaftlich und politisch verhandelt werden und welche Folgen dies für die Regulierung von Privatsphäre hat. Ist Einsamkeit nur ein vorübergehendes Gefühl, das man durch Achtsamkeit oder bewussten Perspektivenwechsel selbst überwinden kann? Ab wann wir sie zu einem Risiko für die betroffene Person und ihr Umfeld, so dass ein Eingreifen von außen gerechtfertigt ist? Dabei wird untersucht, in welchen Momenten institutionelle Unterstützung notwendig sein könnte und wie dabei die Privatsphäre in Spiel kommt. Ziel ist es, ein neues Verständnis der "Politik der Privatsphäre" zu entwickeln, das Wege aufzeigt, wie das emotionale Wohlbefinden in einer zunehmend individualisierten Gesellschaft geschützt werden kann.

LONERS basiert auf einer breit angelegten, empirischen Untersuchung, die Life-Story-Interviews, Analysen persönlicher Blogs sowie die Auswertung von Expert*innendebatten sowie politischen und wissenschaftlichen Diskursen umfasst. Die Forschung erstreckt sich über Österreich, die Slowakei, Italien und die Niederlande und erlaubt so einen internationalen Vergleich der Erfahrungen und institutionellen Umgangsweisen. LONERS liefert damit wertvolle Grundlagen, um gesellschaftliche Antworten auf Einsamkeit zu entwickeln sowie neue Einsichten in den Zusammenhang von Emotionen, gesellschaftlichen Normen und institutionellen Handlungsfeldern im Kontext von Einsamkeit zu gewinnen.

Über Anna Durnová

Anna Durnová ist Professorin für Politische Soziologie an der Universität Wien und Faculty Fellow am Yale University Center for Cultural Sociology. In ihrer Forschung widmet sie sich der Rolle von Emotionen in demokratischen Gesellschaften. Zuvor war sie u.a. als Elise-Richter-Stipendiatin am Institut für Höhere Studien in Wien tätig sowie an der Karlsuniversität Prag und der Universität Lyon. Sie habilitierte sich an Sciences Po Paris.

Sie leitete zahlreiche Projekte zu Demokratie und Emotionen und koordiniert aktuell das internationale Horizon-Europe-Projekt CIDAPE. Zu ihren Publikationen zählen The Politics of Intimacy (2018) und Understanding Emotions in Post-Factual Politics (2019). Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit ist sie auch publizistisch tätig, veröffentlichte 2022 ein populärwissenschaftliches Kinderbuch und ihr feministisches Theaterstück Hodina ženy wurde vom Divadlo Feste inszeniert. 2024 wurde sie mit dem Mattei Dogan Foundation Prize for European Political Sociology ausgezeichnet.

Wie wichtig Nebel, Tau und Wasserdampf für Bodenmikroben in der Wüste sind

Mehr als 40 Prozent der weltweiten Landfläche sind von Trockengebieten bedeckt. Durch Klimawandel und nicht nachhaltige Landwirtschaft wächst dieser Anteil jedoch stetig. In diesen extremen Lebensräumen übernehmen an das Wüstenklima angepasste Bodenmikroorganismen zentrale ökologische Aufgaben. Vor allem Mikroben an der Bodenoberfläche – in der sogenannten biologischen Bodenkruste – liefern Kohlenstoff und Stickstoff, zwei Schlüsselfaktoren für die Fruchtbarkeit des Bodens. Darüber hinaus tragen sie dazu bei, Wasser zu speichern und Bodenerosion zu verhindern.

Bislang wird angenommen, dass die mikrobielle Aktivität in trockenen Wüsten auf seltene, kurze und unvorhersehbare Regenfälle beschränkt ist. Bisher nicht im Fokus standen andere auch in der Wüste vorkommende Wasserquellen, nämlich Nebel, Tau und Wasserdampf-Adsorption. "Diese sind in vielen Wüsten häufiger als Regen und damit zuverlässigere Wasserquellen. Es ist jedoch kaum bekannt, ob Mikroorganismen diese Wasserquellen zur Reaktivierung nutzen können. Auch die damit verbundenen mikrobiellen Aktivitäten, und ihr Gesamtbeitrag zu mikrobiell gesteuerten Ökosystemprozessen sind weitestgehend unbekannt", erklärt die Mikrobiologin Dagmar Woebken.

In ihrem ERC-geförderten Forschungsprojekt WinMicAct werden Woebken und ihr Team die Bedeutung dieser sogenannten Nicht-Regenwassereinträge für mikrobielle Aktivitäten und die Erhaltung der mikrobiellen Diversität untersuchen. Durch räumliches Upscaling – also Hochskalieren auf Ebene des Ökosystems – soll der Beitrag dieser Aktivitäten im Vergleich zur regengetriebenen Aktivität abgeschätzt werden. All dies wird durch einen multidisziplinären Ansatz und in Kollaboration mit Wissenschafter*innen an der Universität Graz, in Israel und Spanien ermöglicht. Zusätzlich wird das Projekt durch den Klimawandel erwartete Veränderungen im Muster von Regen- und Nicht-Regenwassereinträgen berücksichtigen und kann damit die Grundlage für künftige Untersuchungen und Modellierungen der Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosystem-Prozesse in Trockengebieten schaffen.

Über Dagmar Woebken

Dagmar Woebken ist Assoziierte Professorin am Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft (CeMESS) an der Universität Wien. Woebken promovierte 2007 am Max-Planck-Institut (MPI) für Marine Mikrobiologie in Bremen, Deutschland, gefolgt von Postdoktorarbeiten u.a. an der Stanford University und dem NASA's Ames Research Center, USA. Sie kam 2012 an die Universität Wien, um ihre eigene Forschungsgruppe zu gründen, mit der sie die Anwendung von Einzelzellanalyse-Techniken in terrestrischen Systemen etablierte.

Woebkens Forschung am CeMESS konzentriert sich auf die terrestrische Mikrobiologie, von der Physiologie von Bodenmikroorganismen über deren Bedeutung in Stoffkreisläufen bis hin zu Pflanzen-Mikroorganismen Interaktionen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt darauf, wie Bodenmikroorganismen Stresssituationen, wie zum Beispiel Mangel an Nährstoffen oder Wasser, überdauern. Ziel ist es, die Bedeutung von Bodenmikroorganismen für das Funktionieren terrestrischer Ökosysteme zu verstehen, besonders auch im Hinblick von zunehmendem Trockenstress im Zuge des Klimawandels. Woebken erhielt bereits 2014 einen ERC Starting Grant zur Erforschung der Dormanz von Bodenmikroorganismen, WinMicAct ist nun ihr zweites ERC-gefördertes Projekt.

Advanced Grant für Leiter der Max Perutz Labs, Alwin Köhler

Alwin Köhler, Leiter der Max Perutz Labs und Professor für Molekularbiologie an der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien, erhält einen hochdotierten Advanced Grant, um zu erforschen, wie Zellen Kernporen in ihre Kernhülle einbauen, ohne diese zu beschädigen – ein Vorgang, der für das Leben aller höher entwickelten Organismen essenziell ist und bei dem Störungen krankheitsrelevant sein können. Im Zentrum der Forschung steht der sogenannte Kernporenkomplex. Der Grant wurde über die Medizinische Universität Wien eingeworben.

Abbildungen:

Abb. 1: Anna Durnová C: Eugenie Sophie

Abb. 2: Dagmar Woebken C: Ludwig Schedl/CeMESS

Rückfragehinweis

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