"Was geschah mit den Kindern?". Buchpräsentation und Vortrag zu Karriereverläufen von jungen Flüchtlingen des Jahres 1938

Am Dienstag, 24. Juni 2008, 18 Uhr, stellt das Institut Wiener Kreis in der Aula des Campus der Universität Wien das Buch "Was geschah mit den Kindern?" vor. Die Autoren, Gerhard Sonnert und Gerald Holton, beschreiben das Leben ehemaliger Flüchtlingskinder und dokumentieren ihre Berufskarrieren, die trotz psychischer Traumata und Nachwirkungen ihrer Verfolgung überaus positiv verlaufen sind. Herausgeber der neuen Publikation ist Friedrich Stadler, Professor für Zeitgeschichte der Universität Wien.

Bis heute stehen erwachsene Flüchtlinge – Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Kunst –, die während des Nationalsozialismus flüchten müssten, im Zentrum der Emigrations- und Exildiskurse. In der neuen Publikation werden jedoch die Lebensläufe von Kindern und Jugendlichen untersucht, die 1938 – oftmals ohne Eltern – ihr Heimatland verlassen mussten. Das Buch handelt von Personen, die in Österreich oder Deutschland zwischen 1918 und 1935 geboren und in den 1930er und 1940er Jahren in die USA geflüchtet waren. Die meisten waren zum Zeitpunkt der Flucht jünger als 18 Jahre.

Es gibt zahlreiche Autobiographien und journalistische Schilderungen von Mitgliedern dieser Flüchtlingsgruppe. Mit dem Buch wurde jedoch erstmals eine systematische, sozialwissenschaftliche Studie erstellt. Die Autoren Gerhard Sonnert und Gerald Holton – Holton selbst musste 1938 als Jugendlicher emigrieren – haben den Versuch unternommen, die wichtigsten Eckpunkte einer kollektiven Biographie dieser Gruppe zu bestimmen.

Die Publikation wurde aus amerikanischer Perspektive geschrieben, und deshalb bilden Leben und Karrieren in den USA den Schwerpunkt der Arbeit. Es wird analysiert, wie und weshalb sich diese jungen Flüchtlinge in der Regel besonders erfolgreich in Amerika eingliederten und dort in vielen Bereichen der Gesellschaft bedeutende Beiträge leisteten. Die Voraussetzungen dazu waren denkbar schlecht: kein Geld, keine ausreichenden Sprachkenntnisse und in vielen Fällen keine unterstützenden Eltern und Familienmitglieder. Die oft dramatischen Umstände von Verfolgung und Flucht werden zwar behandelt, stehen aber nicht im Zentrum der Untersuchung.

Die Autoren
Gerald Holton
(geb. 1922 in Berlin) wuchs in Wien auf und musste 1938 emigrieren. Er ist Mallinckrodt-Forschungsprofessor der Physik und Forschungsprofessor der Wissenschaftsgeschichte an der Harvard Universität. Seine hauptsächlichen Forschungsinteressen sind Hochdruckphysik, die Geschichte und Philosophie der Naturwissenschaften und die Karrieren junger WissenschafterInnen.
Sein jüngstes Werk ist Victory and Vexation in Science: Einstein, Bohr, Heisenberg, and Others (Harvard University Press). Einige seiner zahlreichen Bücher wurden ins Deutsche übersetzt: Thematische Analyse der Wissenschaft (Suhrkamp), Einstein, die Geschichte und andere Leidenschaften (Vieweg) sowie Wissenschaft und Anti-Wissenschaft (Springer).

Gerhard Sonnert arbeitete von 1988 bis 2007 als Wissenschaftssoziologe am Institut für Physik der Harvard Universität. Seither ist er am Harvard-Smithsonian-Zentrum für Astrophysik tätig. Außerdem lehrt er Soziologie an der Lesley Universität in Cambridge, Massachusetts. Ein Schwerpunkt seiner Forschungen sind die Karrieren von Frauen in den Naturwissenschaften.


Die Veranstaltungen im Überblick

16. Wiener Kreis Vorlesung: Gerald Holton (Harvard University). Einheit und Vielheit der Wissenschaften – Variationen eines Dauerthemas. Moderation: Friedrich Stadler (Universität Wien und Institut Wiener Kreis)
Zeit: Montag, 23. Juni 2008, 18 Uhr
Ort: Campus der Universität Wien, 1090 Wien, Spitalgasse 2, Hof 1, Aula

Buchpräsentation: "Was geschah mit den Kindern? Erfolg und Trauma junger Flüchtlinge, die von den Nationalsozialisten vertrieben wurden" von Gerhart Sonnert und Gerald Holton
LIT Verlag 2008, Reihe Emigration – Exil – Kontinuität, Schriften zur zeitgeschichtlichen Kultur- und Wissenschaftsforschung (Hg. Friedrich Stadler), Bd. 9
Begrüßung: Georg Winckler (Rektor der Universität Wien), Sylvia Mattl-Wurm (Direktorin der Wienbibliothek). Moderation: Alfred Pfoser (Wienbibliothek im Rathaus)
Zeit: Dienstag, 24. Juni 2008, 18 Uhr
Ort: Campus der Universität Wien, 1090 Wien, Spitalgasse 2, Hof 1, Aula


Rückfragehinweis
Mag. Veronika Schallhart
Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien
1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
T +43-1-4277-175 30
M +43-664-602 77-175 30
veronika.schallhart(at)univie.ac.at

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