Neue Fragestellung: Können eingeschleppte Pflanzen auch positive Auswirkungen haben?

Foto eines Staudenknöterichs

Wissenschafter*innen untersuchten auch, wann sich gebietsfremde Pflanzen erfolgreich ausbreiten

Die Verschleppung von Arten durch den Menschen in neue Regionen – sogenannte Biologische Invasionen – hat in den letzten Jahrzehnten massiv zugenommen. Internationale Forschungsteams unter der Beteiligung der Universität Wien untersuchten nun in zwei umfassenden Studien, welche Faktoren für das Überleben von eingeschleppten Pflanzen ausschlaggebend sind, und ob solche Arten nicht manchmal auch positive Auswirkungen haben können. Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse wurden in den Fachmagazinen Nature Plants und Plos Biology veröffentlicht.

Die weltweite Verschleppung von Pflanzenarten ist eng verbunden mit der Ausweitung des globalen Handels in den vergangenen Jahrzehnten. Manche dieser Arten können massive negative Auswirkungen haben, etwa in dem sie heimische Arten verdrängen wie der Japanische Staudenknöterich in Auwäldern, oder Ragweed, das wegen seiner stark allergenen Pollen gefürchtet wird. 

Eng verwandte Pflanzenarten werden seltener eingeführt, breiten sich dann aber erfolgreicher aus

"Allerdings schafft es nur ein kleiner Teil der eingeschleppten Pflanzenarten, sich in einer Region anzusiedeln. Und selbst sich erfolgreich ausbreitende Arten könnten in manchen Fällen auch positive Auswirkungen haben", erläutert Biodiversitätsforscher Franz Essl, Mitautor beider Studien. "Bislang war unklar, ob eingeschleppte Pflanzenarten, die enger verwandt sind mit den heimischen Pflanzenarten der Region erfolgreicher sind, oder ob dies nicht der Fall ist. Zudem war unklar, wie sich diese Verwandtschaft über den Ausbreitungsprozess ändert. Wir haben dies erstmals überprüft, und zwar an Hand der kompletten Daten eingeschleppter Pflanzen aus dem südlichen Afrika", ergänzt Essl. 

Ali Omer, ebenfalls Biodiversitätsforscher an der Universität Wien und Hauptautor der Nature-Studie, fasst das Ergebnis dieser Studie zusammen: "Häufig werden Pflanzenarten eingeführt, – etwa als Zierpflanzen von Gärtner*innen – die mit den heimischen Arten wenig verwandt sind. Bei der weiteren Ausbreitung sind jedoch nahe verwandte Arten eindeutig im Vorteil, vermutlich da sie besser an die lokalen Klima- und Standortsverhältnisse angepasst sind. Obwohl also hauptsächlich exotischere Pflanzen eingeführt werden, breiten sich dann im Endeffekt eher die gebietsfremden, aber näher verwandten Pflanzen erfolgreich aus."

Bewertungsschema für Auswirkungen eingeschleppter Arten entwickelt

In einer weiteren Studie unter Leitung der Universität Freiburg in der Schweiz, haben sich die Forscher*innen die Frage gestellt, ob eingeschleppte Arten nicht auch in manchen Fällen positive Auswirkungen haben könnten? Ein Beispiel dafür ist etwas ein Sommerflieder, der ursprünglich aus Ostasien stammt, aber auch in Österreich blüht. Der Sommerflieder ist eine neue Nektarquelle, seine Blüten werden gerne von Bienen und Schmetterlingen aufgesucht. 

"Bislang gab es jedoch kein Schema, mit dem sich positive Auswirkungen eingeschleppter Arten bewerten ließen", erläutert Franz Essl, der an dieser Studie ebenfalls mitgewirkt hat. "Daher haben wir erstmals ein solches Bewertungsschema erarbeitet, das darstellt, wann gebietsfremde Arten positive Auswirkungen auf heimische Arten haben. Als nächster Schritt wird es nötig sein, zu untersuchen, wie oft solche positiven Auswirkungen eingeschleppter Arten tatsächlich auftreten", erklärt Franz Essl. "Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die negativen Auswirkungen der Ausbreitung gebietsfremder Arten positive Auswirkungen in Summe weitaus überwiegen", fügt Essl hinzu. 

Publikationen in "Nature Plants" und "PloS Biology":

Omer, A., et al. The role of phylogenetic relatedness on alien plant success depends on the stage of invasion, 2022. Nature Plants.

Vimcerati, G., et al. The EICAT+ framework enables classification of positive impacts of alien taxa on native biodiversity, 2022. PLoS Biology.

DOI: https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3001729

Abbildungen:

Abbildung 1: Der aus Ostasien stammende Staudenknöterich kommt häufig entlang der Flüsse in Österreich vor. Dort verdrängt er seltene heimische Arten. (© Franz Essl)

Scientific contact

Ass.-Prof. Dr. Franz Essl

Department für Botanik und Biodiversitätsforschung
Universität Wien
+43-676-609-16-38
franz.essl@univie.ac.at

Further inquiry

Theresa Bittermann, BA

Media Relations, Universität Wien
1010 - Wien, Universitätsring 1
+43-1-4277-17541
theresa.bittermann@univie.ac.at