Internationales Forschungsteam findet Afrikas erste Bernsteinfossilien
01. April 2010kleine Erzwespe (printfähiges Foto als Download am Textende)
Utl.: Eingeschlossene Lebewesen geben Einblicke in die Evolution der Insekten und die Entwicklung vorzeitlicher Lebensräume Erstmals haben WissenschafterInnen in Bernstein eingeschlossene Fossilien in Afrika gefunden. Sie wurden in Äthiopien geborgen, stammen aus der Zeit der Dinosaurier und sind etwa 95 Millionen Jahre alt. Matthias Svojtka und Norbert Vávra, Wissenschafter der Universität Wien, sind maßgeblich an der Untersuchung des neuen Bernsteinfundes beteiligt. Die im fossilen Baumharz eingeschlossenen Insekten, Spinnentiere, Pflanzenreste, Pilze und Bakterien geben Auskunft über die Lebensgemeinschaften in den Wäldern des kreidezeitlichen Afrikas und ermöglichen neue Einblicke in die Evolution verschiedener Organismen. Die Forschungsergebnisse erscheinen im renommierten Fachmagazin "PNAS".
In der Kreidezeit entfalteten sich die bedecktsamigen Pflanzen (Angiospermen) und veränderten durch ihre Koevolution mit Insekten und vielen anderen Organismusgruppen die terrestrischen Ökosysteme nachhaltig. Der äthiopische Bernstein konservierte Zeitzeugen dieser Epoche des Wandels. Unter den eingeschlossenen Insekten finden sich Parasiten, Räuber und Zersetzer. Reste von Blütenpflanzen und Farnen sind ebenso im Bernstein eingeschlossen wie Pilze, die auf den harzenden Bäumen lebten und ihrerseits als Nahrungsgrundlage für Insekten dienten.
Ein Team von 20 WissenschafterInnen aus Deutschland, Frankreich, Äthiopien, Italien, Großbritannien, den USA und Österreich untersuchte die Bernsteine und ihre Einschlüsse sowie die geologischen Rahmenbedingungen. Die damalige Lebenswelt sollte damit möglichst umfassend datiert und rekonstruiert werden. Matthias Svojtka und Norbert Vávra von der Universität Wien untersuchten dabei die tierischen Inklusen und erarbeiteten die geochemische Charakterisierung des fossilen Harzes.
Unter den eingeschlossenen Organismen befinden sich auch die älteste Ameise und die älteste Baldachinspinne Afrikas. Insgesamt fanden die WissenschafterInnen Vertreter von 13 Insektenfamilien, darunter Hautflügler, Fransenflügler, Staubläuse, Zorapteren, Pflanzenläuse und Springschwänze, aber auch Reste von Kleinschmetterlingen und Käfern.
Äthiopischer Bernstein im Naturhistorischen Museum Wien
Der äthiopische Bernstein ist außergewöhnlich klar und farbintensiv. Die Bernsteinstücke erreichen bis zu 25 cm Größe. Belegstücke des äthiopischen Bernsteins werden im Naturhistorischen Museum Wien (teilweise als Geschenk aus der Privatsammlung von Matthias Svojtka), dem Museum für Naturkunde Berlin und im American Museum of Natural History (New York) verwahrt.
Die meisten Bernsteinvorkommen sind aus Nordamerika und Eurasien überliefert. Auf den südlichen Kontinenten, die in der Erdgeschichte als Gondwana vereinigt waren, sind bisher hingegen nur selten Bernsteine gefunden worden. Der einzigartige Fund in Afrika hilft den WissenschafterInnen die Lebenswelt des kreidezeitlichen Afrikas zu rekonstruieren. Die detaillierte Auswertung soll neue Einblicke in die Evolution verschiedener Organismen geben.
Originalveröffentlichung
Schmidt, A. R., Perrichot, V., Svojtka, M., Anderson, K. B., Belete, K. H., Bussert, R., Dörfelt, H., Jancke, S., Mohr, B., Mohrmann, E., Nascimbene, P. C., Nel., A., Nel, P., Ragazzi, E., Roghi, G., Saupe, E. E., Schmidt, K., Schneider, H., Selden, P. A. & Vávra, N. 2010. Cretaceous African life captured in amber. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. PNAS Early edition, 5. April 2010.
Kontakt
Mag. Matthias Svojtka
Institut für Paläontologie
Universität Wien
1090 Wien, Althanstraße 14
M +43-699-12 48 94 48
matthias.svojtka(at)univie.ac.at
Rückfragehinweis
Lisa Hellmann, Bakk.
Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien
1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
T +43-1-4277-175 35
lisa.hellmann(at)univie.ac.at
www.univie.ac.at/175
Bildbeschriftungen:
Abb. 1: Ein etwa 20 cm großes Stück des äthiopischen Bernsteines (Naturhistorisches Museum Wien, NHMW N3881)
Abb. 2: Eine winzige Wespe (Familie Mymarommatidae), eingeschlossen in äthiopischem Bernstein. Das Tier ist nur rund 0,4 mm lang (Naturhistorisches Museum Wien, aus Sammlung Matthias Svojtka, NHMW N6965a)
Abb. 3: Eine kleine Erzwespe (Familie Trichogrammatidae), eingeschlossen in äthiopischem Bernstein. Das Tier ist etwa 0,6 mm groß (Museum für Naturkunde Berlin, MB. I5654)
Abb. 4: Ein Fransenflügler (Thysanoptera) aus der mittleren Kreide, eingeschlossen in äthiopischen Bernstein. Körperlänge etwa 0,8 mm (Naturhistorisches Museum Wien, aus Sammlung Matthias Svojtka, NHMW N6974a)