Spannende Diskussionen zum Mehrwert des Doktorats

Ende Juni fand die zweite Jahreskonferenz des DoktorandInnenzentrums statt. Die Veranstaltung, die sich unter dem Titel "'Why doing a good PhD is never a waste of time?' The Added Value of the Doctorate" einem aktuellen Thema widmete, lockte mit einem abwechslungsreichen Programm, spannenden Diskussionen und renommierten Keynote-SprecherInnen: Mit dabei waren u.a. Rektor Georg Winckler und sein designierter Nachfolger Heinz W. Engl, die zukünftige Vizerektorin für Forschung und Nachwuchsförderung Susanne Weigelin-Schwiedrzik, "Der Standard"-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid sowie der Universitätsbeauftragte der Stadt Wien, Alexander Van der Bellen.

Nach der Begrüßung und einleitenden Worten von Lucas Zinner, dem Leiter des DoktorandInnenzentrums, eröffnete Rektor Georg Winckler mit der ersten Keynote des Tages eine spannende und diskussionsreiche Veranstaltung. "Wie noch nie zuvor in der Geschichte hängt die künftige Stellung Europas von der Bildung ihrer EinwohnerInnen und von erbrachten Forschungsleistungen ab", betonte der Rektor den hohen Stellenwert der Doktoratsausbildung.

Einheitliche Rahmenbedingungen schaffen

Von den Universitäten werde erwartet, diese Leistungen zu erbringen und mit ihren AbsolventInnen immer wieder die Innovationskraft zu stärken, um Lösungen für die sogenannten "Grand Challenges" – Armut, Mobilität, Migration, ökologischer und demographischer Wandel, etc. – zu entwickeln. "Im Prinzip bedeutet das Doktoratsstudium 'training through research': Dabei wird von den jungen ForscherInnen neues Wissen generiert und so ein wichtiger Forschungsbeitrag geleistet", so Winckler.

Dazu sei es wesentlich, auf EU-Ebene für einheitliche Rahmenbedingungen und Qualität der Doktoratsprogramme zu sorgen: "Im Februar 2005 wurden die zehn Salzburger Prinzipien definiert, die eine gute Doktoratsausbildung sicherstellen sollen. An der Universität Wien gibt es seit dem Wintersemester 2005/06 Initiativkollegs, die diesen Prinzipien folgen; seit dem Wintersemester 2009/10 sind die Doktoratsstudien entsprechend der Europäischen Studienarchitektur neu strukturiert."

Persönlicher Mehrwert entscheidend

Die zweite Keynote hielt "Der Standard"-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid. "Der Mehrwert des Doktorats wird derzeit öffentlich stark diskutiert. Ich glaube, dass es auf diese Frage keine eindeutig positive oder negative Antwort gibt", so die renommierte Journalistin. Die Entscheidung, ob jemand eine Doktoratsausbildung anstreben solle oder nicht, könne nur im jeweiligen Einzelfall erfolgen. "Ausschlaggebend ist, ob dadurch für den Einzelnen ein Mehrwert für die persönliche Karriere entsteht."

Trotz der oft kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema Doktorat sieht Föderl-Schmid einen deutlichen Trend in Richtung Höhere Bildung: "Die Anzahl der DoktoratsstudentInnen ist im Zeitraum von 1998 bis 2006 um 40 Prozent nach oben geklettert." Diese Entwicklung bestätige sich auch innerhalb der eigenen Branche: "Im Journalismus war es früher völlig unüblich, einen Doktortitel anzustreben. Heute hat sich das gravierend verändert."

Verschiedene Blickwinkel

Am Nachmittag wurde das Thema der Konferenz aus interdisziplinären Blickwinkeln beleuchtet. Session 1 spannte den Bogen von der Medizin über die Verhaltensbiologie bis zu den Rechtswissenschaften. Während Stefan Böhm (Medizinische Universität Wien) u.a. auf die unterschiedlichsten Karriereverläufe erfolgreicher AbsolventInnen verwies, hielt Tecumseh Fitch vom Department für Kognitionsbiologie ein Plädoyer für neugierige DoktorandInnen, die sich von eigenen Interessen geleitet dem Forschen widmen. Franz Stefan Meissel vom Institut für Römisches Recht und Antike Rechtsgeschichte wiederum unterstrich den Mehrwert eines Doktorats als Expertise-Nachweis gerade auch für die Karriere außerhalb der Universität.

In der zweiten Session ging zuerst Ayşe Çağlar, Institut für Kultur-und Sozialanthropologie, auf die besondere Bedeutung von Transdisziplinarität im Doktorat ein. Daniela Pillgrab, AbsolventIn eines Initiativkollegs und Postdoc an der Beijing Normal University, betonte die Wichtigkeit eines hervorragenden wissenschaftlichen Umfelds und berichtete von ihren Erfahrungen in einem strukturierten Programm. Susanne Weigelin-Schwiedrzik, als künftige Vizerektorin für Forschung und Nachwuchsförderung für das Doktorat zuständig, konzentrierte sich in ihrem Beitrag auf die akademische Karriere und unterstrich, wie wichtig ein wissenschaftliches Umfeld mit ausreichendem Freiraum für die kreative Entfaltung der DoktorandInnen sei.

Podiumsdiskussion und Sommerfest

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion diskutierten gleich mehrere hochkarätige TeilnehmerInnen die Frage nach dem Mehrwert des Doktorats, so etwa Alexander Van der Bellen: "Die Antwort hängt davon ab, ob man einen persönlichen Nutzen davon hat. Wenn man die Doktoratsausbildung allerdings lediglich als finanzielle Investition ansieht, wird der Mehrwert sehr klein ausfallen". Die Frage sei schlussendlich aber auch, wie die Universität sicherstellen könne, ihren Studierenden wirklich exzellente Doktorratsprogramme bieten zu können.

"Die Universität Wien hat derzeit rund 10.000 Doktoratsstudierende und setzt sich seit geraumer Zeit für die Sicherung der Qualität der Ausbildung ein", betonte Heinz W. Engl den Qualitätsanspruch der Universität Wien: So wurden etwa neue Curricula eingeführt, die prinzipiell sehr breit aufgestellt sind, aber von den DoktorandInnen in Übereinkunft mit BetreuerInnen und dem/der jeweils zuständigen StudienprogrammleiterIn auf die individuellen Bedürfnisse hin zugeschnitten werden können. "Kernstück des neuen Doktorats ist die individuelle Disserationsvereinbarung innerhalb eines flexiblen Rahmencurriculums", erläuterte der designierte Rektor, bevor die TeilnehmerInnen zum zwanglosen Weiterdiskutieren im Rahmen eines Sommerfests in den Garten des Palais Clam-Gallas geladen wurden. (ms)

Das DoktorandInnenzentrum der Universität Wien informiert als zentrale Anlaufstelle über das Doktoratsstudium an der Universität, bietet Unterstützung für DoktorandInnen, Betreuende und Verwaltung und stellt DoktorandInnen der Universität Wien ein umfangreiches Angebot an Workshops zum Erwerb von Schlüsselkompetenzen zur Verfügung.