Frauenwahlrecht.at feiert entschlossen und grimmig

Mit der Gründung der Republik wurde vor 100 Jahren ein Meilenstein für die Gleichberechtigung gesetzt – das Wahlrecht für Frauen. Die Wahlzelle, eine kompakte Ausstellung zu 100 Jahre Frauenwahlrecht, wurde am 31. Oktober in einem Festakt an der Universität Wien feierlich präsentiert.

Statue mit Megaphon

Die Wahlzelle wird von 5. bis 22. November in der Aula der Universität Wien und anschließend bis 31. Jänner im Juridicum, weiters in St. Pölten und in Salzburg zu sehen sein. Sie ist Auftakt der Hauptausstellung "Sie meinen es politisch!" 100 Jahre Frauenwahlrecht in Österreich. Diese wird ab März 2019 – genau ein Jahrhundert nach dem Einzug der ersten weiblichen Abgeordneten in das Parlament – im Volkskundemuseum in Wien zu sehen sein. Zeitgleich wird eine wissenschaftliche Publikation erscheinen.

Auf dem Festakt zogen das ForscherInnenteam, allesamt ExpertInnen der Geschichts-, Rechts- und Politikwissenschaft (im Bild), und die Festrednerin Julya Rabinowich kritische Bilanz zur Partizipation von Frauen am politischen Geschehen seit Einführung des Wahlrechts.

Im zum Bersten vollen Kleinen Festsaal der Universität Wien eröffnen Vizerektorin Christa Schnabl (im Bild), Sebastian Schütze, Dekan der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät und Paul Oberhammer, Dekan der Rechtwissenschaftlichen Fakultät, den Festakt zum 100-jährigen Jubiläum des Frauenwahlrechts.

"Es ist uns wichtig, das Feiern des Jubiläums nicht nur mit einem Rufzeichen der Freude, sondern auch mit Nachdenken zu verbinden. Österreich war während dieser Zeitspanne nicht durchgehend eine parlamentarische Demokratie, etliche ProtagonistInnen des Frauenwahlrechts wurden im Austrofaschismus und Nationalsozialismus verfolgt. Auch heute ist in Österreich keine geschlechtergerechte Gesellschaft verwirklicht", betont die Historikerin Gabriella Hauch, eine der Projektleiterinnen von frauenwahlrecht.at.

Julya Rabinowich zeigt in ihrer Festrede "Frauenstimmen" den stetigen Kampf um die Gleichberechtigung auf – wählten Frauen in Österreich 1919 zum ersten Mal, durften sie dies im Schweizer Kanton Innerrhoden erst 1990. 1975, also 56 Jahre nach dem Frauenwahlrecht, folgte in Österreich die Familienrechtsreform. Daher ist stetiges Einmahnen notwendig: "Frauenstimmen müssen lauter sein als das Boulevardgetöse. Wir wollen nicht die Prinzessin im Turm sein, wir wollen das halbe Königreich."

Nachdem erst in den 1970ern wieder mehr Frauen als in der Ersten Republik im Parlament saßen und auch 2018 nur 36 Prozent der Abgeordneten und MinisterInnen weiblich sind, attestierte die Rechtsphilosophin Elisabeth Holzleithner, ebenfalls Projektleiterin von frauenwahlrecht.at: "Ein schöner historischer Anlass – feiern wir grimmig und entschlossen."

Fatima Spar & the Freedom Fries, die den Festakt musikalisch untermalte, krönte den Abend mit der neu arrangierten Fassung eines besonderen Lieds: Die Frauenwahlrechtsaktivistin und Politikerin Therese Schlesinger schrieb den Text für das Frauenwahlrechtslied, das – zur Melodie des Sozialistenmarschs – 1911 beim 1. Frauentag in Wien gesungen wurde.

Die Hauptausstellung am März 2019 erzählt von den historischen Zusammenhängen zwischen der Republikgründung 1918 und der damit einhergehenden Einführung des Frauenwahlrechts. Neben dem Kampf von Frauen um ihr Wahlrecht in der Monarchie werden auch verschiedene Formen der politischen Teilhabe von Frauen in der Ersten und Zweiten Republik gezeigt und Politikerinnen des 19. und 20. Jahrhunderts vorgestellt. (Alle Fotos: © Universität Wien/derknopfdruecker.com, Text und Rückfragen zum Projekt frauenwahlrecht.at: Ines Zanella, Pressebetreuung, unter presse(at)frauenwahlrecht.at)