Welche Ressourcen brauchen Universitäten und ForscherInnen?

Entscheidendes Problem der Hochschulen sei die finanzielle Grundausstattung. Darüber waren sich die Vortragenden aus Österreich, Deutschland und der Schweiz bei einer hochkarätig besetzten Tagung des Österreichischen Universitätsprofessor/innenverbands am 4. November an der Universität Wien einig.

Auf der trilateralen Tagung an der Universität Wien, die von Bernhard Keppler, dem Vorsitzenden des UPV und Dekan der Fakultät für Chemie eröffnet wurde und an der auch Vizerektor Heinz Faßmann teilnahm, kamen VertreterInnen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz zusammen, um die Ressourcen der Universitäten zu diskutieren. Es zeigte sich: Unterfinanziert fühlen sich praktisch alle. Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) verwies auf die wesentlich bessere Grundausstattung der Universitäten in Deutschland und der Schweiz. Genau mit dieser zeigten sich die deutschen VertreterInnen allerdings unzufrieden.

Die deutsche Exzellenzinitiative, durch die von 2006 bis 2017 zusätzlich zum regulären Uni-Budget über ein Wettbewerbsverfahren 4,6 Mrd. Euro in die Hochschulen gepumpt wurden bzw. werden, sei zwar bei aller möglichen Detailkritik positiv zu bewerten, betonten der Präsident des deutschen Hochschulverbands, Bernhard Kempen, sowie der ehemalige Bildungs- und Wissenschaftsminister von Rheinland-Pfalz sowie Berlin, Jürgen Zöllner (SPD).

Sichtbarkeit Deutschlands erhöht

Die auch in Österreich immer wieder als Vorbild zitierte Exzellenzinitiative habe die internationale Sichtbarkeit Deutschlands erhöht, so Zöllner. "Aber auf das entscheidende Problem, die Grundfinanzierung, ist damit nicht eingegangen worden." Derzeit werden in Deutschland rund 30 Mrd. Euro für Hochschulen ausgegeben, wovon rund 24,5 Mrd. auf die Länder und 5,5 Mrd. auf den Bund entfallen.

Aus dem Entwicklungshilfebudget in die Budgets der Universitäten

Zöllner will die Grundfinanzierung um fünf bis sechs Milliarden Euro pro Jahr anheben. Dazu sei ein Maßnahmenbündel nötig: So müsse etwa der Bund einen "Köder" auswerfen und eine Milliarden Euro zur Stärkung der Lehre direkt den Hochschulen geben. So sollten etwa die echten Ausbildungskosten für StudentInnen aus Entwicklungsländern übernommen werden - so könnten diese Mittel aus dem Entwicklungshilfebudget in die Budgets der Unis fließen.

Von Unis an Fachhochschulen?

Außerdem solle der Bund eine Milliarden Euro an Investitionskosten für Informations- und Kommunikationstechnik finanzieren. Eine weitere - auch mit Blick nach Österreich interessante - Maßnahme: 30 Prozent der Studienplätze sollten von Unis an Fachhochschulen verlagert werden. Das würde 1,5 Mrd. Euro bringen, so Zöllner. Mittelständische Unternehmen würden etwa solide nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft ausgebildete InformatikerInnen brauchen, die Soft- und Hardware der Firmen betreuen. "Das müssen keine WissenschafterInnen sein."

Gebühren erheben?

Weitere Mittel würden durch die Überführung von außeruniversitären Einrichtungen - etwa 50 Prozent der Leibniz-Institute - an die Unis frei. Und schließlich, so Zöllner, sei nicht einzusehen, warum eine große Gruppe von ausländischen StudentInnen aus Nicht-Entwicklungsländern - etwa Chinesen - in Deutschland gratis studieren. "Wir finanzieren ihre Ausbildung, anschließend gehen sie zurück. Gleichzeitig sind wir dazu gezwungen, in China Darlehen aufzunehmen, um unsere Haushalte in Ordnung zu halten." Zöllner schlug daher vor, Gebühren für StudentInnen aus jenen Ländern einzuheben, die selbst deutsche Studierende zur Kasse bitten. Davon könnten zehn Prozent abgezweigt werden, um die besten StudentInnen dieser Länder mit Stipendien zu fördern.

Studiengebühren "aus Gerechtigkeitserwägungen"

Kempen wiederum plädierte "aus Gerechtigkeitserwägungen" generell für Studiengebühren. Es sei nicht einzusehen, warum die breite Mehrheit der Bevölkerung eines Landes die "durchaus teuren" Hochschulen finanziere und kein Beitrag von jenen eingehoben werde, die aufgrund ihrer Ausbildung später mit hoher Wahrscheinlichkeit ein gutes Einkommen erzielen.

Skepsis gegenüber Austro-Exzellenzinitiative

Einer Exzellenzinitiative in Österreich steht Mitterlehner eher skeptisch gegenüber - selbst wenn das Geld dafür vorhanden wäre. Er sieht dabei vor allem "Konkurrenzprobleme", etwa aufgrund der Alleinstellung mancher Hochschulen wie der Veterinärmedizinischen Universität, der Montanuni und der Universität für Bodenkultur. "Es würden wieder die das Geld bekommen, die es auch jetzt schon bekommen." Er halte es daher für richtig, Schwerpunktaktivitäten über den Wissenschaftsfonds FWF zu fördern.

Von "Eliteuniversitäten" und "Auswahlproblemen"

Ebenfalls skeptisch zu einer Übertragung der deutschen Hochschul-Exzellenzinitiative auf Österreich äußerte sich Jürgen Janger vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Einer der Kernpunkte, die Förderung von einzelnen Hochschulen als eine Art "Eliteuniversitäten", würde zu einem "Auswahlproblem" führen, so Janger.

Geringere Auswahlmöglichkeiten in Österreich

In Österreich seien die Auswahlmöglichkeiten nämlich wesentlich geringer. So gebe es etwa in Deutschland 107 Universitäten - dem stünden 22 in Österreich gegenüber, rechnete der Wifo-Forscher vor. Darunter seien sechs Kunstunis, eine Weiterbildungsuniversität, drei Medizinunis, die technischen Universitäten (TU) sowie Spezialuniversitäten mit Alleinstellungsmerkmal wie die Veterinärmedizinische Universität, die Universität für Bodenkultur, die Montanuniversität sowie die Wirtschaftsuniversität.

Nicht der Königsweg…

Dazu komme noch, dass die laut Rankings drei forschungsintensivsten Universitäten (Universität Wien, Medizinuni Wien, TU Wien) alle in der Bundeshauptstadt liegen, meinte Janger. Damit würden vermutlich sämtliche Mittel aus der Initiative nach Wien fließen. "Was werden die Landeshauptleute dazu sagen?"

Die Umlegung der deutschen Exzellenzinitiative auf Österreich sei daher "nicht der Königsweg", so Janger. Es gebe eben einen Unterschied zwischen großen und kleinen Ländern. Effektiver könnten andere Modelle sein - etwa die Finanzierung von Gehältern exzellenter ProfessorInnen über einen Fonds. (APA/red)