Wer lehrt, hat auch einmal studiert (Teil 14)

Informatikerin Renate Motschnig ist eine der Preisträgerinnen des UNIVIE Teaching Award 2016, der am 9. Juni verliehen wird. Ihren Studierenden rät sie, sich am besten einer Gruppe oder Clique zum "gemeinsamen Lachen, Ausweinen und Aushecken von Lösungswegen" anzuschließen.

uni:view: Erinnern Sie sich zurück: Was haben Sie damals an Ihrem ersten Tag auf der Universität (Studium Informatik) erlebt?
Renate Motschnig: Ich studierte an der TU-Wien und wir hatten ein Einführungstutorium. Das war total nützlich, da ich ca. zwei Handvoll Kollegen kennen lernte. Mit der Hälfte davon war ich dann das ganze Studium hindurch in Kontakt. Wir motivierten uns gegenseitig, immer zum ersten Termin einer Prüfung anzutreten. Wer da nicht mitmachte, galt als feige – das konnte man ja nicht auf sich sitzen lassen, oder? War aber letztendlich sehr hilfreich, rechtzeitig fertig zu werden.

Das Bild zeigt Renate Motschnig ca. sechs Jahre nach dem Doktoratsabschluss gemeinsam mit ihrem älteren Sohn. "Durch ihn (u.a.) wurde mir immer klarer, dass es (nicht nur beim Lernen und Lehren) stark auf die Haltung ankommt – und mit der kann man auch mal experimentieren", so die sympathische Informatikerin. (Foto: Privat)

uni:view: Welches Motto hat Sie während Ihres Studiums begleitet?
Motschnig: Während mir die Wahl der Studienrichtung sehr, sehr schwer fiel, war das Motto dann klar: "Informatik ist deine Entscheidung, da gehst du nun durch und wirst rechtzeitig fertig." Ich wusste, ich würde nur in der regulären Studiendauer von zu Hause unterstützt werden, und das Studium neben einem Beruf zu machen, traute ich mir nicht zu. Es hing also immer das Damoklesschwert über mir, rechtzeitig abzuschließen. Das gelang dann auch, sogar in acht statt zehn Semestern, jedoch mit extrem wenig Freizeit. Noch heute habe ich Ehrfurcht vor Studierenden, die nebenbei arbeiten, um sich das Studium leisten zu können, alle Achtung!

uni:view: Haben Sie in Ihrer Zeit als Studierende auch etwas vermisst?

Motschnig: Ich vermisste am meisten die Zeit, mich auch anderen Dingen widmen zu können. Im Gebäude der Elektrotechnik vermisste ich damals auch das Damen-WC. Das war schon peinlich, sich im "Notfall" am Herren-WC einschleichen zu müssen, um Basis-Bedürfnisse abzudecken ... aber mit so etwas haben "Technik-Frauen" heute zum Glück nicht mehr zu kämpfen, da hat sich schon so einiges verändert.

uni:view: Welche Tipps geben Sie Ihren Studierenden mit auf den Weg?
Motschnig: AlleinkämpferInnen haben es viel schwerer. Anschluss an eine Gruppe oder Clique und kooperatives Lernen dürften wohl jedem und jeder etwas bringen, außerdem kann man gemeinsam besser lachen, sich ausweinen und Lösungswege aushecken. Außerdem finde ich es gut, sich dort besonders zu engagieren, was einem liegt und Spaß macht. Das hilft dann auch durchzuhalten, wenn etwaige Zweifel am Studium aufkommen. Ich kenne kaum jemanden, der solche Zweifel nie hatte. Dann hilft es, etwas zu haben, worin man besser als der Durchschnitt ist, wofür man das Studium machen will. Und beim Rest irgendwie "durchwurschteln", falls man nicht zu den Genies gehört, die alles mit links schaffen.

Bei mir war die medizinische Kybernetik etwas, das mich begeistert hat. Nicht zuletzt durch das besondere Engagement von Prof. Robert Trappl. Er ermöglichte es uns Studierenden, an internationalen Konferenzen, die er an der Universität Wien organisierte, zu partizipieren. Für ein paar Stunden Hilfe bei der Registrierung durften wir kostenlos teilnehmen, das war enorm motivierend und aufbauend, auch die Gespräche mit den WissenschafterInnen. Robert, dir ganz herzlichen Dank dafür! (mw)

Renate Motschnig ist Professorin an der Fakultät für Informatik und dem Zentrum für LehrerInnenbildung der Universität Wien. Sie leitet die Forschungsgruppe CSLEARN-Educational Technologies. Seit der Jahrtausendwende beschäftigt sie sich intensiv mit der wissenschaftlich fundierten und gelebten Verbreitung von person- und lernerzentrierten Ansätzen in der Bildung. Die Nutzung von digitalen Medien und Informatik-Konzepten zur Erweiterung des Lernens, des Kooperierens, und der sozialen Integration liegen ihr besonders am Herzen.

Preisverleihung UNIVIE Teaching Award 2016
Donnerstag, 9. Juni 2016, ab 17 Uhr
Kleiner Festsaal, Universität Wien Hauptgebäude
Universitätsring 1, 1010 Wien
Programm