Prüfungen: Welche Rechte haben Studierende?

Prüfungen gehören zum Studienalltag, aber nicht immer läuft alles nach Plan. Was Studierende tun können, wenn die Prüfung gestört wird, sie plötzlich krank geworden oder von einer negativen Note überrascht worden sind, hat uni:view beim Studienpräses und einer Juristin erfragt.

Wenn sich Studierende an das Büro Studienpräses wenden, ist das Kind meist schon in den Brunnen gefallen. Aber was sie tun können, wenn die Prüfung durch einen Feueralarm gestört wurde oder sie die Prüfung wegen einer Krankheit versäumt haben, ist vielen nicht klar.

uni:view fasst mit Unterstützung von Studienpräses Peter Lieberzeit und Juristin Katharina Sonntagbauer die Informations- und Interventionsmöglichkeiten von Studierenden zusammen. Einige der Rechte und Pflichten von Studierenden hat das Büro Studienpräses auch online zusammengestellt.

Beschwerden gegen Noten sind nicht möglich

Die schlechte Nachricht gleich zuerst: Wer nicht mit seinem Prüfungsergebnis einverstanden ist, kann gegen die Note keine Beschwerde einlegen. "Das ist gesetzlich festgelegt und hängt wohl damit zusammen, dass Lehrende als GutachterInnen fungieren", erklärt Studienpräses Peter Lieberzeit die Regelung. Auf Grundlage des § 79 des Universitätsgesetzes haben die Studierenden aber das Recht auf Prüfungseinsicht.

Studierende haben ein Recht auf Prüfungseinsicht

Bis zu sechs Monate nach der Prüfung dürfen Studierende Beurteilungsunterlagen, Prüfungsfragen und -protokolle einsehen und Kopien anfertigen. Eine Ausnahme sind Multiple Choice-Tests. Denn es ist nicht erlaubt, Fragen und die entsprechenden Antwort-Items zu kopieren. Manche Institute oder das StudienServiceCenter bieten auf ihrer Webseite Informationen oder Termine zur Prüfungseinsicht an.

Aufhebung der negativen Note bei schweren Mängeln der Prüfung

Wenn Studierende negativ beurteilt wurden, die Prüfung aber schwere Mängel in der Durchführung aufwies, können sie die Aufhebung der Note beantragen. Nur: was heißt das genau? "Schwere Mängel, das sind Dinge, die man grundsätzlich als grobe Störung ansehen würde: ein Presslufthammer im Nachbarsaal während der gesamten Prüfungszeit, Feueralarm, eine erhebliche Verkürzung der angegebenen Prüfungszeit oder wenn in einer kommissionellen Prüfung der Prüfungssenat nicht korrekt besetzt wurde", erklärt Peter Lieberzeit.

Wo erhalten Studierende Rat und Unterstützung?

In solchen Fällen ist allerdings nicht das Büro Studienpräses der erste Ansprechpartner, sondern: "Zunächst sollten sich Studierende an die Lehrenden, dann an das StudienServiceCenter (SSC) oder die Studienprogrammleitung (SPL) wenden. Letztere sind auch im Falle von Konflikten mit Lehrenden und Betreuenden die richtigen Ansprechpartner."

Das Büro Studienpräses schreitet erst ein, wenn strittige Rechtsfragen durch das SSC oder die SPL nicht gelöst werden konnten. Entsprechend werden Anfragen von Studierenden an das Büro Studienpräses auch zunächst an diese Stellen weitergeleitet.

Einspruch gegen Prüfungsmängel einlegen

Wenn Studierende im Büro Studienpräses die Aufhebung der Prüfung beantragen möchten, müssen sie unbedingt die Frist von zwei Wochen ab dem Datum der Bekanntgabe der Beurteilung einhalten. Außerdem können nur begründete Anträge bearbeitet werden. "Manche Studierende schreiben lediglich: 'Ich habe gehört, dass man Einspruch einlegen kann. Bitte heben Sie meine Note auf'", erzählt Peter Lieberzeit. "Aber wenn uns die Studierenden nicht nachvollziehbar darlegen, warum dies gerechtfertigt ist, müssen wir sie leider enttäuschen."

Im Büro Studienpräses gehen im Jahr etwa zwischen 150 und 300 Anfragen ein; 2015 gab es ca. 100 Verfahren, in denen über die Aufhebung der Prüfung entschieden wurde. "In manchen Jahren sind es aber auch nur 20 Verfahren, das ist ganz unterschiedlich", resümiert Juristin Katharina Sonntagbauer. "Es werden häufig negative vierte Antritte beeinsprucht, weil es hier ja um alles oder nichts geht. Aber auch in diesen Fällen schauen wir uns die Fakten genau an und entscheiden dann. Es gibt also keinen 'Bonus' für kommissionelle Antritte", ergänzt der Studienpräses.

Wie werden Einsprüche entschieden?

"Wir folgen den Anträgen der Studierenden auf Aufhebung der negativen Note in der Regel dann, wenn die Lehrenden den Sachverhalt den Studierende vorbringen, bestätigen. Geben Lehrende eine abweichende Einschätzung ab, kann der/die Studierende dazu Stellung beziehen. In Zweifelsfällen entscheiden wir im Sinne der Studierenden, damit haben wir uns bei Lehrenden auch schon manchmal unbeliebt gemacht", erläutert Lieberzeit das Verfahren.

"Wenn wir die Aufhebung der Prüfung ablehnen, sind die Einspruchsmöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft: Studierende können sich noch an das Bundesverwaltungsgericht wenden. Da bei uns aber der Grundsatz "im Zweifel für die Studierenden" gilt, hat das Bundesverwaltungsgericht unsere Entscheidungen in der Vergangenheit meist bestätigt."

Eine Prüfung nicht beenden können

Was können Studierende aber tun, wenn es ihnen während der Prüfung schlecht geht und sie diese nicht fertigschreiben können? "In diesem Fall sollten Studierende gleich bei der Prüfungsaufsicht Bescheid sagen. Wir haben im Büro Studienpräses immer wieder Studierende, die den vierten Prüfungsantritt nicht schaffen und einige Zeit nach der Prüfung eine Krankheit geltend machen möchten. Das geht natürlich nicht", betont Lieberzeit.

Wann wird die abgebrochene Prüfung gezählt?

"In erster Linie bestimmt die Lehrveranstaltungsleitung, ob ein Abbruch gerechtfertigt ist", ergänzt Katharina Sonntagbauer." Studierende haben außerdem das Recht, im Büro Studienpräses einen Antrag zu stellen, sollten sie der Ansicht sein, dass die/der Lehrende wesentliche Aspekte bei der Entscheidung nicht berücksichtigt hat."

Allerdings ist es wichtig, die Fristen einzuhalten! Der Antrag muss unverzüglich, längstens innerhalb von vierzehn Tagen nach der abgebrochenen Prüfung im Büro Studienpräses eingehen, so ist es gesetzlich festgelegt. Wird der Prüfungsabbruch als begründet anerkannt, wird der Antritt nicht gezählt und die Prüfung kann später wiederholt werden.
 
Krank zur Prüfung gehen

Grundsätzlich können sich Studierende von Prüfungen abmelden, wenn sie krank geworden sind. Sie sollten nach Möglichkeit allerdings vor Beginn der Prüfung dem/der Lehrenden oder im StudienServiceCenter Bescheid geben und ein ärztliches Attest vorlegen bzw. nachreichen.

"Natürlich können Studierende auch krank zur Prüfung gehen. Sie handeln dann auf eigenes Risiko. Wenn sie in so einem Fall die Prüfung tatsächlich absolvieren, wird diese auf jeden Fall beurteilt und der Antritt gewertet. Ein nachträglicher Abbruch ist nicht möglich!", erklärt Sonntagbauer.

Sind Studierende längere Zeit krank, steht die erfolgreiche Teilnahme an einer prüfungsimmanenten Lehrveranstaltung auf der Kippe. "Ein Recht, verpasste Leistungen nachzuholen, gibt es nicht", so der Studienpräses. "Aber viele Dinge können auf menschlicher Ebene geregelt werden. Studierende sollten frühzeitig mit den Lehrenden sprechen und sie über die Gründe informieren. So wie die SSC und SPL unterliegen auch Lehrende der Verschwiegenheit – Gesprächsinhalte dürfen nicht nach außen getragen werden." (Foto: Verena Münch/pixelio.de)

Eine Vertrauensperson zur mündlichen Prüfung mitbringen

Mündliche Prüfungen sind grundsätzlich öffentlich. Da für die Räumlichkeiten der Universität Wien feuerpolizeiliche Bestimmungen eingehalten werden müssen, darf aber die maximale Anzahl der ZuhörerInnen begrenzt werden. Die Vertrauensperson der Studierenden betrifft dies nicht: Denn Studierende haben das Recht, eine Vertrauensperson zur mündlichen Prüfung mitzubringen.

Kommunikation ist das Wichtigste

Ganz unabhängig von den studienrechtlichen Möglichkeiten von Studierenden, bleibt die Kommunikation mit Lehrenden und die Beratung durch Studienprogrammleitungen und StudienServiceCenter weiterhin das beste Mittel, um Lösungen für individuelle Probleme zu finden und Rechte geltend zu machen.

"Viele der Konflikte und Einsprüche, mit denen wir uns tagtäglich auseinandersetzen, hätten nicht zu einem studienrechtlichen Streitfall werden müssen", fasst Studienpräses Peter Lieberzeit zusammen. "Wenn Studierende früh mit Lehrenden ins Gespräch kommen, sich selbstständig informieren und beraten lassen, können viele Probleme gelöst bzw. gleich vermieden werden." (jr)