Stefan Zahlmann: Mediale Menschenbilder

Medienkulturen und die Geschichte medialer Menschenbilder sind die Forschungsschwerpunkte des in Münster geborenen Historikers Stefan Zahlmann, seit Oktober 2010 Professor am Institut für Geschichte. Kraft für die Forschung schöpft der begeisterte Lehrende aus der Interaktion mit Studierenden.

"Nach einem Jahr im 'Haus' gefällt es mir noch besser als zu Beginn. Ich freue mich jeden Tag wieder darüber, meine forscherischen Interessen im Rahmen dieser Professur verfolgen zu können", erzählt der Historiker Stefan Zahlmann, dem seine Begeisterung ins Gesicht geschrieben steht. Zur Geschichte kam der Norddeutsche über den Umweg eines BWL-Studiums an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, "der besten betriebswirtschaftlichen Fakultät Deutschlands". "Gepackt" hat ihn dieses Fach dennoch nicht. Erst am Institut für Geschichte fand er jene charismatischen Persönlichkeiten, die ihn für die Wissenschaft begeistern konnten und ihm vermittelten, dass "die Geschichte lebendig ist und für das Leben relevant sein kann".

Zurück an die Universität

Dem Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Mittleren Geschichte, Pädagogik und Deutschen Philologie folgte die Dissertation zum Thema "Konfliktkulturen in Spielfilmen der BRD und DDR". 1998 promovierte Zahlmann "summa cum laude". Aufgrund fehlender Perspektiven für junge WissenschafterInnen verabschiedete er sich zunächst von der Universität und arbeitete als Buchhändler. "Nach einigen Jahren habe ich mich überreden lassen, doch noch eine Bewerbung für ein Stipendium abzuschicken", schildert der Historiker seinen Werdegang.

Danach ging es schnell: Innerhalb von zwei Jahren habilitierte sich Zahlmann an der Universität Konstanz, wo er sich mit Erinnerungskulturen in den Südstaaten der USA nach 1865 und in Ostdeutschland nach 1989 auseinandersetzte. Es folgten Lehr- und Forschungstätigkeiten an Universitäten und Instituten in Berlin, Konstanz, Washington, Philadelphia – und 2008 eine Gastprofessur in Wien: ein erster Vorgeschmack auf die berufliche Zukunft an der Universität Wien.

Medienkultur als zentraler Arbeitsbegriff

Die Professur "Theorie und Geschichte von Medienkulturen (18. bis 20. Jahrhundert)", die Zahlmann nun seit Oktober 2010 innehat, ermöglicht ihm einen breiten Zugang zur Thematik. "Ich arbeite daran, den Begriff Medienkultur terminologisch und geschichtstheoretisch zu schärfen und setze mich mit der Produktion sowie der Konsumption von Medien auseinander", so der Historiker. Besonderes Interesse bringt er den Menschenbildern in populären Medien entgegen. In nächster Zukunft möchte er sich in diesem Zusammenhang den Genres "Science Fiction" und "Fantasy" widmen und dabei das 19. und 20. Jahrhundert in den Blick nehmen.

Was Menschen über Tiere denken

Darüber hinaus beschäftigt sich Zahlmann intensiv mit "Mensch-Tier-Beziehungen", so zum Beispiel der Medialität des Mensch-Tier-Verhältnisses als Erscheinungsform von Modernisierungsprozessen in der Neuzeit: Museen und Tierparks sind dabei Orte, an denen kulturelle Konzepte von "Natur" vermittelt und erfahren werden. "Weiters interessiert mich die mythologische Kryptozoologie, also die Entstehungsgeschichte von Fabelwesen wie beispielsweise Einhörnern. Wie wirkmächtig kann so ein Wesen sein, das gar nicht existiert? Das ist kulturgeschichtlich äußerst spannend", schildert der neue Professor.

Spaß an der Lehre

Die Studierenden ermuntert der in der Lehre besonders engagierte Historiker zum eigenständigen Nachdenken und "Aktiv-Sein". Denn ein reger und qualitätsvoller wissenschaftlicher Austausch sei schon während des Studiums und nicht erst nach Studienabschluss möglich: "Ich habe hier StudentInnen, die philosophisch überaus versiert sind und sehr eigenständig arbeiten. Wissenschaftliche Qualität ist offensichtlich unabhängig von einem erreichten Studienabschluss oder einer Qualifikationsarbeit zu sehen. Leider kommen einem immer wieder auch mal Studierende unter, deren biographische Schwerpunkte und Interessen außerhalb universitärer Lehrveranstaltungen liegen. Daran muss ich mich als 'frischer' Professor wohl erst gewöhnen", schmunzelt Zahlmann.

An Wien gefällt ihm besonders, dass die vielfältigen Lebenswelten der Großstadt zum politischen Denken anregen. Wer Stefan Zahlmann "live" erleben will, hat am 13. Dezember im Rahmen seiner Antrittsvorlesung "Die Medialität der Geschichte. Medienkulturen als historisches Forschungsfeld" die Gelegenheit dazu. (dh)

Univ.-Prof. Dr. Stefan Zahlmann, M.A. hält am Dienstag, 13. Dezember 2011, um 18 Uhr im Großen Festsaal seine Antrittsvorlesung zum Thema "Die Medialität der Geschichte. Medienkulturen als historisches Forschungsfeld".