Hans Bernhard Schmid: "Wissen, was wir wollen"

Seit 2011 widmet sich Hans Bernhard Schmid an der Universität Wien den Herausforderungen der Sozial- und Politischen Philosophie. Im Interview erzählt er, wie das Fach in sein Leben kam und wie er für sich eine Frage beantwortet hat, über die wohl jeder von uns bisweilen philosophiert: Was will ich?

Schon gegen Ende seiner Schulzeit begann sich der junge Hans Bernhard Schmid intensiv mit großen Gesellschaftstheorien, u.a. mit Marx und Habermas, auseinanderzusetzen. Dabei habe ihn die Überzeugung geleitet, "dass solche Theorien die Wirkkraft besitzen, grundsätzliche Probleme des menschlichen Zusammenlebens – wie Gewalt und Armut – lösen zu können". "Das hat mich dann zunächst Richtung Soziologie getrieben, aber der Eindruck im Laufe des Studiums war dann jener, dass die großen Theorien auf ziemlich ungesicherten Grundannahmen beruhen", blickt Schmid zurück.

Doch lieber Philosophie

Den Anstoß zum Wechsel in die Philosophie gab schließlich eine Reihe von Ablehnungen seiner Einreichungen bei soziologischen Fachzeitschriften. "Ich habe damals versucht, einige theoretische Grundlagenarbeiten zu publizieren, z.B. zur Diskurstheorie von Habermas. Eine Ablehnung ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Man riet mir, es doch lieber in der Philosophie zu versuchen", schmunzelt Schmid.

Diesen Ratschlag hat der heutige Professor für Politische Philosophie und Sozialphilosophie letztendlich auch beherzigt: Er wechselte das Fach, promovierte 1998 und habilitierte sich 2005 an der Universität Basel. Über Lehraufträge und Gastprofessuren, u.a. in New York, St. Gallen und Freiburg, führte der Weg des gebürtigen Schweizers schlussendlich an die Universität Wien, wo er 2011 seine Professur an der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft antrat.

Das Böse und das Soziale verstehen

Heute ist Hans Bernhard Schmid längst in der Philosophie angekommen. Aktuell forscht er u.a. zum "Begriff des Bösen". Er arbeitet zur Frage, wie "wahrhaftig böses Verhalten" zu definieren und wie solchem zu begegnen sei. "Dem Bösen ein Gesicht zu verleihen", darin versuchte sich der Philosoph erst kürzlich auf einer internationalen Konferenz zum Thema "Acting Under the Guise of the Bad" an der Universität Wien, die er gemeinsam mit Herlinde Pauer-Studer vom Institut für Philosophie maßgeblich initiiert und organisiert hat.

Außer in der "Welt des Bösen" ist Hans Bernhard Schmidt auch im Fach Sozialontologie unterwegs, wo er soziale Grundphänomene, wie beispielsweise das gemeinsame Handeln und das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gruppe, aus philosophischer Sicht analysiert. Dieses Thema steht auch in seiner Antrittsvorlesung "Wissen, was wir wollen" am 25. Juni im Zentrum. "Ich möchte mit einem historischen Abriss des Nachdenkens über das Soziale in der Antike, im Mittelalter bis hin zur Moderne beginnen und dann in einem zweiten Teil näher auf meine eigenen Forschungsperspektiven zum Thema eingehen", verrät er vorab.

Soziale Phänomene

Was "sozial" ist, zeigt sich für den Philosophen primär in der Analyse der ersten Person Plural: "Phänomene sind dann sozial, wenn sie irgendeine Form gemeinsamen 'Tägigseins' beinhalten – sozial ist, was 'wir' und nicht 'ich' machen", sagt Schmid.


 

Die Antrittsvorlesung von Hans Bernhard Schmid findet am Mittwoch, 25. Juni 2014, im Rahmen des "dies facultatis" der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft statt. Dieser beginnt um 16 Uhr im Kleinen Festsaal mit der Verleihung der Dissertationspreise der Fakultät; um 17 Uhr spricht Schmid im Großen Festsaal zum Thema "Wissen, was wir wollen". Programm (PDF)



"Food for thoughts"

In der Lehre ist es Hans Bernhard Schmid, der kürzlich gemeinsam mit den KollegInnen Richard Heinrich, Martin Kusch und Angela Kallhoff einen UNIVIE Teaching Award der Universität Wien erhalten hat, ein besonderes Anliegen, die Studierenden zum selbstständigen und kritischen Denken und Studieren anzuhalten. "Auch wenn wir am Institut viel Struktur zur Orientierung im Philosophiestudium anbieten, so führt kein Weg am Selbststudium vorbei", sagt der engagierte Lehrende. Angehenden PhilosophInnen empfiehlt er, sich genügend Raum und Zeit zu nehmen, um die oft schwer fasslichen Zusammenhänge und Probleme in der Philosophie kennen, verstehen und schließlich auch lösen zu lernen.

Lieblingsort: Hauptgebäude

Wenn nicht gerade mit der Lehre oder Forschung beschäftigt, ist Hans Bernhard Schmid des Öfteren im Arkadenhof anzutreffen. Für ihn ist dieser, aber auch das ganze imposante Hauptgebäude der Universität Wien, ein wundervoller Ausdruck von Wertschätzung seitens einer Gesellschaft gegenüber der Wissenschaft. Aber auch andere Räume und Standorte der Universität Wien, wie die Universitätsbibliothek oder der Campus begeistern den Philosophen: "Die Universität Wien ist voller besonderer Orte. Es gibt immer etwas Neues zu entdecken", zeigt sich Hans Bernhard Schmid rundum angetan.

Zurück in die Schulzeit

In seinem weiteren "Philosophenleben" hat Hans Bernhard Schmid noch so einiges vor und spannt den Bogen von der Zukunft zurück in seine Schulzeit:"Letztlich habe ich schon die Ambition, wieder auf die Idee der Gesellschaftstheorie zurückzukommen, die mir damals vorschwebte, und mich letztendlich zu einer eigenen Gesellschaftstheorie vorzuarbeiten." Dabei will der Philosoph einen interdisziplinären Ansatz verfolgen und Theorien u.a. aus den Sozialwissenschaften, der Psychologie und den Wirtschaftswissenschaften integrieren. (fh)

Univ.-Prof. Dr. Hans Bernhard Schmid hält seine Antrittsvorlesung zum Thema "Wissen, was wir wollen" am Mittwoch, 25 Juni 2014, um 17 Uhr im Großen Festsaal der Universität Wien. Die Antrittsvorlesung findet im Rahmen des "dies facultatis" der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft statt.