Das Erfolgsgeheimnis der Chlamydien

Der Mikrobiologe Matthias Horn von der Universität Wien untersucht den evolutionären Erfolg von Chlamydien. Chlamydien gehören mit mehr als 100 Millionen infizierten Personen weltweit zu den häufigsten sexuell übertragbaren Krankheitserregern.

Daryl Domman, Matthias Horn und KollegInnen haben die Genome von vier Chlamydienarten sequenziert. Diese sind zwar nahe mit den für den Menschen relevanten Krankheitserregern verwandt, leben aber als Symbionten innerhalb einzelliger Amöben. Der Vergleich mit den Genomen der Krankheitserreger zeigte, dass das Durchmischen der genomischen Ausstattung eine wichtige Rolle in der Evolution der Chlamydien gespielt hat, oft mit dem Ziel der Optimierung der Manipulation und Ausbeutung ihrer Wirtszellen.

Schlüsselrolle bei der Anpassung

Die ForscherInnen konnten genomische Regionen identifizieren, die offenbar eine Schlüsselrolle bei der Anpassung an verschiedene Wirtszellen spielen. "Bei vielen ist die genaue Funktion unbekannt, bemerkenswerterweise besitzen jedoch alle charakteristische Eigenschaften, sogenannte Proteindomänen, die sie von ihren Wirtszellen erworben und für ihre Zwecke umfunktioniert haben", erklärt Matthias Horn, Leiter der Arbeitsgruppe. Tatsächlich konnten die AutorInnen experimentell zeigen, dass diese Proteine sekretiert werden, also in die Wirtszelle eingeschleust. Dort verhindern sie die natürlichen Abwehrmechanismen und übernehmen die Kontrolle über die Wirtszelle.

Effektor-Proteine besonders interessant

Die Evolution dieser sogenannten Effektor-Proteine, die in ungewöhnlich großer Kopienzahl in den Genomen der Chlamydien vorkommen, ist besonders interessant. Sie ist geprägt von einem ständigen Wechsel zwischen der Entstehung neuer Gene ("gene birth") und dem Verschwinden vorhandener Gene ("gene death"). Dabei spielen Genduplikationen, Neofunktionalisierung und zufälliger Verlust der Gene durch stochastische Ereignisse eine entscheidende Rolle.

"Eine der überraschendsten Beobachtungen war für uns, dass ähnliche Evolutionsmuster bisher fast ausschließlich von Pilzen, Pflanzen und Tieren bekannt sind, nicht aber bei Bakterien", erklärt Domman, Doktorand am Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung und Erstautor der Studie. Matthias Horn ergänzt abschließend: "Unsere Studie zeigt, wie wichtig die Untersuchung von Umweltbakterien auch für unser Verständnis der Evolution und Entstehung bakterieller Krankheitserreger ist". (af)

Die Publikation "Massive expansion of ubiquitination-related gene families within the Chlamydiae" (AutorInnen: Domman D., Collingro A., Lagkouvardos I., Gehre L., Weinmaier T., Rattei T., Subtil A. und Horn M.) erschien kürzlich in Molecular Biology and Evolution.