Verhaltensforscher Frans de Waal an der Universität Wien

Primatenforscher spricht am Freitag, 10. Juni, zu "Cognition on demand"

Am Freitag, 10. Juni, 15 Uhr, hält der renommierte Biologe Frans de Waal im Großen Festsaal der Universität Wien einen Vortrag zum Thema "Cognitive Continuity: A Kingdom Full of Special Mental Capacities". In der Annual Lecture der Forschungsplattform "Cognitive Science" gibt der Wissenschafter einen Überblick über die Methoden und Ergebnisse seiner "Evolutionären Erkenntnistheorie" und legt dabei seinen Schwerpunkt auf Elefanten und Primaten sowie den Bereich Kooperation und Empathie. 

"In der Forschungsplattform 'Cognitive Science' arbeiten seit 2011 WissenschafterInnen mehrerer Disziplinen und Fakultäten fächerübergreifend zusammen. Wir loten neue Forschungsfelder aus und gehen interdisziplinär an unsere Fragestellungen heran", so Markus Peschl, Philosoph und Leiter der Forschungsplattform der Universität Wien. Die jährlich stattfindende Lecture in Cognitive Science, zu der auch die interessierte Öffentlichkeit eingeladen ist, hält heuer der international bekannte Primatenforscher Frans de Waal.

Im letzten Jahrhundert wurden Tiere hauptsächlich mechanistisch gesehen, als ob sie bloß mit einem fixierten Verhalten auf Reize reagieren könnten. Im Gegensatz dazu gab es in jüngerer Zeit einige ForscherInnen, die einen kognitiven Ansatz zur Erklärung tierischen Verhaltens wagten. Vom Mainstream belächelt und eines Anthropomorphismus bezichtigt, wurde ihnen geraten, doch besser einfachere Erklärungen für das Verhalten von Tieren zu suchen als komplexe kognitive Mechanismen zu postulieren.

Aus einer darwinistischen Perspektive ist es jedoch eine naheliegende Annahme, dass Verhaltensähnlichkeit bei verwandten Arten (wie Menschen und Affen) auf psychologischer und geistiger Ähnlichkeit beruht. Aus evolutionärer Sicht sollte also eine "kognitive Kontinuität" die Standardannahme sein.

In den letzten Jahren sind die Ansprüche des Menschen auf seine Einzigartigkeit Stück für Stück gefallen. Die Ergebnisse aus den Neurowissenschaften unterstützen zunehmend das Konzept von Homologien. Auch andere Primaten als der Mensch werden heute als politische, kulturelle und moralische Wesen gesehen und dargestellt. Die künstliche Abgrenzung zwischen menschlicher und tierischer Kognition wird immer brüchiger.

Die kognitive Revolution in den biologischen Wissenschaften bleibt jedoch längst nicht mehr auf Primaten beschränkt. Sie breitet sich über das gesamte Tierreich aus, von werkzeugnutzenden Krähen bis hin zu kooperativen Fischen: Viele unerwartete Fähigkeiten von Tieren kommen jetzt ans Licht. Tiere überwachen ihr eigenes Wissen ("Metakognition") oder "reflektieren" ihre Zukunft und Vergangenheit.

Viele dieser kognitiven Fähigkeiten sind das Produkt einer konvergenten Evolution. Das überlieferte Bild einer eindimensionalen Entwicklung von "niedrigen" zu "höheren" Lebensformen passt nicht mehr zu den aktuellen Befunden. Anstelle eines universellen Lernmechanismus, der gleichermaßen für alle Tiere gilt, treten äußerst variable Kognitionen, die jeweils aufs engste mit dem ökologischen Kontext der einzelnen Arten in Verbindung stehen. 

Frans de Waal
Frans B. M. de Waal ist ein niederländisch/amerikanischer Biologe und Primatenforscher, der für seine Arbeiten über das Verhalten und die soziale Kognition von Primaten bekannt wurde. Seine wissenschaftlichen Arbeiten wurden in Zeitschriften wie Science, Nature, Scientific American sowie Fachjournalen zur Verhaltensbiologie veröffentlicht. Seine populären Bücher wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt und haben ihn zu einem der bekanntesten Primatenforscher der Welt gemacht. Der jüngste Band trägt den Titel "Are We Smart Enough to Know How Smart Animals Are?" und erscheint 2016 bei Norton. 

De Waal ist C. H. Candler Professor für Psychologie, Direktor des "Living Links Center" der Emory University sowie Distinguished Professor der Universität Utrecht. Er wurde in die (US) National Academy of Sciences und die Königliche Niederländische Akademie der Wissenschaften gewählt. Im Jahr 2007 wurde er vom Time Magazin in die Liste der "100 einflussreichsten Menschen heute" aufgenommen.


Vortrag Frans de Waal "Cognitive Continuity: A Kingdom Full of Special Mental Capacities"
Zeit: Freitag, 10. Juni 2016, 15 Uhr
Ort: Großer Festsaal der Universität Wien, 1010 Wien, Universitätsring 1

Anmeldung erbeten: cogsci(at)univie.ac.at

Weitere Informationen

Wissenschaftlicher Kontakt

Ing. Mag. Peter Rantaša

Forschungsplattform Cognitive Science
Universität Wien
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cogsci@univie.ac.at

Rückfragehinweis

Mag. Alexandra Frey

Media Relations Manager
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