Symposion Chaos Control 2006 zum Thema "Wissenskartelle"
27. April 2006Am Mittwoch, 10. Mai 2006, findet heuer bereits zum siebten Mal in Folge das Symposion "Chaos Control" an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien statt. Im Rahmen der hochkarätigen Veranstaltung, organisiert von Juridicum-Online und dem Universitätslehrgang für Informationsrecht und Rechtsinformation, werden aktuelle Rechtsprobleme von renommierten ExpertInnen aus Wissenschaft und Praxis erörtert.
Geistiges Eigentum ist das Kapital des 21. Jahrhunderts. Die Entwicklung der postmodernen Gesellschaft zu einer Informationsgesellschaft und der Information zum Wirtschaftsgut einer digitalen Welt wurde seit Jahren erschöpfend ausformuliert. Während die neue Informationsgesellschaft jedoch damit beschäftigt war, in der Informationsflut zu baden und sich an den Zugang zu Wissen jeder Art und Qualität zu gewöhnen, haben sich Mechanismen und Organisationen entwickelt, die den Traum von der Digitalen Revolution als allzu schnell wieder ausgeträumt erscheinen lassen.
Der Terminus "Wissenskartelle" beschreibt die teilweise institutionalisierten, gut geschützten Informationskonglomerate, die auf Kosten der viel zitierten Informationsfreiheit Wissen ansammeln, verwalten und nutzen. Die Vermarktung und Verteidigung geistigen Eigentums im Pharmabereich, der Schutz der Information als Kapital und sein Bruch durch Wirtschaftsspionage und Terrorismus oder die Beeinflussung von Wissen durch die Beeinflussung der Informationssuche durch Suchmaschinen implizieren Probleme dieser Informationskonzentrationen, die im Rahmen von Chaos Control 2006 aufgezeigt und von ExpertInnen aus Wissenschaft und Praxis diskutiert werden.
Die Themen im Überblick:
- GPL 3.0 Revolution Revisited
- IT und Gender: Neue Räume für alte Möbel?
- Ziel und Zelle: Terror und Spionage im Netz
- Google-ization
- Patente und Generika Macht Recht krank?
Die Veranstaltung ist kostenlos und öffentlich zugänglich. Weitere Information unter http://www.chaoscontrol.at
Programm
Workshop: GPL 3.0 Revolution Revisited
Seminarraum 10, Juridicum 10.00-11.45 Uhr
Die General Public License (GPL) ist die Lizenz für freie Software. Trotz bestehender Alternativen hat sich die GPL zur weit verbreiteten Standardlizenz im Open-Source-Bereich entwickelt. Die derzeit gültige Version aus 1991 hat also sowohl die Digitale Revolution als auch die Entwicklung der weltweiten digitalen Netze und die Verhundertfachung der Mikroprozessorleistung unverändert überstanden. Umso bedeutender ist daher die bevorstehende Revision des Lizenz-Urgesteins. Im Jänner dieses Jahres wurde die GPL 3.0 der Öffentlichkeit vorgestellt. Angesichts der geplanten Publikation 2007 werden die aus der informationspolitischen Tendenz resultierenden Konfliktpotentiale bei Chaos Control 2006 erörtert.
Dr. Roman Heidinger, M.A. Wirtschaftsuniversität Wien
Mag. Georg Jakob, Verein zur Förderung freier Software - FFS
RA Dr. Till Jaeger, Rechtsanwalt
Dipl.-Ing. Philipp Reisner, Linbit
Moderation: Mag. Florian Philapitsch, LL.M. Wirtschaftsuniversität Wien
Eröffnung und Grußworte
Dachgeschoss, Juridicum 13.00-13.15 Uhr
Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Walter Rechberger
Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät
Panel 1: IT und Gender Neue Räume für alte Möbel?
Geschlechtergleichheit als Gewinnerin und Opfer heutiger Informationstechnologien
Dachgeschoss, Juridicum 13.15-14.45 Uhr
Technische Neuerungen lassen sich gut über einen kulturoptimistischen Anstrich vermitteln. Zugleich geschieht es häufig, dass sie dabei für Herrschaftsprojekte vereinnahmt werden. Dies gilt auch für die neuen Informationstechnologien: Die Verheißung, über gleichsam grenzenlose Kommunikation das Leben um eine Vielzahl neuer Wahlmöglichkeiten und Qualitäten zu bereichern, fasziniert. Und bereitwillig wird die Botschaft geglaubt, das Öffnen und Betreten der neuen Räume würde auch höhere Standards von Demokratie und Gleichheit bedeuten. Wie glaubwürdig ist diese Botschaft, wenn es um Geschlechtergleichheit geht? Bergen die neuen Informationstechnologien ein nennenswertes Verbesserungspotential für Geschlechtergleichheit oder bleibt es, trotz neuer Räume, bei den alten Möbeln?
Univ.-Prof. Dr. Nikolaus Benke, Universität Wien
MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Abgeordnete des Landtages von Niederösterreich
Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Eva Flicker, Fakultät für Sozialwissenschaften
Moderation: Ass.-Prof. Dr. Elisabeth Holzleithner, Universität Wien
Panel 2: Ziel und Zelle Terror und Spionage im Netz
Dachgeschoss, Juridicum 15.15-16.45 Uhr
Die Bedrohungen von Gesellschaft und Staat müssen nicht zwingend militärischer Natur sein. Technische Globalisierung und Vernetzung in industrialisierten Gesellschaften bieten nahezu ideale Voraussetzungen für feindliche Handlungen. Neben der klassischen Form der Terrorausübung zur Erreichung politischer Ziele sehen sich die westlichen Industrie- und Wissensgesellschaften immer mehr durch das Handeln von staatlichen Nachrichtendiensten im Interesse der Wirtschaft herausgefordert. Wo liegt die rechtliche Grenze zwischen innerer und äußerer Sicherheit? Muss sie neu definiert werden oder löst sie sich auf?
Dipl.Ing. Reinhard Hutter, Center for European Security Strategies
Univ.-Doz. DDr. Heinz Vetschera, Landesverteidigungsakademie
Dr. Ernst Strasser, Bundesminister a.D. für Inneres
Mag. Thomas Havranek, The Merchant International Group Limited
Dr. Peter Pilz, Abgeordneter zum Nationalrat
Moderation: Rainer Nowak, Die Presse
Panel 3: Google-ization
Dachgeschoss, Juridicum 17.15-18.45 Uhr
Die Suchmaschine Google hat sich innerhalb weniger Jahre zu einer informationstechnischen Institution entwickelt. Wer Inhalte in den digitalen Netzen sucht, greift dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit auf den kalifornischen Suchdienst zurück. Symptomatisch für die Durchdringung der Alltagskultur der Informationsgesellschaft mit dem System Google ist die Aufnahme von googeln in den DUDEN. Google hat sich mittlerweile zu einem Beinahe-Medienmonopol entwickelt. Bei Suchmaschinenanfragen im deutschen Internet besitzt Google bereits einen Marktanteil von über 80 Prozent. Medienforscher betrachten aus diesem Grund die Meinungsmacht von Google mittlerweile kritisch. Google hat sich scheinbar von einem technischen Instrument zu einer Kontrolle über die Wissensbeschaffung im Internet aufgeschwungen.
Durch die Zensur einzelner Suchergebnisse hat der Suchmaschinengigant gezeigt, dass auch eine Suchmaschine die Informationsbeschaffung und damit die Meinungsbildung in einer digitalen Welt kontrollieren und gestalten kann. Problematisch scheint auch das Durchdringen anderer Bereiche durch die Suchmaschine: Google Print soll gedruckte Werke digitalisieren und für Suchen verfügbar machen, urheberrechtliche Probleme sind programmiert.
RA Dr. Thomas Höhne, Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH
Mag. Dr. Walter Seböck, MSc, MBA, Donau-Universität Krems
Univ.-Prof. Mag. Dr. Nikolaus Forgó, ULG Informationsrecht, Universität Hannover
Dr. Carsten Schulz, Rechtsanwalt bei Taylor Wessing Hamburg
Moderation: Dr. Gerhard Laga, Wirtschaftskammer Österreich
Panel 4: Patente und Generika Macht Recht krank?
Dachgeschoss, Juridicum 19.15-21.00 Uhr
Patente garantieren der Pharmaindustrie das ausschließliche Recht auf befristete Nutzung entwickelter Arzneimittel, wodurch Dritte von der Herstellung, dem Verkauf oder dem Gebrauch dieser Erfindung mit rechtlicher Hilfe ausgeschlossen werden. Kaum noch finanzierbare staatliche Sozialversicherungssysteme müssen steigende Arzneimittelkosten tragen, da die Produktion und der Einsatz kostengünstiger Alternativen durch den Patentschutz verhindert werden.
Fördern Patente die technologische Innovation oder begünstigen sie Monopole, welche öffentliche Interessen negieren und sich schamlos bereichen? Sind Eingriffe in Patentrechte als legitimes Mittel geboten, um der Gesellschaft finanzierbare Medikamente in Form von Generika zukommen zu lassen? Beeinträchtigt ein abgeschwächter Patentschutz Innovation und Forschung im Pharmabereich? Wie kann der Gesetzgeber diesem sicherheitspolitischen Regulierungsbedarf Rechnung tragen?
Dr. Daniel Alge, Sonn & Partner Patentanwälte
N.N., BAXTER Vertriebs GmbH
o. Univ.-Prof. Dr. Michael Kunze, Vorstand Institut für Sozialmedizin Wien
Dr. Walter Dohr, Wiener Patientenanwalt
Mag. Dr. Jürgen Wallner, Institut für Rechtsphilosophie
Ao. Univ.-Prof. Dr. Ernst Singer, Vorsitzender der Ethikkommission
Moderation: RA Univ.-Doz. Dr. Alfred J. Noll, Freimüller/Noll/Obereder/Pilz
Kulinarischer Ausklang ab 21 Uhr
Chaos Control 2006 Wissenskartelle
Zeit: Mittwoch, 10. Mai 2006, 10 bis 21 Uhr
Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien (Juridicum)
1010 Wien, Schottenbastei 10-16
Kontakt
Michael Winter
Juridicum Online, Rechtswissenschaftliche Fakultät
Universität Wien
1010 Wien, Heßgasse 1
T: +43-1-4277-340 70
michael.winter(at)univie.ac.at
Rückfragehinweis
Mag. Veronika Schallhart
Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement
Universität Wien
1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1
Tel: +43-1-4277-175 30
Mobil: +43-664-602 77-175 30