Neuer Klimaatlas für den Alpenraum

Das Institut für Meteorologie und Geophysik der Universität Wien präsentiert einen neuen Klimaatlas für den Alpenraum über die vergangenen 22 Jahre. Erste Auswertungen der Daten liefern teils überraschende Ergebnisse: So ist etwa die Schneefallgrenze in dieser Zeitspanne im Durchschnitt um 150 Meter nach oben gewandert.

"150 Meter, das ist gewaltig für diesen im meteorologischen Sinn recht kurzen Zeitraum", betont Univ.-Prof. Dr. Reinhold Steinacker, Vorstand des Instituts für Meteorologie und Geophysik. "Die Ergebnisse passen sehr gut in das Bild, das wir von bisherigen Studien kennen", so der Forscher weiter: "Beispielsweise ist der Prozentsatz an flüssigem Niederschlag am Hohen Sonnblick in den letzten Jahren deutlich angestiegen."

Der Klimaatlas ist im Zuge des vom FWF geförderten Projekts "Vienna Enhanced Resolution Analysis Climatology" (VERACLIM) entstanden. Ziel war es, erstmals grenzüberschreitend für den gesamten Alpenraum die wichtigsten Parameter der Atmosphäre zu erfassen und entsprechend zu verarbeiten – und dies in einer bisher nicht erreichten zeitlichen und räumlichen Auflösung. In einem ersten Schritt wurden jetzt die Daten zur Temperatur der bodennahen Atmosphäre veröffentlicht. Die Werte für Druck, Feuchtigkeit und Wind sollen folgen.

Die Alpen "atmen"

Laufende Auswertungen zeigen, dass noch viel Potenzial in den Daten schlummert. Erst vor kurzem ist es gelungen, neue Einblicke in das tageszeitliche Schwanken der alpinen Druckverteilung, das so genannte "Atmen" der Alpen, zu gewinnen. "Zum ersten Mal konnte damit deutlich gezeigt werden, wie stark das Eigenleben der alpinen Atmosphäre ausgeprägt ist", meint Steinacker, "gerade für den Druck hat es bisher kaum Darstellungen gegeben, die dessen Veränderung im Laufe des Tages zeigen." Dieses Pendeln – also höherer Druck in der Nacht, tieferer am Tag – ergibt sich selbst in der Mittelung über längere Perioden hinweg und bei den verschiedensten Strömungslagen. Diese deutlich sichtbare Abkopplung der Alpentäler wirkt sich auf den gesamten Witterungsverlauf und nicht zuletzt auf die Luftreinhaltung in diesen Regionen aus.

Diese riesige Klima-Datensammlung ist nicht nur für die Wissenschaft interessant. "Jeder, der daran interessiert ist, kann vergleichen, in welcher Stunde am Tag und im Jahr die Werte über oder unter dem langjährigen Mittel liegen, also etwa die Medien oder die Bauwirtschaft können ermitteln, ob im April in der Nacht noch mit Frost zu rechnen ist", resümiert Steinacker.

Die Daten des Klimaatlas reichen „nur“ 22 Jahre zurück. Je weiter man zurückgeht, desto lückenhafter werden die meteorologischen Messreihen und desto mühsamer ist die Suche danach. Ursprünglich sollte der Klimaatlas eine Spanne von 30 Jahren umfassen – eine so genannte Klimanormalperiode. Die ForscherInnen beabsichtigen, diese Lücke in den nächsten Jahren zu schließen. In einem soeben angelaufenen Folgeprojekt wollen sie sich die Archive der einzelnen Wetterdienste aus der vordigitalen Zeit vornehmen. Denn je länger die Erfassung zurückreicht, umso aussagekräftiger werden die Daten.

Weitere Information unter www.univie.ac.at/IMG-Wien/index.htm

Rückfragehinweis:

Mag. Veronika Schallhart

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