Internationale Tagung zu Sonder- und Heilpädagogik

Die Unterlagen zum Pressegespräch

Unter dem Titel "Begegnung und Differenz: Menschen – Länder – Kulturen" findet vom 28.-30.9.2006 an der Universität Wien die 2. Tagung Internationale Sonderpädagogik in Kombination mit der 43. Arbeitstagung der DozentInnen der Sonderpädagogik deutschsprachiger Länder statt. Rund 300 WissenschaftlerInnen insbesondere aus Deutschland, der Schweiz, Österreich, Ungarn, der Tschechischen Republik und weiteren europäischen Ländern werden erwartet. Es finden 80 Vorträge, 18 Workshops und Posterpräsentationen statt. Den Ehrenschutz übernimmt die Frau des Bundespräsidenten, Margit Fischer.

Das Tagungsthema ist in mehrfacher Hinsicht aktuell. In der internationalen Diskussion wird Behinderung als Konzept zur Benennung von Defiziten zunehmend abgelöst von der Betonung der Akzeptanz von Verschiedenheit. Die Fokussierung auf Differenzen zwischen Menschen, Ländern und Kulturen weist aber gleichzeitig auf Problemlagen, Schwierigkeiten, Widersprüche und Konflikte im Zusammenwirken hin. Die Tagung beleuchtet diese Entwicklungen auf verschiedenen Ebenen und es wird versucht, neue Perspektiven zu eröffnen.

Ziel der Tagung ist aber auch die Begegnung von ForscherInnen verschiedener Länder. Beiträge werden in deutscher und englischer Sprache gehalten. Mit dieser Jahrestagung der DozentInnen der Sonderpädagogik deutschsprachiger Länder wird die jahrzehntelange Tradition des wissenschaftlichen Austauschs fortgeführt und gleichzeitig mit der noch jungen zweijährlich angelegten Tagungsreihe "Internationale Sonderpädagogik" verknüpft, die auch die universitäre Sonderpädagogik insbesondere aus mittel- und osteuropäischen Ländern umfasst.

Veranstalter

Arbeitsgruppe Sonder- und Heilpädagogik am Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien in Kooperation mit der Sektion Sonderpädagogik der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) und der Heilpädagogischen Gesellschaft Wien

Tagungsprogramm: http://institut.erz.univie.ac.at/home/fe3/

Tagungsleitung

Univ. Prof. Dr. Gottfried Biewer

Institut für Bildungswissenschaft, Sonder- und Heilpädagogik, Universität Wien

1010 Wien, Universitätsstraße 7

T +43-1-4277-468 00

gottfried.biewer(at)univie.ac.at

Gesprächspartner

Gottfried Biewer, stv. Vorstand des Instituts für Bildungswissenschaft der Universität Wien

Urs Haeberlin, Direktor des Heilpädagogischen Instituts der Universität Freiburg (Schweiz)

Mikael Luciak, Institut für Bildungswissenschaft der Universität Wien

Rückfragehinweis

Mag. Veronika Schallhart

Universität Wien, Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement

1010 Wien, Dr.-Karl-Lueger-Ring 1

T +43-1-4277-175 30

M +43-664-602 77-175 30

veronika.schallhart@univie.ac.at

Bilder der Gesprächsteilnehmer und Texte finden Sie als Download am Ende dieses Textes.

Inhaltliche Schwerpunkte der Tagung

Zur Entwicklung der Sonder- und Heilpädagogik

Im Rahmen dieses Themenschwerpunktes geht es um historische Entwicklungen sonder- und heilpädagogischer Problemfelder in Theorie, Forschung und Praxis. Dabei werden auch Vergleiche zu Entwicklungen in anderen Ländern unternommen. Themenüberblick:

  • die universitäre Theoriebildung und Forschung in der Sonder- und Heilpädagogik
  • sonder- und heilpädagogische Institutionen im privaten und öffentlichen Bereich; Zusammenhänge zu sozialen, politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen
  • Veränderungen der Wahrnehmung von Behinderung
  • Hilfs- und Lehrmaterial in der Sonder- und Heilpädagogik
  • Sonder- und heilpädagogische Selbsthilfeorganisationen
  • Ausbildung und Professionalisierung im heilpädagogischen Bereich

Heilpädagogik im Kontext von Armut und Entwicklungszusammenarbeit

Mehrere Beiträge haben Bildung im weiteren Sinne bzw. Lehren und Lernen im engeren Sinne unter den besonderen Bedingungen von Armut in den klassischen Entwicklungs-, aber auch in den Transformationsländern zum Inhalt. Beleuchtet werden die Möglichkeiten der Entwicklungszusammenarbeit im Bildungssektor zur Verbesserung der Lebens- und Lernbedingungen von Menschen mit Behinderung und zur Bereicherung der Bildungssysteme durch Inklusion. Diskutiert wird, welche Veränderungen sich für die internationale Heil- und Sonderpädagogik durch den zunehmend gefährdeten Menschenrechtsansatz und die bevorstehende UN-Konvention zum Schutz der Rechte und der Würde von Menschen mit Behinderung abzeichnen.

Ethnische, sprachliche und kulturelle Vielfalt

Ethnische, kulturelle und sprachliche Vielfalt in schulischen und außerschulischen Institutionen bedeutet auch für Sonder- und HeilpädagogInnen eine ganz spezielle Herausforderung.

Es stellt sich die Frage der Inklusion bzw. Segregation: Welche Folgen hat eine Überrepräsentierung von MigrantInnen bzw. ethnischen Minderheiten in Schulenklassen mit Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf? Konzepte, Anforderungen und Umsetzungsrichtlinien einer Interkulturellen Sonderpädagogik werden präsentiert.

Pränataldiagnostik (PND)

In der PND geht es um den Nachweis bzw. Ausschluss von Differenzen im Sinne von genetischen bzw. physiologischen Unterschieden bzw. Abweichungen. Doch nicht bloß diagnostizierte Differenzen werden in ihrer Bedeutung different wahrgenommen (ärztliche versus elterliche Wahrnehmungen), schon die Bedeutung von PND als solches differiert wesentlich (medizinische Alltagsroutine versus einschneidendes Erlebnis für werdende Eltern mit weit reichenden Folgen). Im Themenschwerpunkt PND geht es um das Spannungsfeld von Begegnung und Differenz und um die Frage, welchen Beitrag die Heilpädagogik hier leisten könnte.

Frühe Entwicklung

Das Aufwachsen der Menschen wird durch frühe Beziehungs- und Interaktionserfahrungen bestimmt. Sie bestimmen entscheidend die Entwicklungsmöglichkeiten mit, die sich Kindern im Säuglings- und Vorschulalter eröffnen, bzw. die Einschränkungen und Behinderungen, denen sie ausgesetzt sind. Beziehungen sind stark von kulturellen Erfahrungen und Erwartungen geprägt. Thema ist, wie Kinder mit unterschiedlichen Entwicklungsbedingungen Begegnung und Differenz in verschiedenen Kulturen erleben, wie im kulturellen Neben- und Miteinander von Familien und pädagogischen Institutionen professionell-pädagogisch gearbeitet werden kann.

Integration und Inklusion im Bildungswesen

Die Sicht auf das individuelle Kind mit seinen Defiziten wurde in den vergangenen Jahren ersetzt durch ein Bewusstsein für die Mängel der allgemeinen Schule, die dem besonderen Bedarf von SchülerInnen nicht gerecht wird. Ein Abrücken von Sondereinrichtungen zugunsten integrativer und inklusiver Strukturen ist Folge dieses neuen Denkens.

Integration basiert auf der Überzeugung, es gäbe zwei Typen von Kindern, nämlich jene "mit sonderpädagogischem Förderbedarf" und andere "ohne sonderpädagogischen Förderbedarf". Dadurch kann leicht ein Zwei-Gruppen-Bild entstehen: SchülerInnen, die innerhalb des Systems vollberechtigt etabliert sind und andere, die draußen stehen und sich zu integrieren haben. Für die Inklusion dagegen gibt es keine Zwei-Gruppen-Einteilung, sondern die SchülerInnengesamtheit, die unterschiedliche Bedürfnisse hat. Viele dieser Bedürfnisse werden von der Mehrheit geteilt und bilden die gemeinsamen Bedürfnisse. Darüber hinaus haben aber alle SchülerInnen individuelle Bedürfnisse, darunter auch solche besonderer Art.

Der Aspekt der Lernumgebungen spielt in diesem Kontext eine herausragende Rolle. Entwicklungen in verschiedenen Ländern werden präsentiert und verglichen.

Berufliche Rehabilitation

Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Berufliche Rehabilitation im internationalen Kontext der Forschung aufgegriffen wird. Die internationale Entwicklung dieses Faches wird anhand von verschiedenen Parametern diskutiert: Forschungsevaluation, Geschlechterspezifik, außerbetriebliche versus betriebliche Rehabilitation, unterstützte Beschäftigung.

Heilpädagogische Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung

Die zentrale Frage ist, was man unter "heilpädagogischer Kompetenz" versteht. In den Beiträgen werden neue Aus- und Weiterbildungsangebote in der Methodik und Didaktik sowie der Evaluation vorgestellt. Konzepte aus verschiedenen Ländern werden thematisiert und miteinander verglichen.