Internationale Konferenz: Sehnsucht nach dem "Kommunismus"?

Moderner "Commonismus" statt tradiertem "Kommunismus"

Am Montag, 23. Oktober, findet an der Universität Wien die internationale Konferenz "Sehnsucht nach dem 'Kommunismus' – Longing for 'Communism'" statt. Im Zentrum der Tagung steht jene junge Generation von Menschen im Osten Europas und des ehemaligen Ostdeutschlands, die dem verschwundenen Staatssozialismus nachtrauern bzw. neue Formen von Gemeinschaft und Genossenschaft einfordern. Zum Auftakt sprechen der ehemalige Bundeskanzler Franz Vranitzky sowie Dieter Segert, Politikwissenschafter an der Universität Wien.

Nostalgische Bezugnahmen auf den 1989 erodierten Staatssozialismus im Osten Europas und in Ostdeutschland sind Anfang des 21. Jahrhunderts bei jungen Leuten ebenso en vogue wie Bewegungen, die unter den Bedingungen einer globalisierten Welt neue Formen von Gemeinschaft und Genossenschaft propagieren.

In den Nachfolgegesellschaften Jugoslawiens beispielsweise grassiert eine regelrechte Welle der Sehnsucht nach der vermeintlich heilen "kommunistischen" Vergangenheit, die unter dem Titel "Jugo-" und "Tito-Nostalgie" firmiert. In Russland bekennen sich junge Menschen gar zum Neo-Stalinismus als Zukunftsmodell. Das Verlangen nach den Dingen und den Diskursen des "Kommunismus" kommt nicht von ungefähr, es scheint eine als prekär empfundene Gegenwart und eine nicht gerade verheißungsvolle Zukunft zu kompensieren.

Junge OsteuropäerInnen versuchen – konfrontiert mit den Auswüchsen ihrer neoliberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen – sich neue Formen von "Gemeinschaft" zu erschließen. In den vielfältigen Modellen der Shared Economy beispielsweise scheint nicht nur der uralte Genossenschaftsgedanke, sondern die große Vision des Gleichheitsverlangens wieder aufzuleben. Doch das neue Denken und Fühlen in Communities kann seine Traditionen nicht verleugnen: Beerbt hier ein moderner "Commonismus" den tradierten "Kommunismus"?
 
Diese Bewegungen finden sich überall in Europa. Die Konferenz versteht sich als Forum für eine internationale Bestandsaufnahme und für eine interdisziplinäre Diskussion mit Blick auf die Zukunft Europas und deren gesellschaftlich wie politisch brisante Herausforderungen. Worin genau unterscheiden sich die Motive, die Wege und die Ziele der jungen AktivistInnen in Ost- und Südosteuropa von denjenigen ihrer Altersgenossen im Westen? Schließlich tragen Jugendliche in Osteuropa und Ostdeutsche mit den Lebensgeschichten ihrer Elterngenerationen und mit ihren eigenen post-"kommunistischen" Erfahrungen ein ganz anderes Gepäck in die Zukunft als Gleichaltrige jenseits des einstigen Eisernen Vorhangs.

Zu den TeilnehmerInnen der interdisziplinären Tagung zählen etablierte WissenschafterInnen wie auch NachwuchsforscherInnen der Geistes- und Sozialwissenschaften aus ganz Europa.
Organisiert wird die Tagung unter der wissenschaftlichen Leitung von Rainer Gries, Inhaber des Franz Vranitzky Chair for European Studies (FVC) an der Universität Wien und Dieter Segert, Experte für Transformationsprozesse in Mittel-, Ost- und Südeuropa, in Kooperation mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Konferenz: Sehnsucht nach dem "Kommunismus"
Zeit: Montag, 23. Oktober 2017, 9 Uhr
Ort: Aula am Campus der Universität Wien, 1090 Wien, Spitalgasse 2

Konferenzsprache Deutsch und Englisch. Freier Eintritt

Anmeldung erbeten: christina.krakovsky(at)univie.ac.at 

Programm: http://franzvranitzkychair.univie.ac.at/forschung/conference-longing-for-communism

Weitere Informationen: http://franzvranitzkychair.univie.ac.at/ 

Wissenschaftlicher Kontakt

Rainer Gries

Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft Institut für Zeitgeschichte
1090 - Wien, Althanstraße 14 (UZA II)
+43-1-4277-48311
rainer.gries@univie.ac.at

Rückfragehinweis

Mag. Alexandra Frey

Media Relations Manager
Universität Wien
1010 - Wien, Universitätsring 1
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