Infektion fürs Leben - Neue "Nature"-Studie zur Symbiose bei Riesenröhrenwürmern der Tiefsee

Riesenröhrenwürmer (Vestimentifera) besitzen als Erwachsene weder Mundöffnung noch Darmtrakt, sondern werden ausschließlich von ihren Symbionten mit Nahrung versorgt. Diese Symbionten werden nicht – wie bisher angenommen - über den Darm des juvenilen Wurmes aufgenommen sondern über die Haut. Die Untersuchungen darüber revolutionieren die bisherigen Erkenntnisse über Symbiose-Modelle in der Tiefsee und werden am 18. Mai 2006 in der Fachzeitschrift Nature publiziert. Die AutorInnen dieser Studie sind Andrea Nussbaumer und Monika Bright, beide vom Department für Meeresbiologie der Universität Wien, sowie Charles Fisher von der Pennsylvania State University.

Eigentlich ähnelt ein erwachsener Röhrenwurm mehr einer Pflanze als einem Tier. Er verbringt sein Leben verankert an einem Fleck am Meeresboden und besitzt weder Mund noch Darm. Stattdessen findet sich in seinem Körper ein spezialisiertes Organ, Trophosom genannt, das mit Bakterien angefüllt ist. Der Röhrenwurm nimmt Chemikalien aus der Umwelt auf und versorgt damit „seine“ Bakterien, die als Gegenleistung diese Chemikalien nutzen, um Nahrung für sich selbst und für ihren Wirt zu produzieren. Diese Aufnahme der zukünftigen Symbionten ist eines der Schlüsselereignisse im Lebenszyklus des Röhrenwurms, denn erwachsene Würmer könnten ohne sie nicht überleben. Dennoch besitzen frisch geschlüpfte Würmer (Larven) weder diese Bakterien noch das Organ, sie zu beherbergen. Die jungen Röhrenwürmer müssen sie daher erst erwerben.

Die Meeresbiologinnen Andrea Nussbaumer und Monika Bright, beide von der Universität Wien, haben nun herausgefunden, wie Würmer und Bakterien zueinander finden. Kurz nachdem sich eine Röhrenwurm-Larve in einem geeigneten Habitat mit der richtigen Mischung an Chemikalien festsetzt, wandern spezielle Bakterien, die Symbionten, durch die Oberhaut und Muskelschichten bis zum Gewebe zwischen dem rückseitig gelegenen Blutgefäß und dem Vorderdarm. Dort angelangt, werden die stäbchenförmigen Symbionten in Bläschen eingeschlossen und initiieren die Entwicklung des Trophosomes. Sobald diese einzigartige Symbiose begonnen hat, zerstört der jugendliche Röhrenwurm alle weiteren Bakterien durch programmierten Zelltod in der Haut und Muskelschicht, und es kommt zu keinen neuen Infektionen. Dabei handelt es sich um einen Abwehrmechanismus gegen Bakterien, der als Immunantwort bei Krankheit erregenden Infektionen bekannt ist.

Mit diesen Forschungsergebnissen wird die bisherige Theorie zur Aufnahme der symbiontischen Bakterien und der Entstehung des Trophosoms widerlegt.

Kontakt

Mag. Andrea D. Nussbaumer

Department für Meeresbiologie

Universität Wien

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Rückfragehinweis

Mag. Veronika Schallhart

Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungsmanagement

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