Ein neuer Stern am Himmel

Österreichische Kleinsatelliten liefern sensationelle Ergebnisse

Im Februar 2013 starteten zwei österreichische Satelliten – UniBRITE für die Universität Wien und BRITE-Austria für die TU Graz – von Indien aus ihre Nanosatelliten-Mission "BRITE-Constellation" ins All. Mit dabei: Ein neues Diagnoseverfahren zur Erforschung der Struktur von hellen, massereichen Sternen, das die Universität Wien auf dem Gebiet der Asteroseismologie international positioniert. Nun konnten die Satelliten mit noch nie dagewesener Zeitauflösung den Ausbruch einer Nova im Sternbild Schiffskiel (Carina) beobachten.

BRITE-Constellation ist eine Flotte von fünf Nano-Satelliten, die das Licht der hellsten Sterne am Himmel mit hoher Präzision aufnehmen. Österreich ist eines von drei Ländern, die Satelliten zu der Konstellation beitragen. Diese internationale Kollaboration ging von Österreich mit BRITE-Austria/TUGSAT-1 und UniBRITE aus, die am 25. Februar 2013 als die ersten österreichischen Satelliten in eine erdnahe Umlaufbahn von etwa 800 km Höhe gebracht wurden. Drei andere nahezu baugleiche Satelliten aus Kanada und Polen folgten bis Mitte 2014. BRITE-Constellation hat seitdem mehr als 550 Sterne mit Größenklassen zwischen 0 und 6 im optischen Licht beobachtet, wobei die schwächsten Sterne gerade noch mit freiem Auge unter exzellenten Beobachtungsbedingungen zu sehen wären. In jedem 24 Quadratgrad großen Feld werden typischerweise 15 bis 20 Sterne etwa ein halbes Jahr lang ununterbrochen vermessen – ein Bereich so groß wie z.B. das gesamte Sternbild des Orion oder der große Wagen.

Am 22. März 2018 wurde Rainer Kuschnig, Operations Manager von BRITE-Constellation an der TU Graz, bei seiner täglichen Kontrolle der fünf Nano-Satelliten sehr überrascht: In einem der BRITE Bilder war plötzlich ein zweiter Stern aufgetaucht, der am Vortag noch nicht dort war und von Tag zu Tag heller wurde. Kuschnig berichtet: "In den letzten fünf Jahren habe ich Millionen von Bildern gesehen, die unsere Satelliten aufgenommen haben, aber noch nie ist mir so etwas untergekommen!" Eine Recherche auf den Webseiten, die die Top-Neuigkeiten am Sternenhimmel ankündigen zeigte, dass der neue Stern als eine Nova identifiziert war und den Namen "ASASSN-18fv" oder eleganter "Nova Carinae 2018" bekommen hatte.

BRITE-Constellation führte reguläre Beobachtungen in der Konstellation Schiffskiel (Carina) durch, die im Februar 2018 begannen. Einer der insgesamt 18 Sterne, die in diesem 24 Quadratgrad großen Beobachtungsfeld vermessen wurden, war der rote Riesenstern mit der Katalognummer HD 92063 und einer Spektralklasse von K1 sowie einer Helligkeit von 5.08 im Visuellen. In nur etwa drei Bogenminuten Abstand von dem roten Riesen war auf dem Detektor nach einem Monat völlig unerwartet eine Nova aufgetaucht, die rasch an Helligkeit gewann. Zum Vergleich: Der Vollmond hat von der Erde aus gesehen etwa einen Durchmesser von etwa 30 Bogenminuten – zehn Mal so viel wie der Abstand der Nova zu dem roten Riesen.

Eine Nova oder klassische Nova ist ein vergängliches astronomisches Phänomen: Unerwartet und plötzlich taucht ein heller, scheinbar neuer Stern auf, der zunächst an Helligkeit gewinnt, um dann langsam über mehrere Wochen bis Monate wieder lichtschwächer zu werden.

Die Vorgänger aller beobachteten Novae sind immer Doppelsternsysteme, in denen die beiden Sterne so nah bei einander stehen, dass Materie von einem Stern auf den anderen fließt (Abbildung 2). Im Fall einer klassischen Nova wie Nova Carinae 2018 kann es sich entweder um ein Paar von roten Zwergen handeln, die gerade dabei sind miteinander zu verschmelzen, oder um einen weißen Zwerg mit einem zweiten Stern, wo einer dem anderen Materie entzieht. Das neu entstandene Objekt ist allerdings sehr viel leuchtkräftiger als die beiden Vorgänger-Sterne. Die Ursachen des plötzlichen und dramatischen Aufscheinens einer Nova sind verschieden und hängen von den exakten Bedingungen der zwei Vorgänger-Sterne ab.

Normalerweise werden Novae von speziell dafür vorgesehenen Instrumenten auf der Erde entdeckt und nur ein paar Mal pro Nacht vermessen. Nur wenn mehrere Stationen von der Entdeckung berichten, werden die Beobachtungen von empfindlicheren Instrumenten auf der Erde und im Weltraum übernommen. Bis das allerdings passiert, vergehen typischerweise zwei bis drei Wochen nach dem Ausbruch der Nova. Daher werden üblicherweise gerade die ersten, flüchtigen Phasen der Nova nicht mit ausreichender Genauigkeit aufgenommen. Aber gerade diese frühen Phasen sind für das Verständnis dieses Phänomens besonders wichtig.

Im Fall der Nova Carinae 2018 allerdings beobachteten die BRITE-Constellation Satelliten die komplette Entwicklung – den ursprünglichen Ausbruch der Nova, das Helligkeitsmaximum, und die Endphasen – in noch nie dagewesener zeitlicher Auflösung und Präzision über insgesamt 150 Tage (siehe Abbildung 3). Das bietet die einzigartige Gelegenheit für Experten in diesem Forschungsgebiet die Anfangsphasen der Nova auf eine solide theoretische Basis zu stellen und offene Fragen zu klären. 

Wissenschaftlicher Kontakt

Ao. Univ.-Prof. Werner W. Weiss

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