Wer bleibt, wer geht? Perspektiven ausländischer StudienabsolventInnen

Die Universitäten wünschen sich mehr Anstrengungen der Politik, ausländische AbsolventInnen im Land zu halten. "An einem hohen Verbleib muss Österreich Interesse haben", betont der Vizerektor der Universität Wien und Vorsitzende des Forums Internationales der Universitätenkonferenz (uniko), Heinz Faßmann.

Die öffentliche Diskussion über den vermeintlich zahlenmäßig geringen Verbleib ausländischer Studierender in Österreich fußt seit Jahren auf einer nicht gesicherten, statistischen Grundlage. Das aktuelle Internationalisierungspanorama der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko) sowie der von Statistik Austria veröffentlichte Bericht "Bildung in Zahlen" belegen eindeutig: Der von der OECD 2011 für Österreich veröffentlichte Anteil internationaler Studierender mit verändertem Aufenthaltsstatus und weiterem Aufenthalt ("Verbleibsrate") von rund 17 Prozent ist definitiv falsch. Und zwar deshalb, weil diese Verbleibsrate auf der Änderung der Aufenthaltstitel basiert und damit zumindest Studierende aus der EU bzw. dem EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) nicht berücksichtigte.

Bleiben oder gehen

Die tatsächliche Verbleibsrate ist hingegen deutlich höher – das zeigt das vorliegende Internationalisierungspanorama. Diesem liegt ein Datensatz zugrunde, der AbsolventInnen dreier Studienjahre zusammenfasst und die Veränderung der Sozialversicherung beobachtet. Daraus wird ersichtlich, ob eine Person – die zum Zeitpunkt des Studienbeginns bereits eine Sozialversicherungsnummer besaß – in Österreich verbleibt und eine Erwerbsarbeit aufnimmt oder verbleibt, aber nicht erwerbstätig wird, weil vielleicht ein weiteres Studium absolviert wird, eine Familie begründet wird oder ein nicht sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vorliegt. Das Datenmaterial weist zwar Unschärfen auf, lässt aber auf Folgendes schließen: Rund 16 Monate nach Beendigung des Studiums sind bei den meisten Graduiertengruppen zumindest 40 Prozent in Österreich erwerbstätig geworden und weitere rund 20 Prozent verbleiben ohne eine anschließende Erwerbstätigkeit.

Entscheidung über einen Umzug hängt vom Arbeitsmarkt ab

Zu einem ähnlichen – wenn auch höheren Ergebnis – kommt eine Analyse der Statistik Austria, die auf einer Verknüpfung des Bildungsregisters mit der Wanderungsstatistik basiert. Demnach verblieben nach einem Master- oder Diplomabschluss rund 70 Prozent der Graduierten aus Nicht-EU-Staaten in Österreich. Bei den Deutschen waren es fast 75 Prozent und bei den Personen aus anderen EU-Staaten als Österreich und Deutschland sogar rund 80 Prozent. Mit Erreichen des höchstmöglichen Bildungsniveaus, dem Abschluss eines Doktorats, zieht es allerdings mehr Menschen ins Ausland und weniger bleiben in Österreich.

Die Entscheidung über einen Umzug nach dem Studium hängt sehr stark von den Chancen auf dem Arbeitsmarkt ab. Das zeigt das Beispiel der MedizinabsolventInnen: Hier wandern auch unter den inländischen 13 Prozent ab. Ein weiterer Faktor dürfte der Studientyp sein, denn vor allem unter den BA-AbsolventInnen hängen viele nach ihrem Erstabschluss ein Folgestudium an. Das bildungsbezogene Erwerbskarrieren-Monitoring kommt auf eine Übertrittsrate in den Master von 80 Prozent.  

Rot-Weiß-Rot-Karte

Laut Heinz Faßmann, Vizerektor der Universität Wien und Vorsitzender des uniko-Forums Internationales, wäre eine Öffnung der Rot-Weiß-Rot-Karte für Bachelor- und DoktoratsabsolventInnen ein notwendiger Schritt, um mit den attraktiveren Verbleibsbedingungen in Deutschland Schritt halten zu können.

Seit geraumer Zeit gibt es die politische Diskussion über eine mögliche Verbreiterung der Anspruchsberechtigten der Rot-Weiß-Rot-Karte. Neben arbeitsmarkt- und integrationspolitischen Überlegungen spielt dabei auch die Tatsache eine Rolle, dass ausländische Studierende wenig zur Abdeckung der realen Studienkosten beitragen. Erst wenn diese nach dem Studium verstärkt in Österreich bleiben und eine Erwerbsarbeit aufnehmen, kann über die damit verbundene Steuerleistung ein Beitrag zu den von der öffentlichen Hand finanzierten Bildungsausgaben geleistet werden.


Dabei erfasst die derzeitige Regelung jedoch nicht einmal die Hälfte der Graduierten aus Drittstaaten (nur AbsolventInnen von Master und Diplomstudien). "Die Rot-Weiß-Rot-Karte schließt die besonders Hochqualifizierten, nämlich die AbsolventInnen eines Doktoratsstudiums aus, sofern diese ihren Master nicht in Österreich absolviert haben. Das häufig gebrauchte Diktum von der Willkommenskultur wird angesichts der Rigidität dieser Regelung persifliert", betont Heinz Faßmann, Vizerektor der Universität Wien und Vorsitzender des uniko-Forums Internationales. Laut Faßmann wäre eine Öffnung der Rot-Weiß-Rot-Karte für Bachelor- und DoktoratsabsolventInnen ein notwendiger Schritt, um mit den attraktiveren Verbleibsbedingungen in Deutschland Schritt halten zu können.

Im Internationalisierungspanorama wird außerdem darauf hingewiesen, dass die politische Diskussion um den fiskalischen Nutzen der in Österreich ausgebildeten internationalen Studierenden zu eng und zu einseitig sei: "Internationale Studierende sind unabhängig vom ökonomischen Nutzen ein wichtiges Element einer weltoffenen, attraktiven und wettbewerbsstarken Universität." (OTS/red)