"Traumjob: Privatgelehrter"

Am 16. Juni erschien die neueste Ausgabe von "univie", dem Magazin des Alumniverbands für die AbsolventInnen und MitarbeiterInnen der Universität Wien – diesmal zum Schwerpunktthema "Bürokratie". Lesen Sie hier in einem ausgewählten Artikel aus der aktuellen Ausgabe die besten Auszüge aus dem Gespräch des ORF-Anchors Armin Wolf mit Falter-Journalist Florian Klenk, das im Rahmen der Veranstaltungsreihe "unitalks" am Abend des 31. März 2011 stattgefunden hat.

Sein Vater war Hausmeister, seine Mutter Lebensmittelverkäuferin. Dass er trotzdem studierte, sagt Armin Wolf, verdanke er seiner Unsportlichkeit, die ihn als Kind zum Lesen brachte, und seiner Großmutter, die den Vater davon überzeugte, den Sohn aufs Gymnasium zu lassen. Ab 1985 studierte der heute 44-Jährige Politikwissenschaft – "ich wollte der Nachfolger von Anton Pelinka werden" – zuerst in seinem Heimatort Innsbruck, dann an der Universität Wien. Nach Stationen als Guten-Morgen-Moderator im Regionalradio, USA-Korrespondent, Außenpolitik- und Innenpolitikredakteur moderiert Armin Wolf seit neun Jahren die ZIB 2.

Florian Klenk: Man hat dich nicht bei der Schülerzeitung mitarbeiten lassen?

Armin Wolf: Ein Trauma, ja.

Klenk: Woraufhin du selbst eine gegründet hast.
Wolf: Ja – stell dir vor, sie hätten mich im ORF nicht mitarbeiten lassen ...

Klenk: Du hast 2000 eine Diplomarbeit abgegeben. Viel interessanter ist wann du mit dem Studium begonnen hast.
Wolf: Ich habe 1985 ambitioniert zu studieren begonnen, aber daneben im ORF-Landesstudio Innsbruck gearbeitet, ich musste ja meine Miete bezahlen. Dann war ich als Außenpolitikredakteur in Wien von 8 bis 18 Uhr in der Redaktion, da war es mit Studieren schwierig. An meinem 30. Geburtstag dachte ich mir: Du wirst das nie fertigmachen und habe exmatrikuliert. Das hat mich sechs Wochen später so geärgert, dass ich beschlossen habe, ich studiere fertig. Nach insgesamt 29 Semestern habe ich spondiert, hier in diesem Haus.

Klenk:
Ende 1985 wird Armin Wolf Radioreporter. Er berichtet 1989 über die sanfte Revolution in der Tschechoslowakei. Er berichtet über den Kriegsausbruch in Jugoslawien, was war das für eine Zeit als Journalist?

Wolf: 1989 war ich mehrere Wochen in Prag, ich bin dort relativ zufällig hingekommen – als junger Journalist macht man viel, von dem man überhaupt keine Ahnung hat. Jeden Abend gab es Demonstrationen mit 100.000 Leuten. Der Höhepunkt war am 24. November bei der täglichen Pressekonferenz in einem Theater: Fünf oder sechs Dissidenten sitzen auf der Bühne, als einer aus dem Vorhang kommt und Václav Havel (späterer Präsident der Tschechoslowakei, Anm.) etwas ins Ohr flüstert. Er schaut ungläubig, schüttelt den Kopf, nimmt das Mikrofon und sagt, er hört gerade, dass das Politbüro der Kommunistischen Partei zurückgetreten ist. In dem Moment stehen 300 JournalistInnen aus aller Welt auf und applaudieren, ein paar haben geweint. Ein unglaublich emotionaler Moment, den man sich heute nicht mehr vorstellen kann – und sicher einer der absoluten Höhepunkte in meiner Laufbahn, da dabei zu sein.

Klenk: Wenn man die Chance hat, so ein Reporter zu sein – warum entschließt man sich dann, Interviewer zu werden?

Wolf: Ich habe begonnen, Tschechisch zu lernen und stellte fest, dass ich sprachunbegabter bin als ich dachte. Und als Außenpolitik-Redakteur arbeitet man zum Großteil mit Agenturmaterial. Ich fand die Möglichkeit, die Leute, über die man berichtet, auch tatsächlich jeden Tag zu treffen, interessanter.

Klenk:
Das Gespräch als Mittel der Aufklärung ist deine journalistische Form geworden. Wozu brauchen wir eigentlich Gespräche mit PolitikerInnen, wenn wir JournalistInnen doch ständig daran arbeiten, sie vorzuführen?
Wolf: Das Interview ist die Möglichkeit, direkt zu hinterfragen, was die Leute, die die Gesetze machen, sich dabei gedacht haben und ob sie sich etwas gedacht haben. Es ist ein Gespräch von zwei Menschen für ein Publikum, mit dem echten Nachteil, dass sie unterschiedliche Interessen haben. Ich will die Fragen stellen, die das Publikum interessieren, der Politiker sieht die Chance von sechs Minuten gratis Sendezeit – und der Wolf stört.

Klenk:
Armin Wolf in 10 Jahren, wo ist er?
Wolf: In zehn Jahren bin ich vielleicht noch Journalist, vielleicht bin ich im Wissenschaftsbetrieb, wohl nicht mehr als klassischer Uniprofessor, das geht sich mit meiner Biografie nicht aus. Der Traum wäre ja Privatgelehrter, hier fehlt noch der Sponsor. Wenn jemand im Raum ist: Ich würde einmal die Woche zu Ihnen kommen und Ihnen zwei Stunden lang erklären, was auf der Welt los ist. Wenn Sie mir dafür mein ORF-Gehalt bezahlen, würde ich das machen …

Lesen Sie den gesamten Artikel auf der "univie"-Website des Alumiverbands (hier online blättern). Das komplette Gespräch von Armin Wolf und Florian Klenk finden Sie hier zum Nachhören.