Papstwahl 2013: Unkonventionelle Gedanken eines Juristen und Historikers

Der Papst-Rücktritt dominiert die Medien. Antworten sind gefragt – und damit ExpertInnen aus der Wissenschaft. Religionsrechtler Stefan Schima von der Universität Wien hat seine Prognosen als ORF-Studiogast und im "Standard"-Interview abgegeben. Für uni:view brachte er seine Gedanken zu Papier.

"Für einen liberalen Papst wird kein Platz sein" – so die Überschrift des Interviews, das ich vor drei Tagen dem "Standard" geben durfte. Bei näherer Betrachtung des Textes heißt es: "Denkt man nun ganz logisch, dann kann man davon ausgehen, dass für einen liberalen Papst kein Platz ist. Andererseits muss man auch sagen, dass Veränderungen nie angekündigt werden." Dieser Satz sei nun näher erläutert: In der Papstgeschichte sind häufig Situationen eingetreten, die darauf schließen ließen, dass sich nach einem Pontifikats-Ende nichts oder nur wenig am bisherigen päpstlichen Führungsstil ändern würde. Wiederholt ist etwa der Fall anzutreffen, dass ein Papst so lange regierte, dass er den überwiegenden Großteil des Kollegiums zusammenstellen konnte, das seinen Nachfolger zu wählen hatte. Doch der (scheinbar?) logische Schluss, wonach die Wähler nun für päpstliche Regierungskontinuität eintreten würden, bewahrheitet sich nur selten. So ist auf den längstregierenden Papst Pius IX. im Jahr 1878 Leo XIII. gefolgt, der in vielerlei Hinsicht als das genaue Gegenteil seines Vorgängers gelten konnte.

Was ist ein "liberaler Papst"?

Verbleiben wir noch kurz beim Wort "liberal". Es ist äußerst vieldeutig und seine Anwendbarkeit wäre vor allem in Bezug auf katholische Würdenträger erklärungsbedürftig. Ist etwa ein Kandidat "liberal", wenn er für eine Änderung der ablehnenden Position bisheriger Päpste zum Kondomgebrauch eintritt? Würde er dadurch nicht gerade dem von der Katholischen Kirche gelehrten umfassenden Schutz des Lebens gerecht? Andererseits darf gefragt werden: Muss ablehnende Haltung zum Schwangerschaftsabbruch unbedingt mit einer negativen Position zu praktizierter Homosexualität verbunden werden?


Jurist und Historiker Stefan Schima von der Universität Wien zu Gast in der Sendung "Heute Leben"
zur ORF TVthek



Beobachtungen zur Papstwahl

Darüber hinaus darf festgehalten werden, dass bei Papstwahlen sehr oft persönliche Sympathien eine Rolle gespielt haben und die Bedeutung der richtungsmäßigen Zuordnung eines Kandidaten nicht überschätzt werden darf. Es ist unstrittig, dass die Wahl Johannes Pauls II. im Jahr 1978 vom damaligen Wiener Erzbischof Kardinal Franz König gefördert wurde, der den Kandidaten persönlich gut kannte und mit dem Katholizismus polnischer Prägung nicht gut in Verbindung zu bringen ist.

Schließlich sei noch eine "juristische" Beobachtung gestattet, die keineswegs als Vorhersage gedacht ist, sondern nur eine Möglichkeit in den Raum stellen soll. Niemand weiß, ob und wieviel sich während des Pontifikats des Nachfolgers Benedikts XVI. ändern wird. Aber es darf sehr wohl festgehalten werden, dass es ein leichter Schritt wäre, auch Frauen für die Teilnahme an der darauffolgenden Papstwahl zuzulassen. Hier müsste durch den neuen Papst lediglich "bloßes" Kirchenrecht geändert werden, und dies steht nicht in Zusammenhang mit dem Weiheverbot der Frau, von dem in Bezug auf Priester und Bischöfe so oft und gerne behauptet wird, es sei unabänderliches Recht.

Bei all diesen Differenzierungen kann am Schluss nur eine Aussage abgegeben werden, die ein sehr hohes Maß an Sicherheit enthält: Mit der Ankündigung Benedikts XVI., sein Amt nicht durch den Tod beenden lassen zu wollen, hat sich dieser Papst unsterblich gemacht.

Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Stefan Schima lehrt und forscht am Institut für Rechtsphilosophie, Religions- und Kulturrecht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät.