Mein Business: "Das Wichtigste ist, einmal mehr aufzustehen als hinzufallen"

Selma Hansal ist 45 Jahre alt und hat an der Universität Wien Chemie studiert. 2004 gründete sie gemeinsam mit zwei KollegInnen als Spin-out eines österreichischen Forschungszentrums Happy Plating. Ihr Ziel: Eine Brücke zwischen (angewandter) Forschung und industrieller Produktion schaffen.

uni:view: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich selbstständig zu machen – und wann stand fest: Wir gründen eine Firma?
Selma Hansal:
Nach meinem Abschluss in physikalischer Chemie an der Universität Wien habe ich die Projektleitung in einem Forschungszentrum im Raum Niederösterreich übernommen. Dort war ich direkt für die KundInnen aus der Industrie verantwortlich. In Gesprächen mit den IndustriepartnerInnen wurde mir immer klarer, dass es spannend wäre, nach der Forschung auch die Ergebnisse umzusetzen. Es hat meine KollegInnen und mich gereizt, tatsächlich noch industrieangewandter zu arbeiten. Ich wollte Lösungen für viele verschiedene Firmen finden und so kam schließlich die Idee auf, eine eigene Firma zu gründen.

Im Dossier "Mein Business" stellen Alumni der Universität Wien ihr Start-up vor und verraten Tipps und Tricks für (zukünftige) GründerInnen. Das Dossier läuft in Kooperation zwischen dem uni:view-Magazin, der DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung und dem Alumniverband.

uni:view: Sie haben 2004 Happy Plating gegründet – was bieten Sie an?
Hansal:
Happy Plating wurde als Firma für Unternehmensberatung gegründet. Aber es war eigentlich von Beginn an klar, dass wir nur mit Beratung nicht vorankommen. Wir wollten auch Produkte liefern und haben begonnen, eine kleine Technikumsanlage aufzubauen. Begonnen haben wir zunächst mit Auftragsentwicklungen und direkt mit unseren KundInnen Produkte verbessert. Es ging darum, im Hightech-Bereich metallische Oberflächen in Richtung Verschleißschutz zu optimieren oder spezielle Oberflächenmaterialien zu entwickeln – z.B. für eine farbige Brille oder ein verschleißfestes Motorenteil. Für metallische Oberflächen mit besonderen Eigenschaften war man bei uns an der richtigen Adresse. Heute sind wir End-to-End Prozessanbieter, von der Entwicklung bis zur Umsetzung bei unseren KundInnen.

uni:view: Haben Sie sich das Gründen so vorgestellt?
Hansal:
Es gibt immer Stolpersteine. Durch das Gründungsprogramm UNIUN (Vorgängerprogramm von u:start), mit dem ich 2002 begonnen habe, war ich aber auf diese sehr gut vorbereitet. Während des Programms gab es damals verschiedene Schwerpunkte zu Rhetorik und zu rechtlichen Fragen. Das hat mir dann tatsächlich geholfen, durch diese Stromschnellen zu kommen

Der Weg in die Selbstständigkeit: Workshopreihe für NachwuchswissenschafterInnen
Im Wintersemester findet eine Vortrags- und Workshopreihe zum Thema "Selbstständigkeit für NachwuchswissenschafterInnen" statt. Einmal monatlich werden Themen wie die Erstellung eines Businessplans, Steuern und Finanzen, Förderungen und Geistiges Eigentum behandelt. Veranstaltet wird die Workshopreihe von der DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung der Universität Wien in Kooperation mit der Wirtschaftsagentur, der Wirtschaftskammer und iNITS. (Foto:  Shutterstock/Peshkova) Nähere Informationen

uni:view: Was war für Sie die größte Herausforderung?
Hansal:
Wirklich die Firma anzumelden und zu sagen: Heute nehmen wir uns einen Kunden und wagen es, unsere Leistungen mit unserer eigenen Firma anzubieten. Denn es ist etwas anderes, für eine Forschungseinrichtung zu arbeiten, als sich erst seinen eigenen Namen zu machen und zu sagen: Ja, ich stehe dafür und garantiere diese Leistung und dieses Service. Der Beginn war sicherlich der größte Schritt.

uni:view: Und was war der schönste Augenblick?
Hansal:
Ich bin jetzt schon seit über zwölf Jahren selbstständig, und über diesen recht langen Zeitraum gesehen war es wohl der Innovationspreis des Landes Niederösterreich, den wir 2009 verliehen bekamen. Es war die Bestätigung, dass unsere Arbeit wirklich innovativ ist.

Gründerinnen am Wort
Die Start-up Szene wächst und wird bunter. Der Ruf aller Beteiligten nach mehr weiblichen Gründerinnen ist deutlich zu vernehmen. In der neuen dreiteiligen Videoserie des WTZ Ost berichten neun Gründerinnen über ihren Schritt in die Selbständigkeit – darunter auch Selma Hansal. (Foto: Screenshot Video). Zu den Videos

uni:view: Sie haben an der Universität Chemie studiert. Hat Ihr Studium beim Gründen eine Rolle gespielt?
Hansal:
Während des Studiums hatte ich eigentlich noch nicht die Idee, mich selbstständig zu machen. Das kam erst durch die Arbeit im KundInnenkontakt. In meiner Doktorarbeit hatte ich auch schon ein industriebezogenes Thema. Dabei kam mir das erste Mal die Erkenntnis, dass ich an der Anwendungsseite noch mehr bewegen und bei der Umsetzung in die Produktion dabei sein kann, anstatt meine Ergebnisse ausschließlich in einem Fachpaper zu veröffentlichen. So hatte ich die ersten Berührungspunkte.

uni:view: Welche Tipps würden Sie Ihrem damaligen "Gründer-Ich" aus heutiger Sicht geben?
Hansal:
Gute Frage. Das Wichtigste ist, einmal mehr aufzustehen als hinzufallen, dann kommt man zum Erfolg. Und immer daran glauben, dass man es schaffen kann. Es werden einem immer wieder Hindernisse in den Weg gestellt – die sind immer neu, aber auch immer zu bewältigen.

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uni:view: Wie könnte die Universität dazu beitragen, das Thema Gründen sichtbarer zu machen?
Hansal:
Es wäre sicherlich für die Fakultäten interessant, GründerInnenprogramme bekannt zu machen. Das war während meines Studiums noch nicht der Fall, weil GründerInnenservices damals noch ziemlich neu waren. Aber heute wird hier schon viel gemacht. Junge Kollegen von meinem Institut sind zum Beispiel schon bei INiTS aufgenommen. Das war damals noch etwas Exotisches. Die meisten haben automatisch eine universitäre Karriere angestrebt – so war es ja eigentlich auch bei mir zu Beginn.

uni:view: Was heißt für Sie erfolgreich sein?
Hansal:
Jeden Tag in der Arbeit ist es immer wieder die KundInnenzufriedenheit, die wir anstreben. Und immer wieder Projekte erfolgreich abzuschließen und sie dann wirklich in der Umsetzung, in der Produktion, zu sehen.

Steckbrief
Name: Selma Hansal
Alter: 45
Studium: Chemie
Gründungsjahr: 2004
Mein Business: Happy Plating
Mein Motto: Erfolg ist, einmal mehr aufzustehen als hinzufallen
Mein Tipp für GründerInnen: Wenn man es nicht versucht hat, wird man nie wissen, ob man es nicht geschafft hätte. Daher mit Mut und guter Vorbereitung der eigenen Idee folgen.

Das Interview führte Johanna Kober (DLE Forschungsservice und Nachwuchsförderung sowie Wissenstransferzentrum Ost).