Ewa Partyka-Jankowska: Flexibilität als Herausforderung

Der "Back-to-Research Grant" ermöglicht der Physikerin Ewa Partyka-Jankowska, ihre Forschungen an der Universität Wien nach der Karenzzeit fortzusetzen. Ihr Spezialgebiet ist die Strukturuntersuchung von Biomaterialien mit Röntgenkleinwinkelstreuung.

Ich habe Physik studiert, weil …
… ich schon in meiner Kindheit von technischen Geräten begeistert war und versuchte, ihrer Funktionsweise auf den Grund zu gehen. Wann auch immer sich meine Eltern von einem defekten Elektrogerät trennen wollten, brachte ich selbiges unter meine Kontrolle und nahm es Stück für Stück auseinander, um dessen Aufbau besser verstehen zu können. Zwar hätte ich mir auch vorstellen können Medizin – mit dem Ziel Chirurgin zu werden – oder ein technisches Fach zu studieren, aber ich habe mich letztendlich für die Physik entscheiden, da ich mir hier eine breite Ausbildung, bei der das Verstehen der Inhalte im Vordergrund steht, erhoffte.

Die größte Herausforderung auf meinem bisherigen Weg war …
… neben Kinder und Beruf unter einen Hut zu bekommen – womit jede berufstätige Frau konfrontiert ist –, für mich speziell der Beginn meiner Tätigkeit in Wien. Zwar war das Gebiet ähnlich dem auf dem ich vorher gearbeitet habe, aber die experimentellen Methoden waren anders und es stand zudem eine Strahlzeit an einer Großforschungsanlage vor der Tür. Es lag an mir den experimentellen Aufbau, der davor einige Zeit nicht mehr in Verwendung war, wieder in Betrieb zu nehmen und mich gleichzeitig in die verwendeten Methoden einzuarbeiten. Lösen konnte ich diese Aufgabe schlussendlich nur, indem ich mir das nötige Wissen bei Spezialisten in Polen aneignete und die Anlage in Grenoble in dreimonatiger Arbeit, die zum Teil bis tief in die Nacht hineinging, wieder betriebsbereit machte. Wenn das Experiment, so wie in meinem Fall, dann aber zufriedenstellend funktioniert und die gewünschten Ergebnisse liefert, vergisst man  all die Mühe und Strapazen der vorangegangenen Monate.


Back-to-Research Grant: Das Förderprogramm – ursprünglich an der Fakultät Geowissenschaften vom Wissenschafterinnen-Netzwerk nowaGEA konzipiert und entwickelt – wurde 2013 erstmals auf die Fakultät für Lebenswissenschaften sowie die Fakultätscluster Mathematik/Informatik und Physik/Chemie ausgeweitet. Im Rahmen der Fördermaßnahme erhält eine Wissenschafterin einen Arbeitsplatz an der Universität Wien, um dort ihren Forschungsantrag professionell auszuarbeiten und einzureichen bzw. ihre Publikation fertig zu stellen. Voraussetzung ist, dass sich die Bewerberin in der Postdoc-Phase befindet, keine längerfristige Anstellung hat und ihre Forschungsaktivitäten in Zusammenhang mit der Kinderbetreuung reduzieren oder sogar ganz aufgeben musste.


Das Hauptproblem beim Wiedereinstieg in den Wissenschaftsbetrieb nach der Karenz ist …
… das Zeitmanagement. Es fehlt die Flexibilität, die man für Messaufenthalte, Konferenzen und Tagungen benötigt – und die ein essentieller Bestandteil des wissenschaftlichen Lebens sind. Gleichzeitig muss man sehr flexibel sein, weil ein Leben mit Kindern viele Überraschungen, wie beispielsweise plötzlich auftretende Krankheiten, mit sich bringt. Hier ist die Universität allerdings ein sehr unproblematischer Arbeitgeber. Auch das Angebot von Universitätskindergärten, die meine Kinder besuchen und in denen sie sehr gut betreut werden, hilft mir sehr. Der einzige Kritikpunkt sind die Öffnungszeiten, die der Flexibilität, die ich in diesem Beruf brauche, nicht gerecht werden.

Ich habe mich um den Back-to-Research Grant beworben …
… um meine Arbeit auf dem Gebiet der Strukturuntersuchung fortzusetzen. Der "Back-to- Research Grant" gibt mir die Möglichkeit, ein neues Forschungsprojekt einzureichen. In diesem möchte ich mit der Hilfe von Röntgenkleinwinkelstreuung die Strukturänderungen von Biomaterialien als Funktion der Luftfeuchtigkeit bzw. Last untersuchen. Im Speziellen geht es mir um jene Materialien, die Keratin bzw. Chitin enthalten, da diese als Vorlage für neue technische Werkstoffe von großem Interesse sind.

Wie sollen Frauen in der Wissenschaft gefördert werden?
In der heutigen Zeit ist gerade der Anfang der wissenschaftlichen Kariere wichtig. Eine Unterbrechung der Forschungs- und Publikationstätigkeit für mehrere Jahre kann das Aus bedeuten. Auch wenn Männer heutzutage vermehrt bereit sind, bei der Kinderbetreuung Verantwortung zu übernehmen, sind es doch immer noch die Frauen, die vor allem in den ersten Lebensjahren der Kinder den größten Beitrag leisten. Förderungsmaßnahmen wie der "Back-to-Research Grant" helfen diesen beruflichen Nachteil ein wenig auszugleichen. (red)


Ewa Partyka-Jankowska begann ihre wissenschaftliche Ausbildung 1996 mit dem Studium der Physik am Institut für Physik der Jagiellonen Universität in Krakau. 2001 schloss sie das Masterstudium mit Schwerpunkt Kinetik in Legierungen ab und begann am Institut für Engineering der neuen Materialien an der Jagiellonen Universität in Krakau ihr Doktoratsstudium. Im Rahmen dessen ging sie von 2004 bis 2005 durch ein EU Marie-Curie Stipendium ans Institut für Theoretische und Angewandte Physik der Universität Stuttgart. 2007 schloss sie ihre Promotion ab und nahm anschließend an der Universität Wien eine Postdoc-Stelle "Dynamik Kondensierter Systeme" am Institut für Materialphysik in der Gruppe von Gero Vogl an. Dort war sie, inklusive Babypausen 2010 und 2012, sieben Jahre lang im Rahmen von Drittmittelprojekten tätig.