Buchtipp des Monats von Kurt Kotrschal

Für Verhaltensforscher Kurt Kotrschal von der Universität Wien sind Tiere "einfach beste Freunde" und "Partner auf Augenhöhe". Warum der Mensch Beziehungen zu Tieren braucht und umgekehrt, darauf geht er u.a. im Interview ein. Auch einen Buchtipp hat der Wissenschafter für unsere LeserInnen.

uni:view: Kürzlich ist Ihre jüngste Publikation "Einfach beste Freunde. Warum Menschen und andere Tiere einander verstehen" im Brandstätter Verlag erschienen. Sie forschen bereits seit Jahren zur besonderen Beziehung zwischen Mensch und Tier, insbesondere Hund. Was macht das Besondere dieser Beziehung aus?

Kurt Kotrschal: Das eigentlich Besondere ist natürlich, dass sie sich im Grunde nicht von den Beziehungen zwischen Menschen unterscheidet. Besonders ist sie aber dennoch, weil sich Hunde von allen domestizierten Tieren wohl am besten an das soziale Zusammenleben mit Menschen angepasst haben und weil sie im Gegensatz zu unseren menschlichen Partnern sehr bedingungslose Beziehungen mit uns leben, nicht beurteilen, nicht werten.

uni:view: In Ihrem Buch plädieren Sie auf "Das Menschenrecht auf Tierhaltung" und umgekehrt auch das "Tierrecht" auf ein Leben mit Menschen". Warum "brauchen" beide Seiten einander?

Kurt Kotrschal: Ja. Menschen sind "biophil", um Edward Wilson zu zitieren, also nahezu instinktiv an Natur und Tieren interessiert, was man besonders an Kindern sieht. Und Tiere brauchen in einer bis in den letzten Winkel von uns geprägten Welt den vollen Respekt, die Aufmerksamkeit und oft genug die Hilfe des Menschen. Dis gilt für Wildtiere in ihren schrumpfenden Lebensräumen, wie auch für domestizierte Tiere. So ist der wichtigste Faktor für das Wohlergehen eines Hundes seine gute Beziehung zum Halter.

uni:view: Sie selbst sind auch seit Jahren Hundebesitzer. Wie erleben Sie Ihren Alltag mit den Tieren?


Kurt Kotrschal: Hunde, Wölfe, Gänse, Raben, Fische, etc. gehören einfach dazu, zum Lebensstil und natürlich zu meinen beruflichen Interessen. Sie sind selbstverständliche Partner und wie mit allen Partnern ist auch die Beziehung zu anderen Tieren vorwiegend, aber nicht ausschließlich von Harmonie geprägt.

uni:view: Das Festhalten der ÖsterreicherInnen an Haustieren zeige, dass der Bezug zu Tieren notwendig ist, wie Sie schreiben. Banal gefragt, warum lieben wir Hunde und Katzen und essen Kuh und Schwein?

Kurt Kotrschal: Nicht nur der Österreicher. Das ist ein weltweites Phänomen, und das war immer schon so seit dem frühesten Neolithikum. In nahezu zweckfreien Beziehungen zu sozialisierten Tieren zu leben gehört zu den Alleinstellungsmerkmalen des Menschen. Weltweit nimmt heute die Haltung von Hunden und Katzen mit der fortschreitenden Urbanisierung linear zu.

Dass wir Hunde streicheln und sogar manche Schweinchen, andere Schweine dagegen essen ist nur scheinbar ein Widerspruch. Die Regel lautet: Mit wem man sozialisiert ist, den isst man nicht. Es wäre auch ein Irrtum zu meinen, weil Leute ihre Hunde lieben, müssten sie alle Tiere lieben, oder wenigstens alle Hunde. Obwohl ich meine Hündin sehr mag, wär es doch etwas zu viel von mir verlangt, den keifenden Köter meines Nachbarn zu lieben, obwohl der ja eigentlich nichts dafür kann :-)


GEWINNSPIEL
Das Gewinnspiel ist bereits verlost. Doch die gute Nachricht: In der Universitätsbibliothek stehen die Bücher interessierten LeserInnen zur Verfügung.

1 x "Einfach beste Freunde. Warum Menschen und andere Tiere einander verstehen" von Kurt Kotrschal
1 x "Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins" von Milan Kundera



uni:view: Welches Buch empfehlen Sie unseren LeserInnen?


Kurt Kotrschal: Milan Kundera: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins

uni:view: Einige Gedanken, die Ihnen spontan zu diesem Buch einfallen?

Kurt Kotrschal: Wahrer Humanismus bezieht auch die anderen Tiere mit ein.

uni:view: Sie haben den letzten Satz gelesen, schlagen das Buch zu. Was bleibt?

Kurt Kotrschal: Ein gutes, leicht melancholisches Zusammengehörigkeitsgefühl.


VERANSTALTUNGSTIPP:
Von 9. bis 12. Oktober 2014 findet in Grünau im Almtal das 1. Biologicum Almtal zum Thema "Gefühle. Warum wir fühlen wie wir fühlen. Die Biologie der Emotionen" statt. Das Biologicum Almtal, geleitet von Kurt Kotrschal, ist eine jährliche Veranstaltung für die populäre Vermittlung biologischer Wissenschaft.
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