Yoga im Wandel der Zeit

Erstmals beschäftigt sich an der Universität Wien eine internationale Konferenz mit dem globalen Phänomen Yoga. Von Donnerstag, 19. bis Samstag, 21. September, stehen Geschichte und Gegenwart von Yoga im Zentrum der wissenschaftlichen Vorträge und Diskussionen.

Yoga ist etwa 2.500 Jahre alt, die wissenschaftliche Beschäftigung mit modernen Yoga ist mit ca. 25 Jahren sehr jung, auf traditionellen indischen Yoga wurde die europäischen Wissenschaft bereits Ende des 18. Jahrhunderts aufmerksam. "Derzeit gibt es viel Bewegung in der Yogaforschung – sowohl zum alten südasiatischen Yoga als auch zum modernen Yoga", erklärt Karl Baier vom Institut für Religionswissenschaft, gemeinsam mit Philipp A. Maas und Karin C. Preisendanz vom Institut für Südasien-, Tibet- und Buddhismuskunde der Universität Wien Organisator der Konferenz "Yoga in Transformation".

"Unsere Konferenz behandelt dabei das gesamte Spektrum heutiger Yogaforschung und legt den Fokus darauf, Forschungen zu südasiatischen Traditionen und zeitgenössischem Yoga zusammenzubringen. Der Trend geht zusehends dahin, diese beiden Forschungsschwerpunkte miteinander zu verknüpfen und sie nicht, wie früher üblich, getrennt zu betrachten."

Wie Yoga in den Westen kam

Die ersten europäischen Kontakte zum traditionellen Yoga gab es wahrscheinlich punktuell schon im Mittelalter, wenn nicht gar in der Antike; konkret belegt sind sie dann in Reiseberichten der Frühen Neuzeit. "Richtig bekannt wurde Yoga hierzulande aber erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts, auch weil damals alte Yogatexte erstmals aus dem Sanskrit übersetzt wurden", so Karl Baier. Daraufhin wuchs das Interesse in adeligen, intellektuellen und künstlerischen Kreisen recht schnell, wobei Yoga zunächst hauptsächlich als Meditationspraxis rezipiert wurde. Körperbetontes Yoga mit seinen Asanas setzte sich erst später durch. "Asanas wurden zunächst als Verbiegungsartistik abgetan. Das sollte sich aber schon in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ändern."

Religionswissenschafter Karl Baier betont, dass Yoga im frühen 19. Jahrhundert in Indien selbst gar nicht so populär war: "Yoga hat erst durch das rege Interesse des Westens ein Revival in Indien erlebt, und auch die indische Praxis hat sich durch westliche Einflüsse – z.B. die moderne Gymnastik  – weiterentwickelt." Auf der Konferenz widmen sich zwei Vorträge dem Einfluss von nordischer Gymnastik und deutscher Naturheilkunde auf den südasiatischen Yoga.

Wien und Yoga

Die erste "Yogawelle" erfasste Wien nicht erst in den 1960er Jahren, sondern bereits 80 Jahre davor, während der Wiener Moderne. In dieser Zeit – 1880 bis 1914 – florierten besonders unter Künstlern und Intellektuellen der Okkultismus und die Theosophie in Wien. "In diesem Kontext wurde Yoga bekannt. Man experimentierte auch praktisch damit und suchte den Kontakt mit Lehrern aus Indien", so der Religionswissenschafter Karl Baier, der über dieses Thema ausführlich in seinem eigenen Konferenzbeitrag am Freitag, 20. September um 14 Uhr referieren wird.

Globales Yoga

Heute ist Yoga ein globales Phänomen und hat auf jedem Kontinent eine breite Anhängerschaft. Selbst in islamischen Ländern, wo häufig Skepsis gegen jede andere Form von Religionsausübung herrscht, ist die Zahl regelmäßig praktizierender Yogis im Steigen – mit dieser spannenden Thematik der muslimischen Yogarezeption beschäftigt sich der Konferenzvortrag "Bīrūnī's Choices of Interpretation and Methods in His Kitāb Pātanjal" von Noémie Verdon am Donnerstag, 19. September um 11.45 Uhr.

Für Karl Baier, der schon in den 1970er Yoga kennenlernte und auch selbst Yogalehrer ist, hat die Meditationsform als Massenbewegung sowohl Vor- als auch Nachteile: "In der Lehrpraxis sind große Qualitätsunterschiede festzustellen, da auch einige Leute den Boom ausnutzen, und Yogalehrer werden, um ohne viel Aufwand Geld zu machen. Gleichzeitig existiert aber auch ein Angebot an guten Ausbildungen und Schulen. Durch die Breitenwirkung von Yoga stehen Interessierten viele Informationskanäle – wie z.B. in Österreich der 'Yogaguide' – zur Verfügung." Auch diese aktuellen Themen stehen auf dem Konferenzprogramm, wie z.B. "BDY and the Situation of Yoga Teachers in Germany" und "Spaces for Yoga".

Religions- und kulturwissenschaftliche Perspektive

Bewusst ausgeklammert haben die OrganisatorInnen der Yoga-Tagung die medizinischen und empirisch-psychologischen Aspekte der Yoga-Praxis. "Auch in diesen Bereichen findet spannende Forschung statt. Warum wir sie ausgelassen haben? Das hat den einfachen Grund, dass wir sonst eine zehntägige Konferenz organisieren hätten müssen", schmunzelt Baier: "So konzentrieren wir uns auf die Bereiche, in denen wir hier an der Universität Wien ExpertInnen sind, und freuen uns darauf, internationale KollegInnen zu begrüßen und uns mit ihnen auszutauschen." (td)

Konferenz: Yoga in Transformation
Donnerstag, 19. bis Samstag, 21. September
Fakultät für Informatik, Hörsaal 1
Währinger Straße 29, 1090 Wien
Nähere Informationen und Programm

Die Tagung richtet sich nicht nur an WissenschafterInnen sondern auch an eine Yoga interessierte breite Öffentlichkeit.

 Zur Liste