Rechts- und Institutionenökonomie im Fokus

Am Montag, 15. Dezember, präsentiert sich die neue Forschungsstelle für Rechts- und Institutionenökonomie an der Universität Wien der Öffentlichkeit. Zu diesem Anlass wird u.a. der Rechtsökonom Daniel Chen im Juridicum über außerrechtliche Einflussgrößen auf richterliche Entscheidungen sprechen.

Die Universität Wien richtet eine neue Forschungsstelle für Rechts- und Institutionenökonomie ein. Damit wird die ökonomische Analyse des Rechts noch stärker als Forschungsfeld verankert und gleichzeitig soll die Verbindung zu den Wirtschaftswissenschaften gestärkt werden. Das "Center for the Economic Analysis of Law" steht unter der Leitung von Peter Lewisch, Professor am Institut für Strafrecht und Kriminologie, und Robert Rebhahn, Professor am Institut für Arbeits- und Sozialrecht (beide Universität Wien).

"Es gibt in Österreich eine sehr lange Tradition der Verbindung von Rechts- und Wirtschaftswissenschaften", erklärt Lewisch: "Die Forschungsstelle soll diese Tradition mit den modernen Entwicklungen im Grenzbereich der beiden Wissenschaften, der ökonomischen Analyse des Rechts, der sogenannten Institutionenökonomie, und auch mit Public Choice, der ökonomischen Analyse der Politik, verbinden". Die Rechts- und Institutionenökonomie ist an den führenden US-amerikanischen Universitäten längst fixer Bestandteil von Forschung und Lehre und hat auch an deutschen Universitäten Einzug gehalten. 

Theoretischer Hintergrund

Recht beschäftigt sich mit dem, was sein soll – die Rechtswissenschaft selbst hat aber kein Modell menschlichen Verhaltens, auf dessen Grundlage man die tatsächliche Wirkungsweise von Normen, und damit ihre erwünschten und unerwünschten Effekte, beurteilen und evaluieren könnte. Die Ökonomie bringt diesbezüglich ihre eigene Methode ein: Das sind sowohl das klassische Homo-Oeconomicus-Modell als auch verhaltensorientierte Ansätze (behavioral economics). Dazu kommen in jüngster Zeit auch noch Beiträge aus der experimentellen Ökonomie (experimental economics) und der Neuroökonomie (neuroeconomics).

Besonders wichtig ist es, dass "die Rechtsökonomie nicht als ein eigenes abgegrenztes Nebengebiet ohne Bezug zur rechtswissenschaftlichen Tätigkeit wahrgenommen wird, sondern – durch die neue Perspektive – auch als eine nützliche Ergänzung und Bereicherung der eigentlichen juristischen Arbeit in den jeweiligen Kerndisziplinen", so Peter Lewisch.

Experten Daniel Chen und Hans-Bernd Schäfer an der Universität Wien

Am Montag, 15. Dezember, spricht Daniel Chen von der ETH Zürich zu den außerrechtlichen Einflussgrößen auf richterliche Entscheidungen. Ist das Ergebnis des Fußballspiels vom Sonntag (mit) von Bedeutung für die richterliche Entscheidung am Montag? "Die Antwort lautet empirisch gesehen: ja", erklärt Lewisch.

Daniel Chen leitet zur Zeit das Center for Law & Economics an der ETH Zürich. Nach seinem Studium an den Universitäten Harvard und Oxford absolvierte er sein PhD-Studium am renommierten MIT und ging dann an die University of Chicago. Vor seinem Wechsel nach Europa war er auch an der Duke University.

Am 16. Jänner 2015 folgt ein Vortrag des "großen Mannes der deutschen Rechtsökonomie", Hans-Bernd Schäfer, von der Bucerius Law School, Hamburg, zum Thema "Eurobonds". Im September 2015 findet schließlich die Jahrestagung der "European Association of Law and Economics" in Wien statt. Gastgeber sind – beide – Fakultäten der Universität Wien, die Rechtswissenschaftliche und die Wirtschaftswissenschaftliche. (vs)

Vortrag von Daniel Chen (Chair of Law and Economics, ETH Zürich):
Impossibility of Objective Judgements? Priming, Gambler’s Fallacy, Mood, Voice, and Peer Effects in U.S. Courts
Montag, 15. Dezember 2014, 17.15 Uhr
Dachgeschoß des Juridicums der Universität Wien
Schottenbastei 10-16, 1010 Wien

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