Oskar Morgenstern-Medaille für Robert Engle

Am 22. Oktober nahm US-Finanzökonom und Nobelpreisträger Robert Engle die Oskar Morgenstern-Medaille der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften entgegen. Sein anschließender Vortrag kreiste um die Frage, wie viel Kapital Finanzfirmen im Falle einer weiteren Krise aufbringen müssten.

Im Rahmen des 650-Jahr-Jubiläums der Universität Wien verlieh die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften am 22. Oktober 2015 zum zweiten Mal die Oskar-Morgenstern-Medaille.


Christa Schnabl, Vize-Rektorin der Universität Wien, hieß den diesjährigen Preisträger, den US-Ökonomen Robert Engle, willkommen und erinnerte sich an den Wissenschafter Oskar Morgenstern zurück, der als Namensgeber für die Auszeichnung Pate steht: Die Medaille wurde vor zwei Jahren zu Ehren des österreichisch-amerikanischen Wissenschafters das erste Mal an Roger B. Myerson verliehen, gleichzeitig zeugt sie von einer kritischen Auseinandersetzung mit den Verbrechen an Wissenschaft und Menschheit während des NS-Regimes.  


Oskar Morgenstern wurde 1902 in Görlitz geboren, studierte und habilitierte sich an der Universität Wien. 1938 emigrierte er in die USA und lehrte an der Princeton University. Gemeinsam mit John von Neumann begründete er die Spieltheorie – eine Theorie an der Schnittstelle zwischen Ökonomie und Mathematik. 1963 rief er mit Paul F. Lazarsfeld das Wiener Institut für Höhere Studien (IHS) ins Leben.


Börsencrash, Schuldenkrise in Griechenland oder wachsende Flüchtlingsströme – ein Blick in die Zeitung verrät: "Krisen gab es immer, gibt es und wird es immer geben", so Oliver Fabel, Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Umso mehr wisse er die Bemühungen engagierter WissenschafterInnen zu schätzen, die sich den Mechanismen der Krisen annehmen und zu verstehen versuchen. Einen von diesen WissenschafterInnen begrüßte er herzlich an der Universität Wien: Robert Engle.


Zudem bezeichnete sich Fabel als einen "glücklichen Professor", als er den Blick durch das Publikum streifen ließ und viele seiner Studierenden erblickte, die "aus freien Stücken" zum Vortrag des renommierten Finanzökonomos Robert Engle erschienen waren.


Nikolaus Hautsch vom Institut für Statistik und Operations Research stellte den diesjährigen Preisträger vor. Als junger PhD-Student lernte er Robert Engle auf einer Konferenz in Paris kennen – die Begegnung mit "Bob" war das Highlight des Forschungsaufenthaltes. Seitdem stehen die Wissenschafter im Austausch – in den letzten drei Wochen haben sie sich gleich vier Mal bei verschiedenen Anlässen getroffen.


Robert Engle – nicht nur renommierter Ökonom, sondern auch erfolgreicher Eiskunstläufer – studierte Physik bevor er im Fach Business an der Cornell University dissertierte. Er war Professor an der University of California (UCSD) und lehrt aktuell an der NYU Stern School of Business, ebenfalls in New York. 2003 wurde ihm – gemeinsam mit Clive W.J. Granger – der Preis für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank in Gedenken an Alfred Nobel verliehen.


Dekan Oliver Fabel überreichte die Oskar Morgenstern-Medaille an den Ökonomen Robert Engle. Für ihn war es "eine große Ehre", die Auszeichnung der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften entgegen zu nehmen.


Im anschließenden Vortrag "The prospect for global financial stability" ging er der Frage nach, wie viel Kapital Finanzfirmen im Falle einer weiteren Krise aufbringen müssten und begann mit einem Rückblick auf die Vergangenheit: Im September 2008 musste die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz beantragen – der Beginn einer globalen Finanzkrise. Hätte der Staat die Bank retten und so die Krise verhindern können? Wenn Firmen auf staatliche Hilfen vertrauten, nähmen sie zu viel Risiko in Kauf und würden erst recht zur Gefahr, weiß Robert Engle. Sein Rat lautet daher: "Gar nicht erst in  Krisensituationen kommen."


"Einfach zu sagen, aber nicht einfach zu machen", gab der Finanzökonom zu. Seit mehreren Jahren beschäftigt sich der Wissenschafter bereits damit, wie globale finanzielle Stabilität erreicht werden könne. Dem interessierten Publikum stellte er Methoden zur Analyse ökonomischer Zeitreihen mit zeitlich variablen Schwankungsbreiten von Finanzierungs- und Investitionsmöglichkeiten vor.


An der NYU Stern School of Business hat er das Volatility Institute ins Leben gerufen, das mit dem V-Lab Messungen in Echtzeit anbietet. So werden Vorhersagen über finanzielle Stabilität, aber auch Rückblicke in die Vergangenheit möglich. Und wie sieht die Prognose für die Zukunft aus? "Wir werden es mit finanziellen Risikosituationen zu tun haben. Wir sollten ein Auge auf China, Japan, aber auch Frankreich und Großbritannien werfen", so Engles Einschätzung.  


Nach dem Vortrag war der Jubel groß. Robert Engle verabschiedete sich, um dann mit seinen KollegInnen der Universität Wien und seiner Frau Marianne, die selbst einige Zeit in Österreich gelebt hat, den Tag im Restaurant ausklingen zu lassen. (Alle Fotos: Phillip Lichtenegger/Universität Wien)