Forschung vom Affenberg

Für drei Studierende der Verhaltensbiologie drehte sich der September um eines: die Bachelorarbeit. Dafür forschten sie aber nicht im Labor, sondern am Affenberg in der Gesellschaft von rund 160 Japanmakaken. Lena Pflüger, Uni Wien-Biologin und Leiterin der Einrichtung, stand ihnen dabei zur Seite.

Am Affenberg in Landskron sind in einem vier Hektar großen Freilandgehege rund 160 Japanmakaken beheimatet. Drei Studierende der Verhaltensbiologie – Sabine Ruthner, David Uhl und Cornelia Amon – verbringen drei Wochen mit den Tieren, um im Rahmen eines Projektpraktikums unter der Leitung von Lena Pflüger ihre Bachelorarbeit zu schreiben.


Die BA-Studierenden Cornelia Amon, Sabine Ruthner, David Uhl (von li. nach re.) sind bereit für ihre Forschung am Affenberg.

Erste Herausforderung: die Affen auseinander halten zu können. Damit das gelingt, stellt Lehrveranstaltungsleiterin Lena Pflüger die Affen mit ihren unterschiedlichen Altersklassen und Geschlechtern vor. Im Laufe der Zeit lernen die Studierenden, die Tiere auseinander zu halten. "Alle drei StudentInnen zeigen sich diesbezüglich sehr talentiert", bemerkt Lena Pflüger. Und sie muss es wissen: Als wissenschaftliche Leiterin des Affenberg Landskron führt sie regelmäßig BesucherInnen durch das Areal.

Am nächsten Tag werden die Studierenden von Michael Huffman vom Primate Research Institut (PRI) der Universität Kyoto am Affenberg willkommen geheißen. Zwischen der Universität Wien am Affenberg und dem PRI der Kyoto Universität besteht ein reger wissenschaftlicher Austausch und eine enge Zusammenarbeit. Michael Huffman ist ein international anerkannter Wissenschafter auf dem Gebiet der Primatologie. Bereits seit den 70er-Jahren führt er Langzeit-Studien an verschiedenen freilebenden Gruppen von Japanmakaken durch. Seine Forschung brachte Pionierfunde hervor, die mehrfach publiziert wurden und ihn zu einem weltweit angesehenen Japanmakaken-Experten machten. Zukünftige Forschungsvorhaben am Affenberg, Huffmans Studien und seine langjährigen Erfahrungen im Bereich der Freilandforschung sind auch immer wieder Thema der Diskussionen mit den Studierenden.


Michael Huffmann, Lena Pflüger, Cornelia Amon, David Uhl, Sabine Ruthner (von li. nach re.)

Nach einer Einführung über die Theorie der Verhaltensbeobachtung (wie definiert man Variablen, welche Methoden zum Datenerheben gibt es etc.) und nach zwei Übungstagen, um die Variablen und die Durchführung der Protokolle im Feld zu festigen, finden die Studierenden ihre Themen: Stone handling, Händigkeit, Steigerung von Aggression und paarungsrelevantes Verhalten über den Beobachtungszeitraum hinweg (Beginn der Paarungszeit).


Das "Stone-handling" (Rollen, Spielen, Tragen und das Aufeinanderreihen von Steinen) wurde bisher nicht in der Makaken-Gruppe vom Affenberg beobachtet. Das soll sich nun ändern. Den Affen werden auffällige Haufen an unterschiedlichen Steinen präsentiert: weißer-runder-glatter Marmor und eine Kalkstein-Quarz-Mischung mit Schwefeleinlagerungen aus dem nahegelegenen Steinbruch sowie die gewöhnlichen Steine aus dem Affen-Gehege.

Die drei Haufen werden an drei verschiedenen Stellen im Gehege platziert und die Studierenden beobachten, wie die Tiere mit den Steinen umgehen. Die Steine wurden zuvor mit verschiedenen Farbpunkten markiert, um nachher messen zu können, wie weit die Tiere die Steine von dem jeweiligen Spot wegtragen. Die Daten werden nun nach Altersklasse der Tiere (welche Altersklasse ist am aktivsten) und Stein-Präferenzen (welche Steine werden bevorzugt ausgewählt) ausgewertet.

Als zweites wird die Händigkeit der Tiere untersucht: Die Studierenden legen eine "Weizenstraße" im Gehege aus und beobachten, ob die Affen beim Aufpicken der Körner bevorzugt die rechte oder die linke Hand verwenden. Es wird davon ausgegangen, dass Jungtiere unter drei Jahren im Vergleich zu erwachsenen Tieren noch keine klare Handpräferenz zeigen. Was die Studierenden herausgefunden haben: In der Japanmakaken-Gruppe am Affenberg gibt es eindeutige Links- und Rechtshänder.

Japanmakaken haben eine zeitlich limitierte Paarungszeit über die Herbst- und Wintermonate. Der Beginn der Paarungszeit zeichnet sich durch das Annähern von Männchen und Weibchen sowie durch gesteigerte Aggression (bedingt durch den Anstieg der Sexualhormone und Konkurrenz bei der Partnerwahl) aus. Dreimal täglich (immer zu den gleichen Uhrzeiten) haben die StudentInnen Interaktionen in der Gruppe an drei verschiedenen Spots gescannt und "paarungszeitrelevante" Variablen protokolliert. Ziel der Studie ist es, die Steigerung der Häufigkeit bestimmter Verhaltensparameter (Aggression, Annäherung, Paarung) über den Beobachtungszeitraum von drei Wochen darzustellen.

Jeden Abend nach der Feldarbeit werden die im Feld erhobenen Daten digitalisiert (in Excel eingetragen) und die Fortschritte bzw. Probleme diskutiert sowie Optimierungsmöglichkeiten für den nächsten Tag besprochen. Dies wird entweder direkt im Feldbüro (installiert im Gehege "unter Aufsicht" der Affen) durchgeführt oder am Abend in der StudentInnenwohnung.

An einem Abend ist die Praktikumsgruppe gemeinsam im Labor vor Ort am Affenberg, das direkt neben der Studentenwohnung gelegen ist. Die Studierenden haben hier gelernt, DNA aus Kotproben zu isolieren. Die Verhaltensgenetik ist ein Schwerpunkt der Forschungsarbeit der Universität Wien am Affenberg in Kooperation mit der VetCore Facility der Vetmed Uni Wien.

Und nun? Nach drei Wochen Projektpraktikum, zahlreichen Einblicken in die Praxis und Kontakt mit den Japanmakaken am Affenberg geht es für David Uhl, Sabine Ruthner, Cornelia Amon ans Schreiben ihrer Bachelorarbeit. (Alle Fotos: Lena Pflüger)