SOLIdee: Hilfe für geflüchtete Menschen

"Viele Schultern tragen leichter als eine": Engagierte Lehrende und Studierende des Instituts für Bildungswissenschaft haben die Initiative BIWI-SOLIdee ins Leben gerufen und vernetzen Projekte für geflüchtete Menschen. Ihr Konzept: kurzfristige Hilfe leisten, nachhaltige Lösungen schaffen.

Nachtdienste in Erstaufnahmezentren leisten, ankommende Menschen an der Grenze in Empfang nehmen oder Kleiderspenden an Geflüchtete ausgeben: Seit Sommer engagieren sich viele Personen, um Flüchtenden in Österreich zu helfen. Das kann emotional aufwühlend und im Alltag belastend sein, wissen nicht nur Matthias Huber und Gertraud Kremsner, die gemeinsam mit anderen Lehrenden des Instituts für Bildungswissenschaft der Universität Wien trotz ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit, mit großem Interesse und Engagement für geflüchtete Menschen in Österreich einsetzen. Daher haben sie sich mit weiteren Lehrenden und Studierenden der Bidlungswissenschaft zusammengetan und gemeinsam die Initiative (BIWI-)SOLIdee ins Leben gerufen.

In diesem Rahmen tauschen sie sich über persönliche Erfahrungen aus, koordinieren kurzfristige Hilfsleistungen und gestalten nachhaltige Lösungsansätze für ein gemeinsames Zusammenleben fernab ideologischer Grenzziehungen: "Als Forschende, Lehrende und Lernende sehen wir es als unseren Auftrag an, unser Fachwissen und unsere Expertise gezielt dafür einzusetzen, um Räume zu öffnen, in denen wir über alternative Ideen nachdenken können", so die GründerInnen der Initiative.  

Was bisher geschah…

Die UnterstützerInnen von (BIWI-)SOLIdee sammeln und verteilen Sachspenden, koordinieren ein Kleiderlager im 13. Bezirk und organisieren Spendentransporte sowie freiwillige Grenz- und Betreuungsdienste in Nickelsdorf und Traiskirchen. "Es gibt viele Menschen, die sich engagieren wollen. Wenn wir uns zusammentun, müssen wir das Rad nicht jedes Mal neu erfinden", sagt Matthias Huber bei einem Vernetzungstreffen am Institut für Bildungswissenschaft. Und die Idee findet Anklang: Viele Lehrende und Studierende sind zu der Veranstaltung gekommen, zum Teil mit Fragen im Gepäck, Interesse zur Mitarbeit oder einem eigenen Projekt, um Hilfe zu leisten, wo sie aktuell dringend benötigt wird.

Gesellschaftspolitische Verantwortung einfordern

"Viele von uns waren selbst in Nickelsdorf und haben es gesehen: die Hilfe kommt aus der Zivilgesellschaft. Das kann aber keine dauerhafte Lösung sein, es braucht eine gesellschaftspolitische Auseinandersetzung mit dem, was hier gerade los ist. Wenn das nicht passiert, muss man es halt einfordern", so Gertraud Kremsner, Mitglied von SOLIdee. Gemeinsam mit anderen engagierten Angehörigen des Instituts für Bildungswissenschaft und MitarbeiterInnen weiterer Universitäten in Wien wurde daher im Namen der österreichischen Forschungsgemeinschaft ein offener Brief verfasst, der nun auch medial Verbreitung findet. Mittlerweile gibt es rund 700 WissenschafterInnen, die mit ihrer Unterschrift die Anliegen von SOLIdee unterstützen.

Ein offener Brief an die österreichische Zivilgesellschaft
SOLIdee verfasste einen offenen Brief an die österreichische Zivilgesellschaft, der ausdrückt, welche Verantwortung den Menschen in Europa in Zeiten schwerer sozialer Krisen zukommt und wie man mit diesen Herausforderungen zukünftig umgehen muss. Bis zum 15. Dezember kann der Brief hier unterschrieben werden. Damit werden nicht nur die Ziele von SOLIdee, sondern insbesondere diejenigen Menschen unterstützt, die in diesem Land aufgrund von Verfolgung, Mord und Schlimmeren Schutz suchen.

 
Die Universität als Ort von Wissen und Ressourcen

"Die Universität verfügt über so viele Ressourcen, so viel Wissen und kann gesellschaftspolitisch etwas bewegen, zum Beispiel mit fundierten Vorträgen zum Thema Asyl, damit keine Feindbilder geschürt werden können", erklärt Gertraud Kremsner. SOLIdee ist mittlerweile nicht mehr nur das Institut für Bildungswissenschaft; auch Angehörige des Instituts für Internationale Entwicklung und des Zentrums für LehrerInnenbildung unterstützen die Initiative mit Ihrer Expertise.

Michelle Proyer, ebenfalls Mitglied von SOLIdee, versucht, das freiwillige Engagement auch in die Lehre zu integrieren. Es gibt aktuell viele Lehrveranstaltungen, die dem Thema Asyl und Flucht gewidmet sind, und für Studierende des Instituts für Bildungswissenschaft ist es schon jetzt möglich, ihre Mitarbeit bei SOLIdee als Wissenschaftspraktikum anrechnen zu lassen. "Institutsvorstand Gottfried Biewer hat die Initiative von Anfang an unterstützt und mit uns zusammengearbeitet, das ist nicht selbstverständlich", so Michelle Proyer.

Was noch geschehen soll…

Auch in Zukunft wird SOLIdee weiterhin aktiv bleiben. Die Gruppe an Lehrenden und Studierenden plant unter anderem ein Buddy-Projekt "auf Basis geteilter Leidenschaften", um einen Kontakt zwischen geflüchteten Menschen und Personen, die bereits länger in Wien sind, herzustellen. Darüber hinaus wollen sie Geschichten sammeln: die Geschichten von Menschen, die seit Monaten oder Jahren auf der Flucht sind, aber auch von Menschen, die mit helfenden Händen an der Grenze stehen, um Flüchtende wohlwollend in Empfang zu nehmen.
 
Wer mitmachen möchte

"Viele Schultern tragen leichter als eine: Je mehr Menschen sich einbringen, umso nachhaltiger und schaffbarer wird's für uns alle", so heißt es auf der SOLIdee-Website. Interessierte, die sich engagieren möchten, sind herzlich eingeladen, zu einem der nächsten Vernetzungstreffen zu kommen oder sich per E-Mail direkt an die Verantwortlichen zu wenden:

SOLIdee Vernetzungstreffen
Dienstag, 15.12.2015 um 17 Uhr
Dienstag, 26.1.2016 um 17 Uhr
Seminarraum der Internationalen Entwicklung am Institut für Afrikawissenschaften
Spitalgasse 2, Hof 5, 1090 Wien