In memoriam John Dittami (1949-2014)

Der Verhaltensforscher John Dittami, Professor an der Fakultät für Lebenswissenschaften der Universität Wien, ist am Mittwoch, 27. August 2014, im Alter von 65 Jahren verstorben. Nachrufe von Freunden und Kollegen.

Ein Raunen der Begeisterung ging 1988 durch die Studentenschaft, als der frisch berufene junge Professor seine erste Vorlesung "Einführung in die Ethologie" im Hörsaal 1 des Instituts für Zoologie hielt. John war unkonventionell, erfrischend und verstand seine Hörerschaft zu fesseln, indem er neurophysiologische Korrelate mit Verhaltensmustern in Verbindung brachte und so die Bedeutung und Funktionalität sozialer Verbände neu definierte. Sein unermüdlicher Elan gepaart mit einer nie versiegen wollenden Quelle an wissenschaftlichem Ideenreichtum und wohl begründeten Hypothesen waren sein Merkmal. John Dittami verstand es, die Theorien der Soziobiologie mit endokrinologischen bzw. physiologischen Grundlagen zu untermauern. Sein Verdienst war es, verhaltensendokrinologische Methoden an der Fakultät zu etablieren, deren Weiterentwicklung er erfolgreich vorantrieb. In der internationalen wissenschaftlichen Community ist die Aktualität des von ihm getragenen Forschungsansatzes der nicht-invasiven Hormonbestimmung bei Wild- und Zootieren eine nach wie vor state of the art Herangehensweise. Durch seine Vitalität gelang es ihm, das völlig neue, damals noch kaum entwickelte Forschungsfeld der Verhaltensendokrinologie an der Universität Wien zu etablieren.

Alles begann in den späten 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, als den Amerikaner in Europa seine Wege nach Grünau in das Almtal zu Konrad Lorenz führten. Die Diskussionen über physiologische Stoffwechselvorgänge bei Vögeln faszinierten Lorenz so sehr, dass er von diesem Zeitpunkt an die wegbestimmende Kraft für Johns Karriere wurde. Die physiologischen Prozesse bei Vögeln waren wohl auch die wissenschaftliche Konstante in Johns Leben. Darüber hinaus forschte er erfolgreich an neuro-physiologischen Paarbindungsprozessen bei polygynen Nagern, über saisonal bedingte reproduktionsphysiologische Phänomene, war an der hormonellen Steuerung sexuell attraktiver Merkmale und deren morphologischen Ausprägungsmustern bis hin zur physiologischen Bedeutung des menschlichen Schlafes interessiert – sein letztes großes Forschungsfeld. All diese Aktivitäten bestimmten signifikant seine universitäre Lehre, die wohl am besten mit "forschungsgeleitet" bezeichnet werden kann. In einem der letzten Gespräche mit ihm über das Wesen der menschlichen Emotionalität, deren Bedeutung und Einmaligkeit im Tierreich ihn interessierte, bezeichnete er diese im evolutionärbiologischen Kontext als ein Produkt einer runaway selection.

Mit John Dittami verlor die Fakultät für Lebenswissenschaften ein sparkling mind, dessen intellektuelle Flexibilität und Innovation begeisterte.

Wir verlieren einen Wegbegleiter und Wegbereiter, Vorbild aber wird John bleiben. 

Bernard Wallner für die Fakultät für Lebenswissenschaften

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Trauerfeier:
Die Trauerfeier findet am Samstag, 13. September um 13.45 Uhr in der Peterskirche in Wien statt.
Einladung zur Trauerfeier (PDF)